Partei der Altnazis
Warum die NPD-Gründung vor 60 Jahren nicht zum Erfolg führte
Am 28. November 1964 konstituierte sich in Hannover die neofaschistische NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands).
Die Zulassung dieser Parteigründung war ein eklatanter Bruch der im Grundgesetz verankerten Bestimmungen des Potsdamer Abkommens der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs: Diese verbieten eine Wiedergründung der Hitlerpartei NSDAP oder einer Nachfolgeorganisation.
Auf dem Höhepunkt des wirtschaftlichen Wiederaufstiegs des deutschen Imperialismus gediehen jedoch in den 60er Jahren dessen machtpolitische Ambitionen und seine Aggressivität. So hatte sich auch die SPD-Führung der revanchistischen und antikommunistischen Politik der ultrareaktionären Adenauer-CDU angepasst: Der einen Tag vor der NPD-Gründung beendete Karlsruher SPD-Parteitag tagte vor einer riesigen Karte des Deutschen Reiches von 1937 unter dem Motto „Erbe und Auftrag“. Eine vom späteren Bundeskanzler Helmut Schmidt begründete Entschließung „Zur Lage in der Bundeswehr“ forderte die Stärkung der Truppe und erhöhte Kommandogewalt der Bundeswehrgenerale.
Noch offener und aggressiver rief der NPD-Gründungsaufruf nach Beendigung der „Vergangenheitsbewältigung“ und der angeblichen „Lüge von der Alleinschuld“ Deutschlands am Weltkrieg. Die Pflege soldatischer Traditionen und die Wiedergewinnung der als Kriegsfolge verlorenen ehemaligen deutschen Gebiete wurden propagiert. Die NPD war sichtbar eine Partei der Altnazis: Der Mitgründer und spätere zeitweilige Vorsitzende Adolf von Thadden (1921-1996) entstammte einer pommerschen Großgrundbesitzerfamilie, der am Tag des Überfalls auf Polen, dem Weltkriegsbeginn, in die NSDAP eingetreten war. Dreist verbreitete er die faschistische Lüge, die Sowjetunion und Stalin hätten diesen Krieg gewollt, „Hitler hingegen glaubte, ... den Ausbruch eines Weltkrieges vermeiden zu können“. 1
Mit ihrem Antikommunismus und ihrem kriegstreiberischem Revanchismus segelte die NPD zwar im Wind der herrschenden Klasse, doch aus zwei Gründen ging ihre Rechnung nicht auf:
- Ausgehend von den USA hatte Anfang der 1960er Jahre ein Taktikwechsel im imperialistischen Machtkampf begonnen: Die Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion sollte durch wirtschaftliche Durchdringung und ideologische Unterminierung ausgenutzt und verstärkt werden. Bei anhaltender militärischer Aufrüstung sollte der neu entstandene sozialimperialistische Konkurrent statt durch direkte kriegerische Konfrontation durch eine „Entspannungspolitik“ zersetzt und besiegt werden. 2 Gegen anfängliche Widerstände setzte sich diese Politik auch in der BRD durch und führte zur sogenannten „neuen Ostpolitik“, die maßgeblich von der SPD-Führung umgesetzt wurde. Für die neofaschistische NPD hatte der deutsche Imperialismus in dieser Zeit daher keinen akuten Bedarf.
- Vor allem entstand ein breiter antifaschistischer Widerstand, als die NPD 1967 versuchte, die erstmalige wirtschaftliche Rezession für sich auszunutzen. Gegen die Notstandgesetzgebung, mit der die Herrschenden im Falle „innerer Unruhen“ den Bundeswehreinsatz gegen kämpfende Arbeiter und Zwangsverpflichtungen zur Arbeit legalisierten, gab es Proteste und Demonstrationen hunderttausender Gewerkschafter. Diese Bewegung richtete sich auch gegen die NPD. Ihr Auftreten wurde oft aktiv verhindert, indem ihre Veranstaltungen unterbunden, Versammlungsorte besetzt und antifaschistische Kundgebungen organisiert wurden. Zugleich stand die antikapitalistische 68er-Jugend- und Studentenbewegung in scharfem Widerspruch zu den Neofaschisten. Als ein NPD-Anhänger im April 1968 in Berlin ein Attentat auf den Studentenführer Rudi Dutschke verübte, entflammte auch der antifaschistische Widerstand.
Zwar gelangte die NPD zunächst in mehrere Landtage, bei der Bundestagswahl 1969 scheiterte sie jedoch mit 4,3 Prozent. Bis zur deutschen Wiedervereinigung verlor sie kontinuierlich an Mitgliedern, Einfluss und Bedeutung. Erstmals nach 1968 gelang ihr 2004 in Sachsen wieder der Einzug in ein Landesparlament.
2022 analysierte die MLPD die „Renaissance faschistischer Ideologen auf neuer Grundlage“3. Sie ist Ausdruck einer internationalen Rechtsentwicklung und Kriegsvorbereitung, die von allen imperialistischen Mächten massiv gefördert wird. In Deutschland bot die diskreditierte NPD für die Herrschenden dafür jedoch nicht die gewünschte Organisation, mit der AfD bildete sich ein geeigneteres Instrument heraus. Deren „geschicktere und pseudodemokratische Neuausrichtung einer sozialfaschistischen Demagogie“4 trat an Stelle der NPD. Nach ihrer Umbennung in „Die Heimat“ wirkt sie daher heute mit verbliebenen 2 800 Mitgliedern weitgehend im Dunstkreis der AfD und stellt ein Potential zur Ausübung faschistischer Terrorakte dar.