Grünen-Parteitag
Kanzlerkandidat Habeck und der Kampf um die Denkweise
Am Wochenende ist der dreitägige Parteitag der Partei Die Grünen in Wiesbaden zu Ende gegangen. Er hat mit Franziska Brantner und Felix Banaszak ein neues Führungsduo gewählt. Außerdem stimmte der Parteitag für Robert Habeck und Annalena Baerbock als „Spitzenduo“ für den Grünen-Wahlkampf und mit 96,5 Prozent für Robert Habeck als „Kanzlerkandidat“. Die Grünen haben als Monopolpartei durch ihre Politik in der Ampel, aber auch durch die massive rechte Hetzkampagne von der CSU bis hin zur faschistischen AfD massiv an Zustimmung verloren.
Wer damit gerechnet hatte, dass auf dem Parteitag jetzt eine gründliche, kritisch-selbstkritische Aufarbeitung der Regierungsarbeit stattfindet, sah sich getäuscht. Denn schließlich hatte sich ja innerhalb der Mitgliedschaft und vor allem innerhalb der Grünen Jugend erheblicher Frust und Kritik angesammelt.
Im Fokus steht dabei vor allem die Bereitschaft der Grünen-Führung, in der Regierung Ziele zum Schutz der Umwelt aufgegeben zu haben und die Zustimmung desselben zu einer reaktionären Flüchtlings- und Kriegspolitik.
Vor dem Parteitag protestierten verschiedene Organisationen wie Sea Eye, Pro Asyl und der Flüchtlingsrat vor allem gegen die Zustimmung der Grünen zu dem „Gemeinsamen europäischen Asylsystem“ (GEAS). Eine Vertreterin des Flüchtlingsrates dazu: „Ich bin entsetzt, schlimmer hätte es von der Opposition nicht kommen können“.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse des Parteitags der Grünen?
Zunächst dokumentiert der Parteitag eine weitere Rechtsentwicklung der Partei in zentralen Fragen:
- In dem vom Vorstand eingebrachten und verabschiedeten Antrag „Verantwortung in dieser Zeit“ fordert er „mehr und ein umfangreiches deutsches Engagement zur Verbesserung der ukrainischen Verteidigungsfähigkeit“. „Entschlossenere Hilfe“ heißt für Robert Habeck die Lieferung von weitreichenden Taurus-Raketen an die Ukraine. Das ist ungeheuerlich! Die Lieferung von Taurus-Raketen mit einer Reichweite bis Moskau würde nicht nur den konkreten Kriegsverlauf in der Ukraine verschärfen, sondern auch die Weltkriegsvorbereitung.
- Mit der Verabschiedung des „Gemeinsamen europäischen Asylsystem“ hat das Europaparlament faktisch das individuelle Recht auf Asyl abgeschafft. Die Zustimmung der Partei Die Grünen war vom Vorstand gegen den Widerstand an der Basis auf dem letzten Parteitag nur mit knapper Mehrheit durchgesetzt worden. Der auf dem Parteitag am Wochenende verabschiedete Antrag zur Asylpolitik ist ein missglückter Versuch, verschiedene Positionen auf einen Nenner zu bringen. So heißt es im Text: „Abschottung löst keine Probleme“. Gleichzeit wird auf eine schnelle Umsetzung der EU-Asylreform gedrängt, die genau diese Abschottung zur Folge hat. Das wird damit begründet, dass man damit einer Verschärfung des GEAS im Europaparlament zuvorkommen wolle. Man könnte sich natürlich auch gegen den ganzen Kurs der Rechtsentwicklung stellen, aber das wäre dann kein Grünen-Parteitag mehr.
- Der Parteitag bestätigte auch das vollständige Versagen der Grünen im Kampf gegen die begonnene globale Umweltkatastrophe und die existenzbedrohenden Folgen für die Menschheit. Im Kampf dagegen schlägt die MLPD ein Kampfprogramm für Sofort- und Schutzmaßnahmen vor. Im Gegensatz dazu kündigt Habeck an: „Wir kämpfen dafür, dass Klimaschutz nicht rückabgewickelt wird.“ Erstens ist das völlig unzureichend. Und zweitens hatte die Ampel selbst schon Maßnahmen "rückabgewickelt", wie beim Heizungsgesetz.
Der Parteitag stand aber auch für den Versuch, die kleinbürgerliche Denkweise der Grünen für die Wahl aufzupolieren
Das spiegelte sich zum einen in verschiedenen verabschiedeten Anträge wider: dem 130-km-Tempolimit auf Autobahnen, der Forderung nach einem Mindestlohn von 15 Euro und für eine Erweiterung des Mietpreisdeckels, der Forderung nach einer Vermögenssteuer nach einer Liberalisierung des § 218, die Forderung nach einer Auszahlung des Klimagelds und eine Unterstützung des AfD-Verbots.
Scheinbar selbstkritisch gibt er zu, dass er in den drei Jahren an Vertrauen verloren hat, in der Regierung seiner Partei „viel zugemutet habe“, schränkt aber sofort wieder ein, „aber die Entscheidungen waren zu der Zeit richtig.“ Zeitenwende und Hochrüstung - richtig? Im Wohnungsbau versagt - richtig? Das ist doch Heuchelei! Mit dem „Team Robert“, also dem Teamwork-Gedanken, und dem Angebot, mit ihm am Küchentisch reden zu können, hat er es anscheinend teils geschafft, Menschen zu begeistern. Auch das ist Bestandteil des Kampfs um die Denkweise der Massen durch die Grünen.
Die neue Parteivorsitzende, Franziska Brantner hat gegen die alten "Dinosaurier" der CDU polemisiert. Dabei hat sie als Frauenpolitische Sprecherin der Grünen so gut wie keine Spuren in der Frauenbewegung hinterlassen. Mit dem Parteivorsitzenden Felix Banaszak kommt sogar so etwas wie ein Hauch von Arbeiterflair auf den Parteitag. Er sprach von seinem Opa, der auf der Kokerei in Duisburg gearbeitet hat, und von der Mahnwache der Thyssenkrupp-Stahlarbeiter, die um ihre Arbeitsplätze kämpfen. Aber was hat denn z.B. die NRW-Landesregierung für die Thyssen-Arbeiter getan? Immerhin sitzen die Grünen da ja mit drin.
Die Aufgabe der Verbreitung der kleinbürgerlichen Denkweise ist es, die weitere Rechtsentwicklung der Grünen als Monopolpartei zu verwischen. Aus Angst, von den Wählern abgestraft zu werden, wurden die an der Basis schwelenden Widersprüche unter den Tisch gekehrt, notdürftig verkleistert und sich um den in der Ampel gescheiterten ehemaligen Vizekanzler Robert Habeck geschart. Die Widersprüche werden spätestens wieder und damit umso heftiger aufbrechen, wenn Habeck die Monopolpartei Die Grünen in eine reaktionäre Koalition mit der CDU/CSU führt. Wenn auch nicht Kanzler, aber Vizekanzler kann er dann werden.