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Regierungskrise und massive Proteste nach Gallant-Rauswurf

Während die Welt gebannt auf die US-Wahl und das Ende der Ampel-Regierung in Deutschland schaut, verschärft sich auch in Israel eine Regierungskrise und erhöht sich der Druck auf Netanjahu.

Von gis
Regierungskrise und massive Proteste nach Gallant-Rauswurf
Massenprotest in Tel Aviv im März dieses Jahres (foto: Amir Terkel (עמיר טרקל) (CC BY-SA 3.0))

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat am Dienstag seinen Kriegsminister Yoav Gallant entlassen, in den er kein Vertrauen mehr habe. Nachfolger wird der bisherige Außenminister Israel Katz, der wiederum durch Gideon Sa’ar ersetzt wird. Gallant habe Entscheidungen getroffen und Erklärungen abgegeben, die den Entscheidungen des Kabinetts widersprochen hätten, so Netanjahu. Er wollte Gallant bereits im April 2023 entlassen, weil dieser offen Kritik an der sogenannten Justizreform geäußert hatte. Nach Massenprotesten machte Netanjahu damals die Entlassung wieder rückgängig.

 

Auch jetzt kam es sofort zu Protesten gegen Netanjahu und gegen die Entlassung von Gallant. Er hatte Netanjahu auch deswegen kritisiert, weil dieser ein Abkommen mit der Hamas zur Freilassung der Geiseln torpediert hatte. Dafür gibt es immer mehr Belege und die Angehörigen sind zu Recht absolut empört. Der faschistische Polizeiminister Ben-Gvir begrüßt Gallants Entlassung.

 

Gallant ist wie Netanjahu ultrareaktionär und Kriegsverbrecher. Von ihm stammt die Gleichsetzung der Bevölkerung in Gaza mit Tieren, die man gnadenlos vernichten dürfe: „Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und wir handeln entsprechend.“ Gallant warf Netanjahu allerdings wiederholt eine unklare Strategie vor und wandte sich gegen Illusionen eines "totalen Siegs" Israels. Er hatte in diversen Fragen andere Ansichten als Netanjahu, der ihn nicht ausstehen kann. Gallant wandte sich gegen eine große militärische Offensive im Libanon, war anderer Meinung bezüglich der Rafah-Offensive und trat für ein Geiselabkommen mit der Hamas ein.

 

Ein Grund für den Gallant-Rauswurf ist, dass Netanjahu auf Teufel komm raus die Freistellung ultraorthodoxer Männer vom Wehrdienst durchsetzen will. Diese sollte nach einem Gerichtsentscheid im Sommer beendet werden, wofür Gallant sich stark machte. Der Regierungschef habe "sich für die Drückeberger und nicht für die Wehrdienstleistenden entschieden", sagte der ehemalige Ministerpräsident Yair Lapid. Tatsächlich würden die ultrafaschistischen Minister in Netanjahus Kabinett ihm die weitere Gefolgschaft verweigern, wenn die Ultraorthodoxen zum Militär müssen.

 

Unterdessen gab es unbestätigte Gerüchte, wonach Netanjahu offenbar auch die Chefs der Armee (IDF), Herzi Halevi, und des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Ronen Bar, entlassen will. Es werde erwartet, dass der neue Kriegsminister Israel Katz das Amt - vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments - in den nächsten 48 Stunden übernehmen werde.

 

Zehntausende protestierten am Dienstagabend in Israel landesweit gegen die Entlassung von Verteidigungsminister Yoav Gallant durch Regierungschef Netanjahu. Neben Großdemonstrationen in Tel Aviv und Jerusalem wurden Proteste in Haifa, Netanya und Beersheba sowie an Kreuzungen im ganzen Land gemeldet. Landesweit wurden verhängte Beschränkungen für Demonstrationen ignoriert. Hauptforderung aktuell ist ein Geisel-Abkommen. Die Demonstranten riefen auch zu einem "zivilen Streik" auf.