13. Frauenpolitischer Ratschlag

13. Frauenpolitischer Ratschlag

Kämpferische Frauenbewegung stärkt sich als zukunftsweisende verbindende Kraft

Nach drei erfüllten Tagen ging am gestrigen Sonntag der 13. Frauenpolitische Ratschlag mit der Rechenschaftslegung des bis gestern amtierenden und der Wahl des neuen Kämpferischen Frauenrats zu Ende. Mit Fug und Recht kann man sagen: Der Ratschlag war zukunftsweisend!

Von gis
Kämpferische Frauenbewegung stärkt sich als zukunftsweisende verbindende Kraft
Plenum des 13. Frauenpolitischen Ratschlags (rf-foto)

Zukunftsweisend war der Ratschlag mit der Beteiligung von mehr als 700 starken Frauen aus mehr als 20 Ländern von Afghanistan bis Mexiko. Eine Teilnehmerin, Gewerkschafterin aus den Niederlanden, in einem Statement gegenüber Rote Fahne News: "Ich bin sehr begeistert und stolz, hier gewesen zu sein. Ich nehme viele Ideen und Initiativen mit nach Hause. Auch dafür, wie wir die Zusammenarbeit stärken können."

 

Zukunftsweisend war die Diskussions-, Demonstrations und Alltagskultur des Ratschlags. Viele machten sich Gedanken, wie dies in die ganze kämpferische Frauenbewegung und ihre Bündnisarbeit ausstrahlen muss. "Verschiedene Meinungen wurden respektiert, aber man wollte auch unbedingt einen großen Schritt vorwärts kommen in der Zusammenarbeit und dass wir uns noch mehr einig werden" - so eine junge Teilnehmerin.

 

Zukunftsweisend waren die praktische Solidarität und die Verpflichtung, über alle Länder- und andere Grenzen hinweg den gemeinsamen Kampf gegen Faschismus, imperialistischen Krieg und die besondere Unterdrückung der Frauen zu führen. "Wenn in der Zeit zwischen diesen Konferenzen wie dem Ratschlag der gemeinsame Kampf und das praktische Handeln vorankommen, dann beweisen diese Konferenzen erst wirklich ihre Bedeutung", so Lilian aus Uganda und jetzt dem Saarland. Und eine andere Teilnehmerin aus dem Saarland: "Mir geht das Herz auf, wenn ich höre, wie so viele Frauen in so vielen Ländern sich gegen Faschismus engagieren."

 

Zukunftsweisend beteiligten sich Industriearbeiterinnen und Gewerkschafterinnen. Sie brachten zum Ausdruck, dass die Arbeiterklasse in allen Kämpfen für die Zukunft der Menschheit das Rückgrat sein muss. Besonders bedeutsam sind ihre Erfahrungen, wie AfD-beeinflusste Kollegen sich ändern können. Zukunftsweisend war das Ringen um Klarheit, Durchblick und Perspektive in dem Gewoge der Kämpfe - politisch und weltanschaulich.

Der Spendentisch
Der Spendentisch "Gaza soll leben" auf dem 13. Frauenpolitischen Ratschlag - hier mit den Initiatorinnen der Gelsenkirchener Courage-Gruppe (rf-foto)

Stimme einer palästinensischen Teilnehmerin

Es war ganz wichtig, dass Frauen aus Palästina an der Konferenz teilnahmen, um darüber zu informieren, was dort gerade passiert und damit das nicht in Vergessenheit gerät. Hier können wir frei und gleichberechtigt sprechen, ohne Repressionen befürchten zu müssen. Wir müssen in der internationalen Frauenbewegung eng zusammenarbeiten, um die notwendige Soforthilfe für die Menschen in Gaza zu organisieren, von denen die meisten keine Wohnungen mehr haben und nicht mehr wissen, wie sie sich ernähren sollen.

"Streitbar, antifaschistisch, bündnisfähig"

Die Diskussion mit neun Frauen auf dem Podium und zahlreichen Teilnehmerinnen in einem brechend vollen Hörsaal knüpfte an die Erfurter Erklärung an, die der letzte Frauenpolitische Ratschlag am 3. November 2019 weitsichtig auf den Weg brachte. 2019 konnte man erst erahnen, wie stark die faschistische Gefahr in Deutschland und weltweit anwachsen würde. Die Erklärung mit dem Titel „Es ist der kleinste, aber dringend notwendige gemeinsame Nenner“ setzte ein Signal gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen weltweit, gegen ultrareaktionäre, rassistische und faschistische Kräfte. Ein Signal zur dringend notwendigen antifaschistischen Zusammenarbeit über Parteigrenzen und politische Meinungsverschiedenheiten hinweg!

 

Die Frauen auf dem Podium positionieren sich dazu, welchen Einfluss die Erfurter Erklärung genommen hat und vor welchen Herausforderungen die antifaschistische Aktionseinheit heute steht.

 

  • Natalie Onur, Europakoordinatorin der Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen, berichtet über die antifaschistische Einheits- und Volksfrontpolitik, mit der in Frankreich das Stimmenergebnis der vorgezogenen Parlamentswahlen gedreht und Marine Le Pen in Schranken gewiesen wurde.
  • Die niederländische Gewerkschafterin Petra van Damm prangert die Politik des neuen ultrareaktionären niederländischen Ministerpräsidenten an. Unter seiner Regierung kommen Familien angesichts der hohen Mietpreise kaum mehr über die Runden. Und wer wird dafür verantwortlich gemacht? Natürlich Flüchtlinge und Migranten!
  • Die MLPD-Vorsitzende Gabi Fechtner arbeitet heraus, dass viele Aspekte der Erfurter Erklärung eine gesellschaftlich bedeutende Position erobert haben. Zum Beispiel wird heute wieder mehr der Begriff Faschismus verwendet und nicht verwaschen von Rechtspopulismus gesprochen. Anfang 2024 hat sich eine fünf Millionen Menschen umfassende antifaschistische Bewegung formiert. Elon Musk finanziert den faschistischen Wahlkampf von Trump und beruft sich auf faschistische Ideologen. Bei Tesla entlässt er Betriebsräte, die für die IG Metall kandidieren! Beim Wahlkampf der Internationalistischen Liste/MLPD in Thüringen war eine wichtige Erfahrung, dass die Denkweise der Menschen beweglich ist und man Leuten, die von der AfD beeinflusst sein, mit treffsicheren Argumenten begegnen muss.
  • Dies betonen auch Sabrina, VW-Arbeiterin aus Hannover, und Dilan, Vertreterin einer türkischen Organisation. Man darf keinen aufgeben, der von der AfD oder von türkischen Faschisten beeinflusst ist. Oft sind im Betrieb solche Kollegen mit vornedran in den Kämpfen um Arbeitsplätze und Lohnerhöhungen. Man muss genau unterscheiden, wer aktiv faschistisch hetzt und wer mit der Demagogie noch nicht fertig wird. Sie rufen auf: Kämpft um jeden Kollegen, um jede Kollegin!
  • Ruth Dahl von den SPD-Frauen und Yvonne Fegert von ver.di gehören zu den Initiatorinnen der antifaschistischen Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg. Ruth berichtet, dass sie Vorbehalte überwunden hat, die von der antikommunistischen Beeinflussung herrührten. Yvonne Fegert in einem engagierten Beitrag: "Ich bin eine Stammtischkämpferin. Man muss überall den Mund aufmachen, wo faschistische Sprüche laut werden. Schweigen bedeutet Zustimmung."
  • Anna Schmit vom Jugendverband REBELL führte aus, dass die Wahlergebnisse bei den Landtagswahlen in Thüringen einen Einschnitt in unserer Gesellschaft markieren. Jeder vierte junge Mann versteht sich selbst als rechts! Ohne die sozialen Medien wäre diese Entwicklung nicht möglich. Bei Tiktok kriegen User nach wenigen Minuten einen faschistischen Inhalt auf den Bildschirm gepostet.

 

Zwei Frauen - sie bewältigten etliche Höhenmeter durch den steilen Hörsaal - trugen tragbare Mikrophone zu den zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die in der Diskussion wichtige Aspekte vertieften. Selma aus Essen  berichtet von einem Streik in Ankara. 30.000 Arbeiterinnen und Arbeiter beteiligten sich. Die Frauen gewannen täglich an Selbstvertrauen. Und siehe da: Das Arbeiterbewusstsein siegte Stück um Stück über die Spaltung - am Ende tanzten faschistisch beeinflusste türkische Kollegen mit linken Kurdinnen! Verschiedene Beiträge betonten, dass die Entfaltung der Arbeiterkämpfe entscheidend ist, um auch den antifaschistischen Kampf siegreich führen zu können. Einer Teilnehmerin aus Dortmund ist es besonders wichtig, dass wir aus der Geschichte lernen, zusammen gegen Faschismus kämpfen, uns nicht spalten lassen und antikommunistische Vorbehalte überwinden. Man muss nicht für den Sozialismus sein, um sich gegen den Antikommunismus zu stellen! Monika Gärtner-Engel von der MLPD betont, dass man die Faschisten nicht nur politisch bekämpfen darf. Über ihre Weltanschauung nehmen sie subtil Einfluss. Und ihre Weltanschauung ist eine Weltanschauung des Egoismus und der Spaltung! Die kämpferische Frauenbewegung verkörpert das Gegenteil. Sie muss das überzeugend in Wort und Tat zum Ausdruck bringen und dafür auch noch einiges lernen.

Die Foren: Raum für gründliche Beschäftigung mit brennenden Fragen

Im Artikel über Tag 2 des Frauenpolitischen Ratschlags kamen schon einige der thematischen Foren zur Sprache. Am gestrigen Sonntag war noch einmal Raum für Berichte aus den reichhaltigen Foren. Deren Ergebnisse werden sukzessive auch auf der Webseite des Frauenpolitischen Ratschlags veröffentlicht. Etliche Foren haben Abschlussresolutionen und Forderungen zu ihrem Thema entwickelt. So forderten die Teilnehmerinnen des Forums "Frauen, Flucht, Freiheit - ein Traum?" von der Bundesregierung, dass diese keinen einzigen Schritt zur Anerkennung der Taliban unternimmt und von der Fifa, dass sie umgehend den afghanischen Frauenfußball anerkennt. Außerdem wenden sie sich entschieden gegen die Diffamierung der Palästinasolidarität als Antisemitismus. Die Teilnehmerinnen des Forums "Organize it! Gewerkschaftsfrauen im Aufwind!" verabschiedeten eine Resolution, in der es heißt: "Wir, Gewerkschaftsfrauen aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen, verpflichten uns, Eure Kämpfe zu unterstützen und bekannt zu machen. Von den Pionierinnen der gewerkschaftlichen Frauenarbeit können wir viel lernen, u.a. das: was heute noch eine Minderheitsposition ist, was wie eine Utopie erscheint, können wir uns erkämpfen! Deshalb, lasst uns mutig von unseren Klasseninteressen ausgehen, nicht abwarten und wir erlauben uns auch, weiterzudenken, als es das kapitalistische System vorsieht!" (Hier die komplette Erklärung). Das Forum zur Umwelt solidarisierte sich mit Greta Thunberg gegen die Diffamierung, die sie wegen ihrer klaren Haltung in der Palästina-Solidarität erfährt. Beifall brandete auf, als die Moderatorin des Forums "Ich bin queer" freudig erklärt: "Ich habe hier unwahrscheinlich viel Kraft bekommen. Es war das erste Mal in zwanzig Jahren, dass ich auf einer solchen Veranstaltung nicht von Frauen ausgegrenzt wurde."

Großes Gemeinschaftswerk dank selbstlosem Einsatz - und ein Highlight zum Schluss

Zur Kultur des Frauenpolitischen Ratschlags gehören nicht nur der antifaschistische Songcontest, der Chor-Workshop, die Bühnenbilder, das Kunsthandwerk. Sondern natürlich auch das Café Nordlicht mit überbordendem Kuchenbüffet, der reibungsvolle Ablauf, der gute Kontakt zu den Technikern der Uni und nicht zuletzt die unentbehrliche Arbeit der Übersetzerinnen und Übersetzer aus der Sprachenabteilung von Solidarität International.

 

Kurz vor Ende des Ratschlags konnte der Kämpferische Frauenrat bekanntgeben: Eine Frau aus Israel schickte auf Initiative von ver.di-Gewerkschafterinnen ein Grußwort an den 13. Frauenpolitischen Ratschlags. Es kommt etwas später als geplant, schrieb sie, denn sie musste mit ihrem eineinhalbjährigen Enkel mehrere Stunden in einem Schutzraum verbringen, weil ihre Wohngegend mal wieder unter Raketenbeschuss geriet. "Und ich weiß, dass gleichzeitig die palästinensischen Mütter und Großmütter mit ihren Kindern und Enkeln noch viel Schlimmeres durchmachen. Wir wollen beide das Gleiche: In Frieden miteinander leben, dass der Krieg aufhört und unsere Kinder und Enkel eine Zukunft haben."

 

 

 

Weiterhin höchst aktuell: Die Erfurter Erklärung

Kurzinterviews mit internationalen Aktivistinnen

Workshops zu vielfältigen Themen

Webseite des Frauenpolitischen Ratschlags