Wirtschaftspapier

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Herr Lindner, diese Kampfansage nehmen wir an!

Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat ein neues Papier über eine fantasierte „Wirtschaftswende“ auf den Tisch der Regierung gelegt. Es wird auch als „Scheidungspapier für die Ampel“ bezeichnet. Aber es muss vor allem als Kampfansage an die Arbeiterbewegung, die sozialen Bewegungen, die Friedensbewegung und die Umweltbewegung verstanden und entsprechend gemeinsam und offensiv beantwortet werden.

Von fh
Herr Lindner, diese Kampfansage nehmen wir an!
So gehen die Monopole und ihr Minister Lindner mit den Massen um

Der Inhalt des Papiers ist zusammengefasst der Folgende:

  1. Lindner fordert eine Streichung des Solidaritätszuschlags (Senkung 2025 um 2,5 Prozentpunkte auf 3 Prozent, 2027 auf null). Diese Abgabe wird nur von den Reichsten der Reichen bezahlt und erbringt dem Staat dieses Jahr nach Angaben des Kapitalisten-“Instituts der deutschen Wirtschaft“ etwa 12 Milliarden Euro. Außerdem will Lindner die Kapitalistensteuer "Körperschaftssteuer" in einem ersten Schritt von 15 Prozent auf 13 Prozent des Einkommens senken, in den nächsten Jahren auf noch niedrigere Sätze. Für dieses Jahr würden das Einnahmeverluste von weiteren 6,2 Milliarden Euro bedeuten. Diese etwa 18,2 Milliarden Euro will Lindner also mal eben den Konzernen und Superreichen schenken.
  2. Die Arbeiter sollen länger arbeiten, und zwar flexibel nach Bedarf der Kapitalisten. Tägliche Arbeitszeiten und die Lebensarbeitszeit sollen nicht mehr begrenzt werden und drastische Abstriche bei früherem Renteneintritt sollen dazu zwingen, im Alter wesentlich länger zu arbeiten.
  3. Die Bürgergeld-Empfänger Wohnkosten pauschal und nicht nach tatsächlichen Kosten erstattet bekommen. Dabei steigen die Miet- und Nebenkosten doch besonders drastisch. "Milliarden Euro" will Lindner hier kürzen. Hier ein erhellendes Zitat aus dem Papier: „Individuelle Schlechterstellungen gegenüber dem Status Quo sind dabei unvermeidlich.“ Daraus spricht seine ganze massenfeindliche Gesinnung.
  4. Die unzureichenden Umweltmaßnahmen der Regierung sollen entweder ganz entfallen (Verbrennerverbot) oder nach hinten verschoben werden (Ausstieg aus der Kohleverbrennung). CO2-Neutralität erst2050 statt 2045. Die Einspeisevergütung für erneuerbare Energien will er komplett abschaffen. Flottengrenzwerte für den CO2-Ausstoß der Autokonzerne will er abschaffen. Von der faschistischen AfD klaut Lindner nicht nur diese Forderungen, sondern auch das demagogische „Argument“, dass Deutschland so wenig vom weltweiten CO2-Ausstoß verursachen würde, dass es darauf nicht ankäme. 1,5 Milliarden Menschen in Indien haben einen Ausstoß pro Kopf von 1,2 Tonnen pro Jahr, Deutschland kommt dagegen auf acht Tonnen! Soll der Ausstoß also vor allem in Indien reduziert werden? Lindner geht es darum, für die Kapitalisten die Energiepreise zu senken - auf Kosten der Umwelt. Er unterscheidet sich hier von Olaf Scholz nur darin, dass der Kanzler billigere Energie nur für die größten Monopole will.
  5. Unter dem Stichwort "Bürokratieabbau" stellt er das Tariftreuegesetz oder das deutsche Lieferkettengesetz zur Disposition.
  6. Die Aufrüstung der Bundeswehr wird als „Investition“ getarnt und massiv gesteigert. Hier traut sich der mutige Herr Lindner nicht, Klartext zu reden. Versteckt in einem Schaubild ist zu sehen, dass die Rüstungsanteile im Bundeshaushalt seit 2019 offiziell von 11,8 Prozent bereits auf 14 Prozent gestiegen sind, direkt auf Kosten der sozialen Sicherungssysteme, deren Anteil von 48,4 Prozent auf 41,3 Prozent zusammengestrichen wurden. Handwerklich eher ungeschickt ist es allerdings, so eine Zahl in einem Papier zu veröffentlichen, das über den exorbitanten Anstieg der Sozialausgaben lamentiert.

 

Das Lindner-Papier ist 18 Seiten lang und voller unverständlichem Kauderwelsch. So heißt es etwa auf Seite drei in hochtrabenden Worten, aber in schlechtem Deutsch: „Daher gilt es mit Blick auf die Finanzierbarkeit der sozialen Sozialsysteme (!), dass angebotspolitische Maßnahmen zur Stärkung des Potenzialwachstums unerlässlich sind.“

 

Unter dem Tarnbegriff „Angebotspolitik“ verstehen bürgerliche Scharlatane der „Wirtschaftswissenschaft“, dass der Staat den Kapitalisten schamlos unsere Steuergelder in den Rachen wirft und ihre Steuern senkt. Die Theorie ist überzeugend: Wenn ein Multimilliardär noch mehr Milliarden geschenkt bekommt, wird er diesen zusätzlichen Reichtum ganz sicher nicht auch noch spekulativ anlegen oder verprassen, sondern jetzt wird ihm nichts anderes einfallen, als damit gute Arbeitsplätze zu schaffen. Die Aktionäre von Volkswagen hatten letztes Jahr 4,5 Milliarden an Dividende kassiert, jetzt geben sie das Geld freiwillig zurück, um Arbeitsplätze zu erhalten – oder etwa nicht?

Aktiver Widerstand ist herausgefordert

Der Chef des Kapitalistenverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, erklärte am 28. Oktober ultimativ: „Wenn es keinen Politikwechsel gibt, wären vorgezogene Neuwahlen gut fürs Land … jeder Monat zählt“. Und Rainer Dulger vom Bundesverband der Deutschen Industrie beim „Deutschen Arbeitgebertag“ am 22. Oktober: „Wir brauchen in dieser Zeitenwende einen mutigen Wurf, … um wieder als Standort wettbewerbsfähig zu werden“.

 

Lindner tanzt ganz nach dem Stöckchen der Monopolverbände. Entweder Kurswechsel zu offener reaktionären Angriffen auf die Arbeiter, die breiten Massen oder die Natur, oder Neuwahlen oder auch eine neue Regierung ohne Neuwahlen. Dafür dient sich Lindner als Juniorpartner einer ultrareaktionären Regierung unter Führung von CDU/CSU an. Merz hat seinem Papier schon applaudiert.

 

Lindner wirft der Arbeiterbewegung den Fehdehandschuh zu - wir greifen ihn gerne auf! Das letzte Mal, als ein solcher Generalangriff von Kanzler Schröder mit den Hartz-Gesetzen gefahren wurde, entstand eine fortschrittliche bundesweite Montagsdemobewegung und eine selbständige Streikbewegung in den Betrieben...  .