Interview zur US-Präsidentschaftswahl
Das System der Wahlmänner verhindert, dass die Stimme des Volkes gezählt wird
Das folgende Interview hat die Redaktion mit Owen Franke, 39 Jahre, gebürtiger US-Amerikaner, der seit fast zwölf Jahren in Deutschland lebt, und einem 43 Jahre alter US-Amerikaner, der seit über zehn Jahren in Deutschland lebt, geführt:
Rote Fahne: Wie beurteilt Ihr das extrem undemokratische Wahlrecht in den USA?
Das US-Wahlrecht ist zutiefst undemokratisch und dient in erster Linie den Interessen der herrschenden Kapitalistenklasse. Das Wahlverfahren ist strukturell darauf ausgelegt, die Mehrheitsverhältnisse bei der herrschenden Politik zu konzentrieren und zu verhindern, dass sich eine echte politische Alternative, die die Interessen der Arbeiterklasse vertritt, durchsetzt. In erster Linie verhindert das System der Wahlmänner und -frauen, dass die Stimme des Volkes wirklich gezählt wird.
Es gibt viele Möglichkeiten für Interventionen einflussreicher politischer Akteure und Prominenter während der Wahl. Elon Musk, der als reichster Mann der Welt bezeichnet wird, hatte in diesem Wahlzyklus einen klaren Aufstieg, und seine Kontrolle von Twitter/X in diesem Wahlzyklus diente eindeutig seinen politischen Zielen. Twitter/X ist ein privates soziales Netzwerk, aber soziale Netzwerke sind in gewisser Weise auch zu Dienstleistern geworden.
Beide großen Parteien - Demokraten und Republikaner - stehen fest unter dem Einfluss von Monopolen und Großunternehmen. Wahlen werden so zu einer bloßen Illusion von Demokratie, während die wahre Macht bei eben diesen Monopolen und Großunternehmen verbleibt.
Wie beurteilt Ihr Donald Trump?
Donald Trump repräsentiert die aggressivsten und reaktionärsten Teile der US-Kapitalistenklasse. Trump tritt offen, aber demagogisch verpackt für eine neoliberale Politik ein, die Großkonzerne und Monopole bevorzugt und die Wohlhabenden durch Steuererleichterungen begünstigt, während gleichzeitig die Finanzierung wichtiger staatlicher Sozialprogramme beschnitten wird. Einfach ausgedrückt: Trump ist ein Vertreter der Bourgeoisie, der die Spaltung der Arbeiterklasse vorantreibt und den Klassenkampf verschärft. Kamala Harris, und die Demokratische Partei im Allgemeinen, repräsentieren die Interessen des Großkapitals und die kapitalistische Klasse – nur in einer etwas moderateren und weniger offenen Form. Ihre Politik mag oberflächlich betrachtet weniger aggressiv erscheinen, doch im Kern bleibt sie ebenfalls im Dienst der gleichen Klasseninteressen.
Wer steht Eurer Meinung nach hinter ihm?
ExxonMobil, Chevron, Koch Industries, Goldman Sachs, JPMorgan Chase, Monsanto und Cargill sind nur wenige davon. Die Superreichen wissen, dass sie in Trump einen Freund haben. Aktuell verspricht er Apple, dass er ihnen helfen wird, EU-Strafen zu vermeiden. Zu Trumps Unterstützern gehören einflussreiche Monopole und Oligarchen, die von seiner Deregulierungs- und Steuerpolitik profitieren, sowie zahlreiche Großunternehmen aus dem Energie-, Immobilien-, Bau- und Finanzsektor. Der Sektor der fossilen Brennstoffe, insbesondere die Öl- und Kohleindustrie, unterstützt ihn massiv, da er die Umweltschutzmaßnahmen lockert und den Ausbau der fossilen Brennstoffe befürwortet.
Geht von ihm eine Gefahr aus und wenn ja, welche?
Ja, Trump stellt eine erhebliche Gefahr für die Arbeiterklasse, die Demokratie und den sozialen Frieden dar. Er schürt gezielt Rassismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit und trägt damit zur weiteren Spaltung bei. Seine Politik des Abbaus sozialer Absicherung und sein Versuch, Gewerkschaften zu schwächen, gefährden die Rechte und Errungenschaften der arbeitenden Menschen. Es besteht die Gefahr, dass sich die Qualität der öffentlichen Schulen, Bibliotheken, Gesundheitsdienste sowie der Staats- und Nationalparks verschlechtert. Zudem bedroht Trumps aggressive Außenpolitik die internationale Stabilität und fördert imperialistische Konflikte. Durch seine antiwissenschaftliche Haltung, zum Beispiel im Umgang mit den steigenden Treibhausgasen, schädigt er zudem die Umwelt und riskiert langfristige Folgen für die Gesellschaft als Ganzes.
Was brauchen die Arbeiterinnen und Arbeiter und breiten Massen in den USA, damit sich eine wirkliche Alternative stärkt und durchsetzt?
Jetzt mehr als alles andere, vor allem Klarheit über das kapitalistische System, wie es funktioniert, warum es krisenanfällig ist und warum der Sozialismus der einzige Weg nach vorne ist. Jahrzehntelange antikommunistische Propaganda hat eine klaffende Lücke im politischen Wissen der Massen hinterlassen und zu weit verbreiteter Verwirrung geführt. Dagegen ist es erst mal absolut essenziell, die Bildungsbemühungen der Kommunisten in den USA zu unterstützen.
Darüber hinaus ist es natürlich dringend notwendig, eine organisierte und geeinte Arbeiterbewegung aufzubauen, die sich ihrer kollektiven Stärke bewusst ist und für ihre Interessen kämpft. Dies erfordert den Aufbau einer Partei, die klar die Ziele der Arbeiterklasse vertritt und sich nicht von der Bourgeoisie beeinflussen lässt.
Eine wirklich breite Demokratie kann nur durch die revolutionäre Überwindung des kapitalistischen Systems und den Aufbau des Sozialismus entstehen, in dem die Produktionsmittel nicht mehr in privatem, sondern in gesellschaftlichem Besitz sind und von den Arbeiterinnen und Arbeitern demokratisch kontrolliert werden.
Nur durch eine solche revolutionäre Umgestaltung können die Voraussetzungen für eine echte Demokratie geschaffen werden, die die Interessen der Mehrheit und nicht einer handvoll Monopolen widerspiegelt. Auf dem Weg dorthin gibt es noch viel zu tun, aber jeder Einzelne, der sich bewusst entscheidet, seine Zeit dieser wichtigen Aufgabe zu widmen, beschleunigt unsere Fortschritte und erleichtert sie.