Köln
Warnstreik bei Ford: Angebot der Kapitalisten ist eine extreme Provokation
Mehrere Tausend Kolleginnen und Kollegen legten gestern, um 10 Uhr, die Arbeit nieder. In Demonstrationszügen zogen sie über das Werksgelände von Ford in Köln zur Kundgebung am Kreisel, wo traditionell Streikversammlungen stattfinden. Die Stimmung war äußerst gemischt. Zum einen kämpferisch. Das Angebot der Kapitalisten empfinden die Kollegen als extreme Provokation. „Da können sie ja gleich gar nichts anbieten“, sagt einer im Gespräch. „Hast du das gesehen, die wollen erst nächsten Sommer überhaupt den ersten Cent rausrücken. Und das bei den Preisen“ – so ein anderer.
Die Empörung ist groß, dass der Kapitalistenverband Gesamt-Metall offenbar auch noch dreist fordert, dass bisherige Zahlungen aus alten Tarifverträgen künftig davon abhängig werden sollen, ob das jeweilige Unternehmen „genug“ Gewinn macht. „Dauerhafte automatische Differenzierung“ – das wünschen wir uns bei der Miete, beim Einkaufen oder an der Tankstelle auch. Aber da sind die Kosten steigend, egal ob im Geldbeutel gerade Ebbe herrscht. Mindestens 600 Euro jährliche Zahlung (T-Zug B) soll aber künftig davon abhängen, ob das Unternehmen 2,3 Prozent Ebit-Marge macht? Kommt überhaupt nicht infrage!
Zugleich schwingen zig andere Themen mit. Zum einen die Ankündigung von VW, drei Werke zu schließen, Zehntausende zu entlassen und den übrigen 18 Prozent Lohn abzupressen. Den meisten ist klar, das sind die harten Angriffe, die auch auf uns zukommen. Die Verbundenheit mit der VW-Belegschaft ist groß und sehr direkt. Einer schildert anschaulich: „Mach mal die Motorhaube vom Ford-Explorer auf. Da steht überall VW. 60 bis 70 Prozent sind das die gleichen Teile. Wir müssen jetzt zusammenhalten.“ Man kann sich kaum vorstellen, dass sich die Vorstände das gewünscht haben, als sie ihre „strategische Partnerschaft“ vor ein paar Jahren unterschrieben haben. Das Schild „Ford, VW, zieht euch warm an, wir kämpfen gemeinsam!“ bekommt als Reaktion viele Daumen hoch.
Große Sorge treibt die fast 400 Leiharbeiter an, die nur noch Verträge bis Ende Dezember haben. Die kämpferische Stimmung wird aber spürbar auch noch gehemmt. Zum einen, weil der übergroße Teil sehr unzufrieden mit der Forderung von 7 Prozent mehr Lohn ist. Viele Gespräche fangen erst mal damit an, sich darüber zu beschweren. „Das ist doch viel zu wenig!“ Darüber ist man sich schnell einig. Aber was heißt das jetzt? Da geht die Diskussion los. Deswegen nur mit Handbremse in die Tarifrunde oder eben jetzt erst recht volle Entfaltung der gewerkschaftlichen Kampfkraft plus selbstständiger Streik für Lohnnachschlag, Übernahme der Leiharbeiter und Rücknahme der Kahlschlagspläne, die ja auch bei Ford in der Schublade liegen? Wer macht das? Wie haben die Opelaner in Bochum das 2004 gemacht? Diese Diskussionen finden am Rande der Kundgebung vielfach statt. Tenor bei einem Pulk auf dem Weg: Wir müssen länger und für mehr streiken!