VW in Kassel
Kämpferische Demonstration
Für viele Kollegen war der gestrige Tag das Ende der Vorstellung, dass VW nur mit ein bisschen Säbelrasseln in die Tarifrunde gehen will oder dass man eben auch auf ein bisschen Lohn verzichtet. Dass es sich um einen Generalangriff handelt, wird immer deutlicher. Neu war die Information, dass VW weitere Lohnbestandteile kündigen will - wie die Jubiläumsbonuszahlungen und die ehemalige leistungsorientierte Vergütung (eine Zahlung, die vor einigen Jahren eingeführt wurde). Gegenüber dem Werk in Osnabrück verhält sich VW offen wortbrüchig, indem noch nicht einmal die in der Planungsrunde zugesagten Produkte ab 2026 in das Werk kommen. Sie sollten Kapazitäten des Elektro-Porsches bauen.
In Kassel gab es vor der Kundgebung eine kämpferische Demonstration aus dem Supermarkt zur Fahrstraße mit ca. 25 Leuten. Ein neues Element war hier eine kleine Zwischenkundgebung und das offene Megafon, mit dem Kollegen interviewt wurden. Vor allem dazu, warum sie mit auf die Straße gehen.
Bei den Aussprachen am Megafon und Gesprächen gab es kämpferische Beiträge: „Ich bin hier, weil wir nichts abzugeben haben; wir geben gar nichts her“. „Ich bin hier, weil wir streiken müssen.“ Die meisten appellierten allerdings an den Vorstand oder den Staat. Bei den Argumenten, dass der Staat eingreifen soll, argumentieren wir von der MLPD immer, dass wir das doch selbst bezahlen, mit unseren Steuern.
Die hauptsächliche Reaktion nach der Kundgebung war eine große Nachdenklichkeit. Es ist im Kampf gegen übrige Illusionen gut, dass die Pläne noch konkreter auf dem Tisch liegen. Man merkt deutlich, dass das erst mal richtig verarbeitet werden muss, wo wir die Möglichkeit haben, in höherem Maß eine Meinungsführerschaft zu übernehmen.
Offensichtlich über alle Werke koordiniert hier die reformistische Betriebsratsführung gestern überall dieselben Reden. Sie kombinierten Lippenbekenntnisse zur Kampfbereitschaft mit dem Kern der Ausrichtung einer Abwartehaltung. So sprach Carsten Büchling von „Eskalation“ und „Wir werden kämpfen, kämpfen, kämpfen“ und auch von „24-Stunden-Powerstreik“. Gleichzeitig forderte er, dass die Politik endlich tragfähige Konzepte vorlegen soll. Damit meint er sicherlich Subventionen. Und er forderte von VW, ein Konzept vorzulegen. Dieses Konzept gibt es bereits, und es besteht eben im Generalangriff auf die Belegschaften. Damit orientiert er offen auf Sozialchauvinismus.
Mit dem offenen Scheitern der Klassenzusammenarbeit und Sozialpartnerschaft scheitert auch offen die scheinbar immer vorhandene Verhandlungskompetenz der Betriebsratsführung und ihr gezeichnetes Bild, sie könnten letztlich alles regeln.