Nachträglich zu Halloween
Gruseln und Totengedenken - aber richtig
Halloween startete als keltisches vorchristliches Fest zum Feiern der Ernte, dem Einstellen auf die kalte Jahreszeit und den Beginn eines neuen Kalenderjahres. Am 31. Oktober wurde der Toten gedacht und Kontakt ins "Reich der Toten" aufgenommen. Gegen böse Geister halfen dabei gruselige Kostüme und Umtriebe in der Nacht. Feuer und kleine Gaben sollten dabei vor Geistern schützen.
Erst mit dem Vormarsch des Christentums entstand der Begriff "All Hallows Eve" für den 31. Oktober, der heute für evangelische Christen als Reformationstag begangen wird (1517 schlug Martin Luther seine 95 Thesen in Wittenberg an). Am 1. November ist der christliche Feiertag Allerheiligen, an dem der Verstorbenen gedacht wird, die Gräber geschmückt und durch die Familien besucht werden.
Totenehrung ist Teil nahezu jeder Kultur
Auch in anderen Kulturen wird der Toten gedacht. In Mexiko wird am "Dia de los Muertos" auf den Gräbern ein Picknick abgehalten und gemeinsam gefeiert. Altäre werden mit dem geschmückt, was der Verstorbene im Himmel vermissen könnte: außer Blumen oft auch Schnaps oder eine gute Zigarre. Alle sieben Jahre werden auf Madagaskar die Toten aus den Gräbern geholt und frische Geschenke nachgeliefert. Auf Sulawesi werden jedes Jahr die Toten ausgegraben, bekommen sie neue Kleider und werden durch ihren Wohnort geleitet. In China wird "Quingming" begangen, ein Totenfest, wo Gräber frisch hergerichtet und Räucherstäbchen entzündet werden.
Und immer noch gehen in Süddeutschland Kinder am 31.10. zum "Rübengeister-Laufen", erschrecken die Großen (zumindest denken sie das) und bekommen Süßigkeiten für den inszenierten Grusel, der gemeinsam sowieso am meisten Spaß macht.
Auch heißt es im Lied der internationalen Frauenbewegung "Brot und Rosen":
"Wenn wir zusammen gehen, gehen unsere Toten mit.
Ihr unerhörter Schrei nach Brot schreit auch durch unser Lied.
Sie hatten für die Schönheit, Liebe, Kunst, - erschöpft - nie Ruh.
Drum kämpfen wir um`s Brot und wollen die Rosen dazu."
Halloween von Konzernen profitabel vermarktet
An diesen Traditionen, Festen und Aktivitäten der breiten Massen ansetzend, wird Halloween heutzutage auch sehr profitabel vermarktet und von bestimmten Konzernen auch bewusst gefördert. Halloween ist für sie heute nahezu im Rang eines zweiten Karnevals und beschert dem Handel einen Umsatz von ca. 540 Millionen Euro - mehr als halb so viel wie der Muttertag. Kostüme, Dekoartikel, Schminke, Schmuck, Spielwaren, ja selbst Fledermaus-Nudeln, Videospiele und Gruselfilme finden reißenden Absatz.
Das Filmportal scary-movies.de bietet dabei noch für jeden Geschmack etwas Besonderes: Soll es einfach nur Gewalt sein, lieber Vampire, Werwölfe oder Zombies? Oder doch lieber "Rape and Revenge" (Vergewaltigung und Rache), "Exorzismus" oder "Splatter" (meint spritzen, natürlich von Blut bei grausigen Verstümmelungen)? Das geht auch bis zur bewussten organisierten psychologischen Kriegsvorbereitung, mit einer gezielten Gewöhnung an tausendfachen Tod wie in Gaza oder in der Ukraine, Gewaltexzessen, das Entstellen von Menschen zu schrecklichen Fratzen und Beschwörung übersinnlicher Kräfte.
Einen in der Menschheitsgeschichte entstandenen Brauch dekadent ausnutzen, Profite machen mit dem gemeinschaftlichen Bedürfnis, der Toten zu gedenken und sich in einer Gruppe trotz beängstigender Situationen geborgen zu fühlen - das zeugt nur von der ganzen Überlebtheit des Kapitalismus. Er ist wirklich zum gruseln geworden. Für ihn darf es daher nichts Süßes, sondern nur noch Saures geben.