Pläne liegen auf dem Tisch
VW: Einschüchterungsversuche zurückschlagen
Bei VW schlagen die Wogen hoch. Seit Veröffentlichung der Kahlschlagpläne und Kündigung der Tarifverträge gab es an allen Standorten kämpferische Betriebsversammlungen, verbunden mit selbständigen Protesten bis zu hin zu einem einstündigen Streik in Zwickau!
Über 3000 Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland waren am 25. September in Hannover zum Start der Tarifverhandlungen: 7 Prozent mehr Entgelt sind das Mindeste! 100 Kolleginnen und Kollegen blockierten im Anschluss für kurze Zeit eine Straßenkreuzung. Täglich diskutieren Kolleginnen und Kollegen wie es jetzt weiter gehen muss. „Jetzt selbständigen Streik vorbereiten statt abwarten!“, so brachten es die Rote Fahne-Verkäufer in Wolfsburg vor wenigen Tagen vor dem Tor auf den Punkt.
Den Weg, einen richtigen Streik vorzubereiten und zu führen, finden viele richtig. Erst wenigen ist aber bewusst, dass wir das selbst organisieren müssen. Denn die Gewerkschaft hat im Fall von Arbeitsplatzvernichtung und Stilllegungen kein Streikrecht und dem Betriebsrat sind durch das reaktionäre Betriebsverfassungsgesetz die Hände gebunden. Das heißt, wir müssen uns das Recht auf Streik nehmen, so wie es die Rheinhauser Stahlarbeiter 1988, die Bergleute 1997 und die Opelaner in Bochum 2004 gemacht haben! Die Angst, dass sich daran die VW-Belegschaften ein Beispiel nehmen, steckt dem VW-Vorstand und der niedersächsischen Landes- und der Bundesregierung in den Knochen.
Das Management will uns Kolleginnen und Kollegen hinhalten. Darum führen sie Verhandlungen hinter verschlossenen Türen durch. Was wird da überhaupt verhandelt? Es ist berechtigt zu befürchten, dass dort wie in der Vergangenheit nicht über die Rücknahme, sondern ausschließlich über die Umsetzung der Kahlschlagpläne verhandelt wird! Von Betriebsrats- und IG-Metall-Spitze wird u. a. eine „neue Standort- und Beschäftigungsgarantie bis 2035“ ins Spiel gebracht. Der VW-Vorstand hat doch bewiesen, was solche „Zukunftstarifverträge“ wert sind, die jederzeit gekündigt werden können. Wir brauchen keine neuen faulen Deals.
Auch das, was da gekündigt wurde, war ja alles andere als ein Rundum-Sorglos-Paket, wie das jetzt verklärend dargestellt wird! Seit Mitte der 1990er Jahre kam da eine ganze „Giftliste“ zusammen, mit der Generationen der Konzernbelegschaft der Erhalt von Arbeitsplätze versprochen wurde: Vereinbarte Zurückhaltung bei Löhnen und Tarifrunden, Verzicht bei Mehrarbeitszuschlägen, Reduzierung Erhol- und Verteilzeiten, Arbeitszeitflexibilisierung zugunsten des Unternehmens, Arbeitsplatzvernichtung durch Abfindungen und Altersteilzeit, Abstriche in Haustarifverträgen und vieles mehr. Jedes Mal hieß es: Wenn ihr hier verzichtet und da zurücksteckt, sind die übrigen Arbeitsplätze sicher. Dabei wurden parallel tausende davon vernichtet! Davon haben wir jetzt genug!
Die Pläne liegen auf dem Tisch! Wie ein Kaninchen vor der Schlange abzuwarten ist zermürbend und zersetzt die Kampfmoral. Dazu dienen Gerüchte und Spekulationen, die standortübergreifend verbreitet werden. So gibt es z.B. das Gerücht, dass ein Aufweichung des „Nein zu Standortschließungen“ droht und die Werke Dresden und Osnabrück als Verhandlungsmasse dienen sollen. Das kommt nicht in Frage! Gerücht oder nicht – wir lassen uns nicht spalten und bleiben bei unseren Forderungen: Kampf um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz! Unbefristete Übernahme aller Befristeten und Leiharbeiter! Keine Werksschließungen! 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich!
Aber auch Repressalien wurden bekannt und angekündigt. So berichten Betriebsräte und Vertrauensleute von Verwarnungen und indirekten Drohungen des Managements und von Vorgesetzten gegenüber Kolleginnen und Kollegen nach den kämpferischen Betriebsversammlungen. Wenn es solche Verwarnungen gibt, geht das die gesamte Belegschaft an. Wir werden keine und keinen im Regen stehen lassen. Wir lassen uns nicht einschüchtern oder von solchen Maßregelungen den Takt diktieren! Wer einen von uns angreift, bekommt es mit uns allen zu tun!
Auch gehen Drohungen um, das Management werde künftig „illegale“ Arbeitsniederlegungen nicht mehr dulden und es erwarte „Mäßigung“ statt „aggressivem“ Verhalten. Außerdem sollten Betriebsrat und Gewerkschaft künftig alles brav mit dem Unternehmen absprechen. Wer tritt denn hier „aggressiv“ auf, kündigt Tarifverträge und Vereinbarungen, ruft zur Attacke auf unsere Arbeitsplätze auf? Und erwartet dann noch, dass wir uns wie Schafe „gemäßigt“ zur Schlachtbank führen lassen? Wovon träumt denn der VW-Vorstand? Der wird sich noch auf ganz andere Reaktionen unsererseits einstellen müssen. Und die werden wir sicher nicht vorher mit dem Vorstand absprechen oder gar um Erlaubnis bitten!
Mit „illegalen“ Arbeitsniederlegungen könnte wohl der einstündige Streik der Kolleginnen und Kollegen in Zwickau gemeint sein. Wenn das schon beim Vorstand für Angstschweiß sorgt, um wie viel mehr fürchtet er einen selbständigen Streik konzernweit an allen Standorten! Es wirft ein Schlaglicht auf die Herrschaftsverhältnisse in unserer Gesellschaft, in der eine Handvoll internationaler Monopole ihre Diktatur über die ganze Gesellschaft errichtet haben. Danach hat der VW-Vorstand „selbstverständlich“, durch Gesetze und Staatsapparat abgesichert, das Recht, Standorte zu schließen und ein Viertel der Belegschaft mit der Kündigung zu drohen. Und wenn wir uns wehren, werden wir wie Kriminelle behandelt. Und das, weil uns das Mindeste, das Grundrecht auf Streik gegen die Arbeitsplatzvernichtung verwehrt wird. Wir brauchen ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht. Geschenkt bekommen wir das sicher nicht, sondern muss hart erkämpft werden!