Tarifrunde Nordseehäfen

Tarifrunde Nordseehäfen

Umstrittener Tarifabschluss für die deutschen Nordseehäfen in Kraft getreten

Ende September stimmten die Gewerkschaftsmitglieder der deutschen Nordseehäfen nach fünf teils mehrtägigen Warnstreikrunden mit rund 77,6 Prozent für die Annahme des Verhandlungsergebnisses. Dies sieht eine Stundenlohn-Erhöhung um 1,15 Euro (untere Lohngruppen zusätzlich plus 0,51 Euro), 1.700 Euro „Inflationsausgleich“ für alle, sowie Erhöhungen von Schichtzulagen und Urlaubsgeld vor. Allerdings beträgt die Laufzeit 14 Monate.

Korrespondenz

Die Tarifkommission bewertet dieses Ergebnis durchweg positiv, dass „durch die Durchsetzung der sozialen Komponente das Lohngefälle zwischen den Lohngruppen abgefedert (wird)" und "in allen Lohngruppen Reallohnzuwächse erzielt“ worden seien. Die Kollegen vor den Hafentoren sahen das schon etwas kritischer, als sie uns sagen: “Kannst du in die Tonne kloppen!“ oder „Na ja, nicht gerade berühmt. Wir hatten 3 Euro pro Stunde gefordert!“. Viele wollten sich nicht dazu äußern. Nur knapp 50 Prozent hatten sich überhaupt an der Abstimmung beteiligt und wohl auch oft nur zähneknirschend zugestimmt.


Diese Lohntarifrunde stand im engen Zusammenhang mit dem selbständigen Streik im November 2023 gegen den Einstieg von MSC und dass an einem der 4 Terminals (Burchardkai) gerade die Auseinandersetzung um die Digitalisierung mit der Vernichtung von 200 Stellen für Großgerätefahrer in Verbindung mit einem Verleihpool über alle Terminals läuft. Das bedroht auch die Arbeitsplätze beim Gesamthafenbetrieb. Darum ging es den Kollegen auch um mehr als um die reine Lohnerhöhung. 

 

In einer sich weiter vertiefenden Weltwirtschaftskrise und der offenen politischen Krise in Deutschland wollten die Kapitalisten eigentlich kaum noch Zugeständnisse machen. Es war ihnen aber auch bewusst, dass die Tätigkeiten der Hafenarbeiter für sie von höchster wirtschaftlicher Bedeutung sind. Laut einer Statistik der Hafenbehörde hingen 2014 allein vom Hamburger Hafen mehr als 268.000 weitere Arbeitsplätze in Deutschland ab. Und die Hafenarbeiter wehren sich seit Monaten dagegen, dass der enorm verschärfte Konkurrenzkampf auf ihrem Rücken abgeladen wird.

 

Der Abschluss ist daher ein gewisses Zugeständnis an der Lohnfrage. Die reale Inflation für eine Hafenarbeiterfamilie ist allerdings nicht ausgeglichen, geschweige denn der Reallohn erhöht. Und wie es im Kapitalismus üblich ist, geht der Kampf an den anderen Fronten weiter. Noch hat der neue Miteigentümer MSC Kreide gefressen. Vielleicht haben diejenigen, die dem Ergebnis zustimmten, daran gedacht, noch etwas Pulver trocken zu halten dafür, um diesem Ausbeuter die Stirn bieten zu können. Arbeiteroffensive ist die einzige Sprache, die die Kapitalisten verstehen.