Krankenhausreform
Profitable Konzentration der stationären Versorgung
Am Donnerstag wurde im Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Parteien ein sogenanntes „Krankenhaus-Versorgungs-Verbesserungs-Gesetz“ beschlossen. Angeblich sollen damit die wachsenden Probleme der stationären Patientenversorgung gelöst werden. Das Gegenteil wird der Fall sein.
Das wirkliche Ziel der Regierung: massive Einsparungen und noch stärkere profitable Konzentration bei der stationären Versorgung. Auch hier soll nun die „Zeitenwende“ hin zu einer offeneren Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten auf die breite Masse der Bevölkerung Einzug halten. Die „Verbesserung“ soll ausgerechnet über Bettenabbau und die Schließung von vielen Kliniken und durch eine noch stärkere Konzentration auf wenige, hoch spezialisierte und profitable Krankenhäuser erreicht werden. Als Feigenblatt dient, dass bei der Finanzierung die vielfach kritisierten Fallpauschalen eingeschränkt werden. Künftig erhalten die Krankenhäuser ihre Finanzierung zu 60 Prozent für das Vorhalten von festgelegten bestimmten Leistungen, wie z.B. einer Notfallambulanz. Das kommt natürlich den großen Krankenhauskonzernen zu Gute, die örtlich, regional und überregional in ihren Gesamtleistungen viel breiter aufgestellt sind.
Es besteht tatsächlich dringender Handlungsbedarf: Die Orientierung auf maximale Profite und die eingeführten Fallpauschalen hat die stationäre Versorgung in eine tiefe Krise gestürzt. Das wurde einst von dem Gesundheitsminister Lauterbach mit vorangetrieben – der jetzt von einer notwendigen „Revolution“ im Krankenhauswesen spricht. Doch sein jetziges Konzept hat weder etwas mit „Revolution“ noch mit einem „Blindflug“ zu tun, wie es von der Opposition kritisiert wird.
Patienten sind heute konfrontiert mit einer Mischung von Unter-, Fehl- und teils auch Überversorgung. In profitablen Bereichen, wie Herzkatheterdiagnostik und Gelenkprothetik, werden zu viele unnötige und kostspielige Eingriffe durchgeführt. Wachsende Versorgungslücken gibt es dagegen in der wenig profitablen Geburtshilfe, Kinderkliniken und in der psychiatrischen und psychosomatischen Grundversorgung. Milliardensummen könnten eingespart werden durch konsequente Gesundheitsprävention. Zahlreiche Umwelt- und Massenkrankheiten wie Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck, Asthma, Allergie, Krebs etc. könnten vermieden werden. Stattdessen werden mit einem extremen Aufwand an Medikamenten und Apparatemedizin chronische Krankheiten behandelt. Viele Eingriffe können heute einfacher und preisgünstiger ambulant durchgeführt werden.
Es ist demagogisch und spuren verwischend zugleich, wenn Gesundheitsminister Karl Lauterbach vor diesem Hintergrund als Rechtfertigung seiner Pläne anführt, dass Deutschland „europaweit die teuerste Krankenhausversorgung“ und mit rund 1.700 Krankenhäusern die höchste Krankenhaus- und Bettendichte hat. Seine Schlussfolgerung aus dem Widersinn, dass die Versorgung sehr teuer sei, aber "nur eine mittelmäßige Qualität" bietet, ist nicht, die Qualität allgemein und für jeden gut zugänglich zu verbessern, sondern, dass es eben "ein paar Hundert Krankenhäuser zu viel" gäbe. In dasselbe Horn bläst die Deutschen Krankenhausgesellschaft, die vor allem Krankenhauskonzerne vertritt. Auf 20 bis 30 Prozent der Standorte oder 400 Häuser könne durch Fusionen oder Umwandlungen durchaus verzichtet werden, so der DKG-Chef Gerald Gaß im Deutschlandfunk. Dabei sind der gegenwärtige Wildwuchs und die ruinöse Konkurrenz unter den Kliniken das Ergebnis ihrer kurzsichtigen profitorientierten Planung!
Welcher Bedarf besteht in den Städten und Gemeinden? Mit welchen Strukturveränderungen kann das Ziel einer bestmöglichen Gesundheitsvorbeugung und Gesundheitsversorgung erreicht werden? Diese Diskussion sollte einer „Reformdiskussion“ eigentlich vorausgehen – mit allen Beteiligten und Betroffenen. Das aber würde man hierzulande sofort als „sozialistische Planwirtschaft“ abqualifizieren und passt nun mal nicht in das Profitdiktat der Krankenhauskonzerne.
Insbesondere Krankenhäuser in öffentlicher Hand schreiben inzwischen rote Zahlen, während privatisierte Krankenhaus-Konzerne mit ihrer gnadenlosen Profitoptimierung Gewinne machen. Hunderte von Abteilungen und Kliniken wurden bereits geschlossen. Unter Klinikärzten und Pflegepersonal wächst der Frust, unter den Patienten die Unzufriedenheit. Ohne finanzielle Soforthilfen – die aber überhaupt nicht vorgesehen sind - werden wir einen Einbruch bei der stationären Versorgung und der Notfallversorgung erleben. Einige Gesundheitsminister der Länder bekommen kalte Füße und kündigen ihren Widerspruch dazu an. Sie befürchten Proteste gegen Klinikschließungen. Vor allem in ländlichen Regionen, wo die ambulante Versorgung oft schon jetzt auf der Kippe steht.
Was einer wirklichen breit aufgestellten und guten allseitigen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung vor allem im Weg steht, ist insbesondere die kapitalistische Logik und der kapitalistische Zwang, alle Bereiche des Lebens seinem Profitstreben zu unterwerfen. Damit wird auch die Gesundheit der Menschen zu einer reinen Ware degradiert, aus der Profit geschlagen werden soll. Stalin stellte dem die sozialistische Wirtschaftlichkeit im Sozialismus mit dem Maßstab einer volkswirtschaftlichen Rentabilität entgegen und bezeichnete diese als eine „höhere Form einer stabilen und ständigen Rentabilität, die wir dem Wirken des Gesetzes der planmäßigen Entwicklung der Volkswirtschaft und der Planung der Volkswirtschaft zu verdanken haben“ (Stalin, 1931).
„Es ist bittere Ironie, dass das Sterben von Krankenhäusern meistens mit der Schließung der Geburtskliniken beginnt. Bald danach folgen die ebenfalls krass unterfinanzierten Kinderkliniken … Geburtshilfe und Kinderkliniken garantieren doch die Zukunft unserer Gesellschaft“, so bringt Dr. B. Hontschik die gesellschaftliche Perspektivlosigkeit der Krankenhausreform und der kapitalistischen Gesundheitspolitik in der Ärztezeitung vom 17.10.24 zum Ausdruck. Dieses beschlossene Gesetz wird den massenhaften Widerspruch und den Abwendungsprozess der breiten Massen von den Parteien der Ampel-Regierung beschleunigen. Kämpfe gegen den Abbau der stationären und ambulanten Versorgung gilt es zu organisieren und höher zu entwickeln. Vor allem, Bewusstsein zu schaffen, dass das ganze Krisen-Chaos und die Gesundheitskrise als Bestandteil der globalen Umweltkatastrophe eine sozialistische Alternative braucht. Ärzte, Mediziner, Pflegepersonal und die Bevölkerung in ihrem Kampf dabei zu unterstützen - das wird eine wichtige Aufgabe sein.