Stuttgart
Otto Herrmann wieder entdecken
Eine alle Sinne ansprechende Vernissage zu Bildern des Künstlers Otto Herrmann war vor kurzem im Arbeiterbildungszentrum Stuttgart zu sehen.
Als Künstler mit proletarischer Herkunft und Bewusstsein in Zeiten des Faschismus und Weltkriegs hatte er es nicht leicht.
Als er 46 Jahre alt war, lag sein gesamtes bisheriges Werk zerstört unter den Trümmern des ausgebombten Hauses. Er musste neu anfangen und tat dies mit großer Energie. Er arbeitete als Zeichner fürs Theater und für linke satirische Blätter wie z.B. den „Ulenspiegel“. Und er arbeitete an seinem Hauptwerk, den Illustrationen zu Th. Plieviers Antikriegsroman „Stalingrad“.
Die beiden waren befreundet und legten gemeinsam die Richtung des Zyklus aus Lithografien fest. Schlagartig wurde Otto Herrmann damit bekannt und ausgestellt. Auch alte Nazis und Burschenschaftler fühlten sich herausgefordert und wollten in der Stuttgarter Galerie Valentin Blätter des Stalingrad-Zyklus kaufen, um sie anschließend demonstrativ auf dem Schlossplatz zu verbrennen. Die von ihnen beanstandete Grafik hieß: „Wer dies tut, eine starke Rasse“. Dargestellt war ein Wehrmachtssoldat, der einem erfrorenen Soldaten den Schädel aufschlug, um sein Gehirn zu essen.
Zu diesen Anfeindungen kam die Abwertung kritischer Realisten wie Herrmann durch den "Kongress für Kulturelle Freiheit" als Ostblockmaler und das Pushen der Abstrakten Malerei, von der behauptet wurde, die höchste Entwicklung der Malerei sei die vollkommene Abstraktion. Der „sozialistische Realismus“ sei was für Arbeiter und keine Kunst. Da Otto Herrmann neben seiner guten Ausbildung als Künstler auch einen Brotberuf als Chemiegraf erlernt hatte, arbeitete er wieder als Klischeeätzer im grafischen Gewerbe bis zur Rente. Kurz vor seinem Tod widmete der Württembergische Kunstverein ihm eine große Gedenkausstellung. Otto Herrmann starb mit 96 Jahren 1995. „Es gilt, Otto Herrmann mit seiner Folge ‚Die Verdammten‘ als hervorragenden Grafiker wiederzuentdecken.“¹
Die Finissage ist am Mittwoch, den 30. Oktober, wiederum im ABZ Süd. Die Bilder kann man ebenfalls während der Bistro-Mittwoche und bei den Veranstaltungen des A BZ in diesem Zeitraum anschauen.