Globale Umweltkatastrophe
Erstmals in der Geschichte drei Hurrikans im Oktober
Obwohl im Oktober die Hurrikan-Saison eigentlich vorbei sein sollte, haben sich in den letzten Tagen gleich drei solcher Stürme entwickelt: Leslie, Kirk und Milton sind die Namen, die ihnen die Metereologen gegeben haben. Während Leslie über den Atlantik nach Norden wandert, trafen die Ausläufer von Kirk gestern Nacht auf Europa. Der mit Abstand vernichtendste Sturm ist Milton – er traf in der Nacht vom Golf von Mexiko aus auf die Westküste Floridas.
Wir beobachten hier eine wesentliche Verschärfung der Klimakatastrophe, was sich an diversen Rekorden zeigt. Es ist das erste Mal, dass drei Hurrikans gleichzeitig im Oktober entstehen. Dabei ist Milton der stärkste Hurrikan seit 100 Jahren, der fünftstärkste jemals beobachtete und der stärkste im Jahr 2024. Gleichzeitig ist Kirk der östlichste Hurrikan, der jemals aufgetreten ist. Seit 2017 haben neun besonders starke Hurrikans in der Region Land erreicht – so viele wie in den vorangegangenen 50 Jahren.
Druck fiel um 50 Millibar in nur 10 Stunden
Milton ist in der Bucht von Campeche im Golf von Mexiko entstanden. "Bemerkenswert ist seine Verstärkung von einem tropischen Sturm zum Hurrikan der stärksten Kategorie 5 in nur 24 Stunden", erklärt Hurrikan-Experte Andreas Fink vom Karlsruher Institut für Technologie. Die Wassertemperatur im Golf von Mexiko lag ein Grad über dem Jahresmittel und damit über 30 Grad Celsius.
Die Gewalt von Milton befeuert erneut die Debatte um die Einführung einer neuen Kategorie für Hurrikans: Kategorie 6. Bereits im Februar hatten Forscher der US-amerikanischen National Academy of Sciences in einer Studie vorgerechnet, dass bereits Stürme auftreten, die über die zuletzt festgelegten für maximal möglich gehaltenen Grenzen hinaus gingen.
„Wir hatten erwartet, dass der Klimawandel die Winde der stärksten Stürme verstärken würde“, sagte damals Michael Wehner, Mitautor der Studie und Extremwetterforscher am Lawrence Berkeley National Laboratory. „Was wir hier gezeigt haben, ist, dass dies bereits geschieht. Wir haben versucht zu beziffern, wie viel schlimmer es werden wird.“
Wie auch immer man das Kind nennt: Solche schnellen Entwicklungen wird es künftig immer häufiger geben – und das reduziert die Vorwarnzeit erheblich und erschwert damit gleichermaßen Schutzmaßnahmen und rechtzeitige Evakuierungen.
Katastrophenlage in Florida
Florida hat sich noch nicht von dem letzten Hurrikan, Helene, erholen können, der erst vor rund anderthalb Wochen in Florida auf Land getroffen war und nach letztem Stand 220 Menschenleben gefordert hat. Jetzt sind wieder Millionen geflohen. Lebensmittel und Treibstoffe waren gestern an vielen Orten nicht mehr zu bekommen.
In der vergangenen Nacht traf er, früher als erwartet, um 2:30 Uhr deutscher Zeit als Hurrikan der Kategorie 3 mit Windgeschwindigkeiten von 200 km/h auf die Küste und verwandelte die noch nicht beseitigten Trümmer von Hurrikan Helene in fliegende Geschosse – bislang kann man nicht sagen, wie viele Opfer er fordert und wie massiv die Schäden sind, aber die ersten Berichte von Toten liegen vor. Die Erfahrung zeigt, dass selbst Wochen später die Zahl der Opfer noch steigen kann.
Es ist aber absehbar, dass dieser Hurrikan die Küstenlinie Floridas dauerhaft verändern wird. Hatte man gestern noch vor einer Sturmflut von 2,7 Metern gewarnt, heißt es nun, dass eine Sturmflut von bis zu 4,5 Metern Höhe möglich sei – das wäre wiederum ein trauriger Rekord. Nach letzten Berichten hatte die Windgeschwindigkeit zwar abgenommen, das Wasser aber stieg an der Westküste weiterhin an. Die Sturmflut stand zum Redaktionsschluss noch aus.
Dem Hurrikan voraus kamen mindestens 19, wahrscheinlich aber mehr als 27 Tornados, die ihrerseits massive Schäden anrichten. Mindestens 125 Häuser wurden zerstört, mindestens drei Millionen Haushalte sind ohne Strom. 70.000 Menschen wurden noch im letzten Augenblick in Notunterkünften untergebracht, die nun aus allen Nähten platzen.
Da wir im Kapitalismus leben, gibt es aber auch Profiteure. Die „Analysten“ des Rückversicherers RBC Capital sehen auch positive Effekte für die Branche. „Bessere Vertragsbedingungen für Rückversicherer, eine breitere Diversifizierung der Erträge und größere Reservepuffer sollten dem Sektor eine bessere Ausgangslage verschaffen als zuvor“ erklärten die RBZ-Analysten, die deshalb mit steigenden Aktienkursen rechnen. Während sich das Evakuierungsfenster für nahezu 7 Millionen Menschen schließt, freuen sich die Kapitalisten auf steigende Aktienkurse.
Kirk streift Europa
Der Hurrikan Kirk, der noch vor Kurzem Stufe 4 mit Windspitzen von bis zu 270 km/h erreicht hatte, trifft nur noch als schwerer Sturm auf Europa. In Deutschland bedeutete das schwere Sturmböen mit 116 km/h in der Spitze in Baden-Württemberg und Niederschlagsmengen von lokal über 50 Liter pro Quadratmeter im Bergischen Land, dem Sauerland und Teilen des Ruhrgebiets. Die Rettungskräfte waren dauerhaft im Einsatz, aber bislang scheint es keine Toten gegeben zu haben.
Allerdings ist die Gefahr noch nicht ganz vorüber: Im Tagesverlauf werden immer noch orkanartige Böen in Franken und Thüringen erwartet, sodass man weiterhin vorsichtig sein sollte.
"Kirk hatte zeitweise die Stufe 4", so Meteorologe Jung. "Er war damit der östlichste Hurrikan dieser Stufe, der jemals auf dem Atlantik beobachtet worden ist."
Dass ein Hurrikan Europa in den nächsten Jahren erreicht, halten die Experten für möglich. "Wir erwarten, dass einzelne Stürme zumindest teilweise ihre tropischen Eigenschaften bis zum Landgang in Westeuropa behalten werden", schreibt Hurrikan-Experte Andreas Fink vom Karlsruher Institut für Technologie bei t-online.
Erhitzung der Meere
Das Ende der Hurrikan-Saison wird durch die Abkühlung der Meeresoberfläche bedingt. Sie liefert die Energie, die die Luftströme in Bewegung versetzt. Durch die Klimakatastrophe als Initialkatastrophe der globalen Umweltkatastrophe erhitzen sich die Meere zunehmend – Hurrikans werden stärker, treten viel häufiger auf und erreichen bisher ungekannte Ausmaße.
(Im Bild: Die Entwicklung von Milton vom 5. zum 7. Oktober; die Falschfarben zeigen die Meerestemperatur mit +30°C an.)
Republikanische Desinformations- und Hetzkampagne im US-Wahlkampf
Die Präsidentschaftskandidaten im US-Wahlkampf, Kamala Harris und der Faschist Donald Trump, hatten nach dem letzten Hurrikan gerade erst das Katastrophengebiet in North Carolina bereist. Auch US-Präsident Joe Biden wollte sich, nachdem er für das Katastrophenmanagement beim letzten Hurrikan von der Trump-Kampagne attackiert worden war, offensichtlich nichts vorwerfen lassen und sagte seine geplante Reise nach Deutschland und Angola ab.
Nach Hurrikan Helene hatte Trump Biden vorgeworfen, es würde sich nicht um die Opfer gekümmert, weil vorwiegend republikanische Gebiete betroffen waren. Auf einer Wahlkampfveranstaltung nutzte er die Umweltkatastrophen sogar für rassistische Hetze und behauptete, Harris hätte Geld des Katastrophenschutzes für die Unterbringung illegaler Einwanderer ausgegeben. Aus seinem Umfeld wurden die krudesten Verschwörungstheorien verbreitet; die ihm vertraute Kongressabgeordnete Marjorie Taylor Greene behauptete sogar, "Sie" könnten das Wetter kontrollieren.
Durch eine Unzahl manipulierter Videos und Bilder sowie Falschberichte aus dem Trump-Umfeld wurden die Rettungsmaßnahmen objektiv erschwert und Menschen gefährdet.
Quellen:
"Ohne Dramatisierung: Sie werden sterben", t-online, 9.10.2024
"Category 6-level hurricanes are already here, a new study says", Grist, 6.2.2024
Bilder:
Titelbild (Bearbeitung durch Rote Fahne Redaktion): Bild des NASA-Erdobservatoriums von Michala Garrison, unter Verwendung von Daten von DSCOVR EPIC.