40.000 auf der Straße

40.000 auf der Straße

Friedensdemonstration in Berlin: Wachsender Friedenswille und Suche nach Orientierung

Am „Tag der deutschen Einheit“ kamen aus ganz Deutschland bis zu 40.000 Menschen zur großen Friedensdemonstration. Darunter waren sowohl viele ältere Menschen aus Friedensgruppen als auch kämpferische Jugendliche, die gegen einen neuen Wehrdienst protestierten. Angesichts der weitgehenden Ignoranz der bürgerlichen Massenmedien ist diese Mobilisierung ein wichtiger Erfolg und ein Beleg für den wachsenden Friedenswillen.

Von fh
Friedensdemonstration in Berlin: Wachsender Friedenswille und Suche nach Orientierung
40.000 gegen Aufrüstung und Militarisierung auf der Straße (rf-foto)

„An den Waffen verdienen die Reichen, die Armen liefern die Leichen“ stand auf einem der vielen selbst gemalten Transparente, das neben einer Gruppe „Juden gegen Genozid“ und einem Schild „Weder Putin noch NATO“ zu sehen war.

Literatur der MLPD sehr gefragt

Drei Sternmärsche mit jeweiligen Auftaktkundgebungen vereinigten sich am „Großen Stern“ zur Hauptkundgebung. In einem der Sternmärsche gab es einen großen palästinensischen Block mit Trommeln und Fahnen. Palästinensertücher als Zeichen der Solidarität mit dem gerechten palästinensischen Befreiungskampf waren unübersehbar vertreten. Ein breites Spektrum von Friedenskräften hatte aufgerufen, und noch größer war die Bandbreite der Rednerinnen und Redner von Palästinensern über Gewerkschafter bis zu Peter Gauweiler von der CSU.

 

Der Ukrainekrieg und die offene Krise des imperialistischen Weltsystems

zur Broschüre

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Mit interaktiven Anmerkungen

Letzterer kam auch zum Info-Stand der MLPD und kaufte sich die Rote Fahne mit dem aktuellen Interview der Parteivorsitzenden Gabi Fechtner. Der Infostand der MLPD war zeitweise komplett umlagert. Vor allem die Broschüren zum Ukrainekrieg und über die neuimperialistischen Länder wurden dutzende Male verkauft, aber auch die ganze Bandbreite an Literatur von „Sozialismus am Ende?“ bis zu „Katastrophenalarm“ und zur „Krise der bürgerlichen Ideologie“ war gefragt. Angesichts der aktuellen Entwicklung im Ukrainekrieg gab es viele Nachfragen, wie die MLPD schon direkt nach Kriegsbeginn in ihrer Broschüre "Der Ukrainekrieg und die offene Krise des imperialistischen Weltsystems" die Entwicklung eingeschätzt hat.

 

Ein Abonnent der Roten Fahne aus Süddeutschland kaufte Literatur für weit über 100 Euro und spendete zusätzlich über 100 Euro. Das waren bei weitem nicht die einzigen Spenden, ein Ausdruck hoher Anerkennung für die Arbeit der MLPD! Zahlreiche Kontakt- und Mitgliedswünsche gab es besonders für den Jugendverband REBELL, aber auch für die MLPD. Eine zentrale Frage in vielen Gesprächen war, warum in der DDR der Sozialismus verraten wurde und wie der echte Sozialismus funktionieren kann. Angesichts des großen Klärungsbedarfs und -willens unter den Demoteilnehmern war es in der Vorbereitung sträflich unterschätzt worden, ausreichend Material dabei zu haben.

Imperialistische Diplomatie hat die heutigen Kriege vorbereitet

Vonseiten der Rednerinnen und Redner gab es vor allem berechtigte Kritik an der in Deutschland geplanten Stationierung der Mittelstreckenraketen gegen Russland und die Forderung nach Waffenruhe in der Ukraine und in Nahost. Allerdings waren die Reden weitgehend von Friedens-Appellen an die Regierungen geprägt. Sie hinterließen viele Demonstranten eher ratlos, was jetzt konkret zu tun ist. Angesichts vieler offener Fragen zur Perspektive des Friedenskampfs war die Suche nach Antworten bestimmend. Relativ weit verbreitet sind unter den Friedenskämpfern noch Illusionen, dass die Herrschenden für eine Friedenspolitik überzeugt werden könnten. Das setzt voraus, dass die Gesprächspartner den jeweiligen Argumenten zugänglich sind, dass man im Prinzip gleiche odser ähnliche Ziele hat. Davon kann man als Friedenskämpfer bei einer Bundesregierung nicht ausgehen, die die Gesellschaft "kriegstüchtig" machen und der faschistischen Netanjahu-Regierung in beinah bedingungsloser Nibelungentreue verbunden ist.

 

Die berechtigte massive Kritik an der Aufrüstungs- und Kriegspolitik der Bundesregierung ging oft noch nicht davon aus, dass Deutschland ein imperialistisches Land ist und der BRD-Imperialismus aktive Weltkriegsvorbereitung betreibt. Welche Rolle spielt denn Deutschland in der EU? Die einer führenden imperialistischen Macht, die nicht nur die Arbeiter und die Volksmassen im eigenen Land unterdrückt, sondern auch in anderen Ländern. Das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) hatte massenhaft Schilder verteilt, die für „Diplomaten statt Granaten“ warben. Dazu gab es am Offenen Mikrofon des Internationalistischen Bündnisses einen kritischen Redebeitrag: Imperialistische Diplomatie hat die heutigen Kriege vorbereitet und zielt immer darauf, den jeweiligen Imperialisten in eine günstige Ausgangssituation für den nächsten Krieg, heute für den Dritten Weltkrieg, zu bringen. In solche Hände können wir das Schicksal der Welt nicht legen. Eine Familie aus Hamburg bedankte sich ausdrücklich für diesen Redebeitrag. Der MDR zeigte ein selbstgemachtes Transparent der Widerstandsgruppe Rostock, das zum aktiven Widerstand aufrief. Diese Position wurde in Berlin auch von der „Neuen Friedensbewegung gegen Faschismus und Krieg“ vertreten, die mit Transparenten, Fahnen und Flyern viel Aufmerksamkeit erregte.

Große Bereitschaft für den antifaschistischen Kampf

In vielen Gesprächen zeigte sich eine klare antifaschistische Haltung der Friedenskämpfer und eine große Bereitschaft zu breiten Bündnissen im antifaschistischen Kampf. Zugleich ging von einigen Kräften wie Sahra Wagenknecht oder auch von der DKP eine gefährliche Verharmlosung der faschistischen AfD aus. Die Veranstalter hatten offenbar kein Problem mit Infoständen der ultrareaktionären „BüSo“ oder des Querfront-Bündnisses „München steht auf“. Die „Deutsche Friedensgesellschaft“ DFG-VK hatte, wie auch ATTAC und die VVN nicht offiziell aufgerufen; ein wesentlicher Kritikpunkt von ihnen war, dass der Überfall Russlands auf die Ukraine nicht deutlich verurteilt worden war. Die Berliner Gruppe der DFG-VK organisierte sogar Gegenproteste, die sich ausschließlich gegen Russland richteten und damit die NATO in Schutz nahmen. Andere Gruppen der DFG-VK beteiligten sich dagegen aktiv an der Demonstration. Da gibt es Diskussionsbedarf beim heute in Halle beginnenden Bundeskongress der DFG-VK.

 

Eine Schwäche der Demonstration war die geringe Beteiligung von Gewerkschaftern und Vertretern der kämpfenden Belegschaften aus den Betrieben. Zwar hatte die IG Metall in Jena oder Würzburg Busse zur Verfügung gestellt, aber Gewerkschaftsfahnen musste man suchen. Wenn am Offenen Mikrofon des Internationalistischen Bündnisses die entscheidende Rolle der Arbeiterklasse im Friedenskampf betont wurde, bedeutet das auch einen Auftrag, die Überzeugungsarbeit in Betrieben und Gewerkschaften zu verstärken. Gewerkschaften können heute ihren Auftrag als Kampforganisationen nur erfüllen, wenn sie aktiv zur nötigen Bewusstseinsbildung im Friedenskampf, im antifaschistischen Kampf oder im Umweltkampf beitragen. Der Auftrag richtet sich ebenso an die marxistisch-leninistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit,

 

Unberechtigte Buh-Rufe gab es bei der Kundgebung gegen die Aussage von Ralf Stegner (SPD), der sich gegen den russischen Angriffskrieg positionierte. Buh-Rufe wären dagegen durchaus angebracht gegen seine Verteidigung von Waffenlieferungen an die Ukraine.

Protest gegen Verbot von Palästina-Solidaritätsdemo in Rom

Ein Demonstrationszug kam an der italienischen Botschaft vorbei. Vom Offenen Mikrofon des Internationalistischen Bündnisses kam hier lautstarker Protest gegen das Verbot einer Palästina-Solidaritätsdemonstration am Samstag in Rom durch die italienische Regierung. Am Rande der Demonstration hatte die Polizei eine Stunde lang eine Gruppe Palästinenser festgehalten, darunter überwiegend Frauen. Sie hätten angeblich gerufen „From the River to the Sea – Palestine will be free“. Als sich Genossen der MLPD mit vielen anderen Demonstranten für die Freilassung der Palästinenser einsetzten, zog die Polizei unter den Rufen der Demonstranten „Free, free Palestine“ ab.

 

Ob es nun am Ende 42.000 Demonstranten waren, wie die Veranstalter erklärten, oder etwas weniger – auf jeden Fall steht diese Demonstration für einen Aufschwung der Friedensbewegung, die bei überwiegend großem Respekt für die MLPD nach Orientierung sucht. Das eröffnet ein großes Potenzial für neue, breitere Bündnisse im Friedenskampf und im antifaschistischen Kampf und für die Stärkung von MLPD und REBELL.