Große Beteiligung

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ZF-Aktionstag: "Standort erhalten" oder Kampf um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz

Gestern beteiligten sich viele Belegschaften des Autozulieferer-Konzerns ZF am kämpferischen Aktionstag, zu dem die IG Metall aufgerufen hatte.

Von Korrespondenten/gis
ZF-Aktionstag: "Standort erhalten" oder Kampf um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz
Aktionstag in Friedrichshafen am 10. September 2024 (rf-foto)

Witten

In Witten beteiligten sich ca. 200 Kolleginnen und Kollegen vor dem Tor an der Mannesmannstraße - mehr als die IG Metall erwartet hat. Sie kommen nicht wegen der kostenlosen Currywurst mit Pommes, auch wenn etliche dafür anstehen. Sie wollen ihren Protest gegen die Pläne des ZF-Konzerns zum Ausdruck bringen. DieBetriebsratsspitze hatte die ganze Aktion voll auf Standorterhaltung ausgerichtet und dafür auch Kollegen mit entsprechenden Schildern mobilisiert. Standorterhaltung ist jedoch eine Aussage ohne Inhalt, wenn nicht um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz gekämpft wird. Der Standort wäre ja auch mit 50 Kollegen erhalten - dann müssten aber 600 gehen.


Demgegenüber unterstützte die Zeitung von Kollegen für Kollegen, Zündfunke, den Weg des Kampfes mit der Aufforderung: „Heute draußen bleiben“. Sie brachte Argumente für den Übergang in einen selbständigen Warnstreik: Scheinlösungen sind nicht zu akzeptieren, Lohnverzicht genauso wenig; der steigende Arbeitsdruck wie die Mehrmaschinenbedienung muss weg; Solidarisierung mit den noch brutaler ausgebeuteten Arbeitern in China oder Indien, wohin ZF verlagern will; 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich - gerade, wenn für die Montage der E-Antriebe laut ZF nur noch jeder zweite Kollege gebraucht wird. Diese zwei Wege waren bei der ca. eine Stunde dauernden Aktion klar zu erkennen und die Diskussion darum setzte ein

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Die Auszubildenden positionierten sich klar für den Kampf um jeden Ausbildungsplatz. Sie setzten sich mit der Illusion jüngerer Kollegen auseinander, woanders einen Arbeitsplatz zu finden. Angesichts der angekündigten Entlassungen bei Stahl, VW, der Bahn, bei Bosch und Conti ist das kein Ausweg. Der Sprecher der Vertrauenskörperleitung war nicht so eindeutig. Er betonte den gemeinsamen Kampf über die Betriebe hinweg. Was fehlte, war die Kritik an der Orientierung, über Verhandlungen angeblich den Standort zu erhalten. Dieser Weg ist bisher immer gescheitert. Unter den Kollegen war eine gute Stimmung, die Auflage des Zündfunke wurde komplett verteilt. Es gab nur wenige, die keinen nehmen wollten. Viele äußerten die Meinung, dass bei der nächsten Aktion wirklich alle vor dem Tor sein müssen. Für welchen Weg werden sich die Kollegen entscheiden?

Nürnberg

In Nürnberg gibt es auch einen Standort von ZF. Zum konzernweiten Aktionstag gegen die Pläne der Chefetage zur Vernichtung von 14.000 Arbeitsplätzen in Deutschland gab es auch hier eine Kampfaktion. Etwa 400 bis 450 Kolleginnen und Kollegen, darunter auch die Azubis, kamen für eine Stunde vor dem Werk zu einer Kundgebung. Es waren auch Kollegen von der MAN, Federal Mogul und von Siemens Energy zur Solidarität mit dabei.


Die Redner vom Lautsprecherwagen des IG-Metall-Bezirksleiters von Bayern, A. Weidemann, seines Zeichens IG-Metall-Bevollmächtigter Nürnberg, des Betriebsratsvorsitzenden von ZF Nürnberg und des Nürnberger Oberbürgermeisters König, stießen durch die Bank in das Horn, dass Fehler des Managements die entscheidenden Ursachen seien. Wir erklärten uns mit den kämpfenden ZF-Kolleginnen und -Kollegen klar solidarisch und brachten in den Gesprächen unsere wichtigen Argumente ein: Es braucht einen echten Kampf um jeden Arbeitsplatz bis hin zu selbständigen Streiks. Wir traten offen als die Arbeiterpartei MLPD auf, ohne dass es antikommunistische Ausfälle gegen uns gab. Insbesondere unser Hinweis, dass bei VW sogar 30.000 Arbeitsplätze auf der Abschussliste stehen, war ein gutes Argument dafür, dass es einen konzernübergreifenden gemeinsamen Kampf geben muss.

Berlin

Im Rahmen des bundesweiten Aktionstags bei ZF wurde bei ZF in der Stadt Brandenburg an der Havel eine Betriebsversammlung durchgeführt. Wir nutzten diese Situation, um die Kollegen in ihrem Kampf gegen die Arbeitsplatzvernichtung zu unterstützen, für einen konzernweiten Streik zu gewinnen. Mehrere Kollegen kritisierten, dass sie bisher über den Aktionstag keinerlei Informationen von der IG Metall erhalten haben: „Den Aktionstag machen die im Westen, wir sind sowieso ‚raus!“ Gleichzeitig begrüßten sie sehr, dass man zusammen aktiv wird, Kontakte zu den anderen Betrieben hergestellt werden sollten. Wichtig ist, dass die Belegschaften gemeinsam kämpfen und sich nicht spalten lassen. Ost- und Westkollegen haben die gleichen Interessen. Besonders die Azubis sind bereits von der Arbeitsplatzvernichtung betroffen. Sie wurden in diesem Jahr zum ersten Mal nicht übernommen. Es geht im Kampf um jeden Arbeitsplatz und die Übernahme aller Azubis.

 

Die neue Zeitung „Klarsicht“ der MLPD Berlin/Brandenburg  wurde interessiert von 50% der Angesprochenen genommen. Mit unserer dort geführten Positionierung zu den Landtagswahlen: „Wer AfD wählt, wählt Faschismus“, stießen wir sowohl auf Zustimmung als auch auf deutliche Ablehnung. Einige hatten die AfD bereits gewählt in der Hoffnung, „die werden schon was machen“, ohne aber konkret sagen zu können, was sich ändern soll. Ein Grund für die Wahl der AfD war, dass die Landesregierung, die Kenia-Koalition unter SPD-Ministerpräsidenten Woidke/SPD, so gut wie kein Versprechen aus ihrer Regierungserklärung eingehalten hat. Wir argumentierten: Aber das kann kein Grund dafür sein, als Arbeiter die arbeiterfeindlichste Partei zu wählen! Wenn die an die Regierung käme, würde sie die Arbeiterrechte gnadenlos mit Füßen treten!

Saarbrücken

IG Metall und Betriebsrat hatten zum Schichtwechsel am Mittag zur Kundgebung aufgerufen. - vorm Tor, allerdings nicht draußen auf der Straße, sondern innerhalb des Betriebsgeländes, hinter zwei Zäunen. Selbst das Fernsehteam durfte nur durch die Zäune filmen. Wir verteilten die Erklärung der MLPD Saarbrücken zu den ZF-Plänen, 14 000 Arbeitsplätze im Konzern zu vernichten. Eine seit Jahren nicht bekannte Annahmequote unserer Flyer von etwa 95 % belegt, dass die Kollegen neue Antworten auf die Probleme der Arbeiter suchen, von den alten politischen Kräften nicht viel erwartet wird. Ein Kollege: „Anke Rehlinger (Ministerpräsidentin des Saarlandes) hat gesprochen – Totengräberin." Das ist seine Auswertung ihres Auftretens bei Ford Saarlouis. Es war damals die Schließung durchgesetzt worden. Die Rückfrage an den Kollegen: „Könnte es sein, dass sie aufgetreten ist, um die Arbeiter zu beschwichtigen, also zu verhindern, dass diese den Kampf aufnehmen?" beantwortete er nachdenklich mit: „Stimmt." Ein anderer: „Man müsste die Arbeit niederlegen. Mal sehen, was sie dann sagen. So kann es nicht weitergehen." Oftmals stand die Frage im Raum: Streiken wäre richtig, aber wie soll man es machen? Wir schlugen vor, in Zusammenarbeit mit der MLPD die nächsten Schritte zu überlegen.

Friedrichshafen (Bericht war gestern schon online)

2.000 bis 3.000 Kolleginnen und Kollegen von ZF Friedrichshafen demonstrierten gegen die geplante Vernichtung von 14.000 Arbeitsplätzen. Von den Werken aus ging es in zwei Säulen zur Kundgebung zuerst zum ZF-Forum und weiter zum Rathaus. Es sprachen der ZF-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Achim Dietrich und weitere Betriebsräte sowie die IGM-Ortsvorsitzende Helene Sommer. Einig waren sich alle darin die hervorragende Leistung der Arbeiter und angestellten von ZF zu loben. Schuld an den Problemen von ZF seien auch nicht die Löhne sondern das "Mißmanagement" und "Fehlentscheidungen" des Vorstands.

 

Vielen Kollegen war klar, dass diese Demo und Kundgebung nur der erste Schritt sein kann. Aber der Begriff "Kapitalismus" fiel von den Rednern nur im Zusammenhang mit der Rationalisierungsfirma McKinsey, auch wenn die Lage bei ZF wie in den anderen Konzernen Thyssen, VW, Bosch usw. Ergebnis des kapitalistischen Profitsystems ist.

 

Darüber haben wir von der MLPD intensiv mit Kolleginnen und Kollegen diskutiert. Unser Flugblatt mit dem gestrigen Rote-Fahne-News-Artikel wurde gerne genommen und unser Plakat mit der Losung "Zukunft nur durch Widerstand" interessiert gelesen. Wir bleiben dran!