Weltwirtschafts- und Finanzkrise

Weltwirtschafts- und Finanzkrise

Spekulationen ohne Ende?

Nach dem Absacken fast aller Börsen-Indizes [1] in der Welt Anfang August um 6 bis 15 Prozent ging die Furcht unter Spekulanten [2] um, dass das der Beginn einer deutlichen „Korrektur“ einer „überhitzten“ Spekulationswelle sein könnte. Die Aktienkurse erholten sich aber relativ schnell wieder und setzten sogar zu neuen Höhenflügen an.

Von ba
Spekulationen ohne Ende?

Denn vor allem die großen Tech-Konzerne und die Rüstungsindustrie weisen weiter hohe Gewinne aus, aber auch z.B. Auto-Monopole, die trotz sinkenden Umfangs der Produktion mit ihren „Premium“-Marken steigende Gewinne einfahren. Die 40 DAX-Konzerne z.B. haben im Vorjahr 117 Milliarden Euro an Gewinnen ausgewiesen. Sie setzen mit verschiedenen Mitteln Monopolpreise durch und wälzen die Krisenlasten auf die Massen ab.

 

In Erwartung einer massenhaften Einführung von „Künstlicher Intelligenz“ werden zurzeit auch riesige Rechenzentren ausgebaut. Das nährt die Hoffnung auf einen Konjunkturaufschwung. Zugleich werden wegen der abgesunkenen Inflationsrate auch sinkende Zinsen für Kredite durch die Zentralbanken erwartet. Davon versprechen sich die Spekulanten einen Anreiz für neue Investitionen. Zudem hat die Furcht vor einem baldigen neuen Wirtschaftseinbruch nachgelassen. Die Spekulanten trauen den bürgerlichen „Experten“ in den USA, dass bestimmte „Stimmungs“-Indikatoren[3] Entwarnung signalisieren würden. Der Spekulations-Hype wird so immer weiter angefeuert.

 

Diese „Indikatoren“ sind allerdings trügerisch. Sie kranken daran, dass sie nicht von den tatsächlichen Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktion und den dafür maßgeblichen Fakten ausgehen, und daher regelmäßig zu falschen Voraussagen der wirtschaftlichen Entwicklung führen.

 

Denn nach wie vor haben wir es mit einer anhaltenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise zu tun. Es ist eines der immer wiedergekäuten Täuschungsmanöver, wenn in den Medien der Eindruck erweckt wird, als ob ein Aufschwung der Wirtschaft von „guten“ oder „schlechten“ Politikern bzw. Managerentscheidungen abhinge. Große Teile der Profite der internationalen Monopole lassen sich aber – davon völlig unabhängig - nicht wieder maximalen Profit bringend neu anlegen, weil die Absatzmärkte mit der Ausdehnung der Produktion nicht Schritt halten. Denn im Verhältnis zur produzierten Warenmenge verdient die arbeitende Bevölkerung immer weniger. Wenn sich also keine neuen Kapitalanlagen und Absatzmärkte erschließen lassen, muss die weltweite Industrieproduktion schrumpfen.

 

Seit Anfang 2022 sinkt das Ausmaß des Welthandels. Grenzüberschreitende Investitionen und länderübergreifende Fusionen und Übernahmen – tatsächliche Kriterien für die Entwicklungsrichtung der Weltwirtschaft - sind stark eingebrochen. Seit Ende 2022 sind die Auftragseingänge in Deutschland gesunken und seit Januar diesen Jahres regelrecht eingebrochen. Das betrifft in erster Linie die Investitionsgüterindustrie wie den Maschinenbau – ein deutliches Zeichen einer sinkenden Produktion insgesamt.

 

In kaum einem Land der Welt gibt es zurzeit eine stabile Steigerung der Industrieproduktion, dagegen schrumpft sie in in sehr vielen Ländern. Das betrifft vor allem alle alten großen imperialistischen Länder, die so genannten G7-Staaten. Von den 21 führenden imperialistischen Ländern ist im letzten Halbjahr bei 13 die Industrieproduktion abgesackt, vier stagnieren, drei weisen ein leichtes Plus auf und nur in China ist sie noch nennenswert gestiegen. Wobei auch dort die Wachstumsraten sinken und die Krise im Immobiliensektor immer weitere Kreise zieht.

 

Die grundlegenden Probleme der Weltwirtschaft vertiefen sich also. Statt in neue Investitionen werden die Profite bzw. Kredite deshalb immer weiter in die Spekulation gesteckt.  Das Auseinanderklaffen der Entwicklungen der Aktienkurse und der Industrieproduktion ist  riesig. In Deutschland liegt die Industrieproduktion zurzeit fast 10 Prozentpunkte unter dem Niveau von Ende 2008. Die Aktienkurse der DAX-Monopole haben sich aber in diesen 15 Jahren fast vervierfacht. Ähnlich verhält es sich mit den Börsen-Indizes überall auf der Welt. 2009 betrug der Wert des weltweiten Aktienbestands „nur“ 35,8 Billionen US-Dollar, 2018 waren es schon 76,8 und Ende 2023 dann 113,9 Billionen.[4] Das ist mehr als das gesamte Weltsozialprodukt.[5] Die Preise der US-Aktien bilden etwa 45 Prozent des weltweiten Aktien“wertes“.[6] Ihre Marktkapitalisierung (die Summe der Preise aller Aktien) machte 2018 etwa 35,5 Billionen US-Dollar und damit das Eineinhalbfache des Bruttoinlandsproduktes der USA aus.[7] Die Börsenkurse sind daher fundamental überbewertet.

 

Die Aktienspekulation ist dabei nur ein relativ kleiner Teil einer aufgeblähten Spekulationsblase. Im Immobilienbereich sind weltweit über 300 Billionen US-Dollar Spekulationsgelder angelegt – seit 2015 eine Steigerung um mehr als 50 Prozent. Außerdem gibt es etwa 775 Billionen(!) US-Dollar, die in Derivaten[8], d.h. in rein spekulative Wetten auf Preisbewegungen angelegt wurden. Unmengen an spekulativem Kapital häufen sich aber auch im so genannten Nicht-Banken-Finanzsektor an. Vor allem konzentriert sich diese Spekulation auf Rohstoffe, Energie, Halbfertigwaren und Nahrungsgrundstoffe.