Welche Rolle spielt der Bergbau in Polen?
Fischsterben in der Oder und kein Ende
Vor zwei Jahren gab es in der Oder eine in dieser Größenordnung bisher unvorstellbare Umweltkatastrophe. Mehrere hundert Tonnen toter Fische und anderer Flusslebewesen waren das Ergebnis einer nur am Profit orientierten Politik der polnischen Bergbaukonzerne. Monatelang gab es sowohl von polnischer als auch von deutscher Seite Schuldzuweisungen, aber auch Absprachen zu einer künftigen Zusammenarbeit. Wie steht es aber konkret um die Situation?
Rote Fahne News berichtete mehrfach, u.a. hier: Legale und illegale Einleitung von Abwässern in die Oder
In der letzten Woche kam es in den Nebengewässern der Oder auf polnischer Seite zu einem erneuten Fischsterben - in der Oder selbst zunächst nicht. Vor allem ergiebiger Regen, der die Pegelstände und den Verdünnungsgrad konstant hoch hielten, waren die Faktoren, die dafür sorgten.
Stärkere Überwachung
Durch ein noch stärkeres Monitoring wollte man früher reagieren, wenn sich eine neue Katastrophe anbahnt. Monitoring bedeutet profan Überwachung. Objektiv betrachtet stellt das Monitoring eine gute Sache dar. An bestimmten Positionen entlang der Oder wurden nach dem Sommer 2022 weitere Messstationen errichtet. Stationen, die in bestimmten Abständen den Salzgehalt in der Oder messen. Diese Ergebnisse werden online abrufbereit gemacht. Zusätzlich dazu wurde auch die Methode sogenannter Bio-Indikatoren eingeführt, kleinster Insekten, die äußerst sensibel auf sich verändernde Situationen reagieren. Man hatte scheinbar alles wieder im Griff. Es gab einen Neubesatz durch heimische Fischarten. Der Tourismus begann wieder zu boomen. Da hinein passte aber keine neue Katastrophe, die aber unvermeidlich eintreten musste.
Tote Fische im Gleiwitzer Kanal
In dieser Woche wurden tote Fische im Gleiwitzer Kanal entdeckt, nicht zum ersten Mal in diesem Jahr. Der Kanal speist sich aus einem Staubecken, das durch das abgepumpte Wasser des Braunkohletagebaus gebildet wird. Die polnischen Behörden machten schnell als Ursache die Blüte der giftigen Goldalge ausfindig und griffen zur Methode der chemischen Keule. Auf Weisung des Klima- und Umweltschutzministeriums in Warschau setzen aktuell die polnischen Einsatzkräfte auf den Einsatz von Wasserstoffperoxid. Dieses Mittel wird unter hohen Sicherheitsbedingungen in einer entsprechenden Konzentration in den Kanal eingeleitet, eine Konzentration, die für andere Lebewesen im Fluss neutral sein soll. Diese Methode war kurz zuvor in einem kleinen Nebenfluss des Gleiwitzer Kanals, der Klodnica, erprobt worden. Die Klodnica mündet ebenfalls in die Oder.
Schon zu Beginn des Jahres vor neuer Umweltkatastrophe gewarnt
Der Biologe Jan Köhler, der am Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei eine Forschungsgruppe leitet, die sich mit dem Algenwachstum beschäftigt, erklärte in einem Interview mit der FAZ [1], dass er es nicht verstehe, dass die Goldalge im Stausee, der den Gleiwitzer Kanal speist, Giftstoffe gebildet hätte, in der Oder dagegen nicht. Im Labor soll nun die diesjährige Population mit der aus dem Jahre 2022 genetisch verglichen werden. In einer Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums vom 03.07.2024 wurde dazu Stellung genommen: „Polen habe (…) angekündigt, Maßnahmen zur Verringerung von Salzeinleitungen zu prüfen. (…) Dazu gehörten etwa Speicherbecken für belastetes Wasser. So könne die Einleitung gerade in den gefährlichen Sommermonaten reduziert werden. Entsalzungsanlagen allerdings seien aus finanziellen Gründen nicht geplant.“
Katarzyna Bilewska von Greenpeace Polska sieht die Anwendung von Wasserstoffperoxid kritisch: „Wasserstoffperoxid in Flüsse und Seen zu leiten, ist ein Tropfen auf den heißen Stein.“ [2] Das bringe keine langfristigen Ergebnisse, denn „die Katastrophe dauert seit zwei Jahren an. Sie ist nicht beendet, weil sie Folge dessen ist, dass Bergwerke salzhaltiges Abwasser in die Zuflüsse der Oder leiten.“ [3]
Der Kohlebergbau floriert weiterhin. Der wieder verstärkte Heißhunger auf fossile Brennstoffe, so wie es auch die AfD in ihrem "Regierungsprogramm" für Brandenburg vertritt, muss im Interesse des Kampfs gegen die weitere Ausreifung der globalen Umweltkatastrophe gestoppt werden.