Leserbrief

Leserbrief

„Der Spiegel“ entdeckt den Faschismus

Die Rote Fahne Redaktion dokumentiert einen Leserbrief von Anna Bartholomé an den „Spiegel“:

Von Anna Bartholomé

„Wie Faschismus beginnt“ titelt das Magazin Der Spiegel vom 17. August 2024 und bildet in einer Reihe Figuren ab, die für den Beginn eines neuen Faschismus stehen: Donald Trump, Marine Le Pen und Björn Höcke. Gleich eine ganze Reihe ausgemachter Faschisten wird aufgelistet: der indische Regierungschef und Hindu-Faschist Narendra Modi, die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, der argentinische Javier Milei und weitere … .


Damit verlässt der Spiegel die bisherige mediale Sprachregelung, wonach Faschisten als „Populisten“ oder „Rechtsextremisten“ verharmlost werden. Aber wer sich nun hinter der dankenswert klaren Kennzeichnung Aufklärung über Motive, Hintermänner, Ziele und Grundlagen der weltweiten faschistischen Gefahr versprach, sieht sich gründlich getäuscht. Auf ganzen neun, eng bedruckten Seiten dürfen sich jede Menge „weltberühmte“ Philosophen, Historiker und andere Besserwisser ausbreiten (die „man“ natürlich kennen muss). Mit unterschiedlichen Standpunkten von ganz rechts (wie von einem Robert Kagan, der einst zu den Vordenkern Donald Trumps gehörte) bis zu eher linksliberalen Nachdenkern werden Faschismustheorien als rein idealistische Sammelsurium ausgebreitet: der Faschismus als reines Gedankenspiel zur „Erkenntnis des Bösen“.


Ein Nebensatz weist auf materialistisch-marxistische Standpunkte hin, wonach „die Marxisten der 20iger-Jahre“ den Faschismus als vom Großkapital gefördert anprangerten. Aber „das stimmt nicht“, weiß der Spiegel. Die meisten Oligarchen hätten nichts von Hitlers Ideen gehalten. Und beschwichtigend heißt es: „Heute trifft die marxistische Diagnose viel eher zu als vor 100 Jahren. Es gibt halt nur viel weniger Marxisten“.


Aber nicht nur die Marxisten wissen heute, dass der Faschismus keine Meinung ist, sondern ein Verbrechen. Er ist Ausweg und Höhepunkt des kapitalistisch-imperialistischen Machtstrebens, das in gegenseitiger Vernichtungsschlacht Kriege anzettelt und die Ausbeutung von Mensch und Natur auf irrwitzige Spitzen treibt. Dabei kennen Faschisten keinerlei Skrupel – egal ob im islamistisch-religiös verbrämtem oder völkisch-deutschem Gewand. Nur wer diese Einheit von Theorie und Praxis begreift, wird den Weg zum gemeinsamen, internationalen Kampf finden – und mitgehen.