Solingen

Solingen

Trauer, Faschistenaufmarsch und „Gegen Faschismus jeglicher Art“

Auch am dritten Tag nach dem faschistischen Mordanschlag ist Solingen weiter im Ausnahmezustand. Die ganze Innenstadt ist voller Polizei. Morgens machte Kanzler Scholz mit NRW-Ministerpräsident Wüst seine Aufwartung. Am Abend gab es dann wieder mehrere Kundgebungen.

MLPD Solingen

Zwar würdigten die Regierungspolitiker das professionelle und ehrenamtliche Engagement aller Rettungssanitäter, Feuerwehrleute und weiterer Ersthelfer. Sie haben entscheidend dazu beigetragen, dass die 8 Schwerverletzten sehr schnell, gut versorgt und behandelt wurden sowie inzwischen alle wieder außer Lebensgefahr sind. Aber ansonsten nutzten sie den Auftritt, verschärfte Maßnahmen gegen Flüchtlinge und Asylbewerber sowie den weiteren Abbau demokratischer Rechte anzukündigen. Kein Wort von Bekämpfung der Fluchtursachen. Kein Wort zum faschistischen Charakter des Anschlags. Kein selbstkritisches Wort zur Lage der Geflüchteten in Deutschland.

 

Dafür umso mehr der Aufruf allein zur Trauer – „Wir brauchen Ruhe, keine Demos“. Jetzt keine Politik? Und das nach einem mörderischen faschistischen Anschlag und offen debattierter weitere Aushöhlung des Asylrechts? Ein billiger Versuch, berechtigte Kritik zu delegitimieren.

 

Das sozialdemokratisch-grün geprägte Bündnis „Solingen ist bunt statt braun“ passte sich dem an und organisierte bewusst erneut eine reine Trauerveranstaltung – ohne Schilder, ohne Reden. Ca. 300 Menschen beteiligten sich.

Kundgebung unter offene Führung von Faschisten gestellt

Zeitgleich und nur ca. 200 Meter entfernt rotteten sich ultrareaktionäre und faschistische Kräfte zusammen: Der aus der Querdenker-Bewegung gegen Corona-Maßnahmen hervorgegangene sogenannte „Solinger Widerstand – Freie Bergische Löwen“ – angereichert durch verschiedenste offene Faschisten von außerhalb, die den größten Teil der ca. 150 Teilnehmer stellten: „Der III. Weg“, „Die Heimat“ – auch die sattsam bekannten „Steeler Jungs“ waren angekündigt. Mit aggressiven faschistischen Parolen zogen sie durch die Innenstadt („Remigration“, „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“, „Deutschland den Deutschen!“). Die Versammlungsleiterin der Demo forderte nach einiger Zeit, „rechtsradikale Parolen“ zu unterlassen. Ohne Wirkung.

 

Sie gab daher die Versammlungsleitung ab und löste die Versammlung auf. Sofort meldete der anwesende Landeschef von „Die Heimat“ (Ex-NPD), Claus Cremer, eine Ersatzkundgebung an. Sie wurde von der Polizei umgehend genehmigt. Mit „Ausländer raus“-Rufen führte er dann die Demo weiter. Stundenlang war die Hauptverkehrsader der Innenstadt blockiert. Es ist ein unglaublicher Skandal, dass die Polizei diesen Faschisten-Aufmarsch nicht nur genehmigt, sondern auch nach Kräften geschützt hat.

Hunderte protestierten auf verschiedene Art

Hunderte größtenteils jugendliche Antifaschistinnen und Antifaschisten protestierten mutig gegen diesen faschistischen Spuk. Doch sie wurden in einem „Katz- und Maus-Spiel“ – so die Tagespresse – von einem massiven Polizeieinsatz eingekesselt. Einzelne wurden festgenommen.

 

So wurde auch der MLPD eine Protestkundgebung dagegen unter dem Motto “Gegen Faschismus jeglicher Art“ auf dem Aufmarschplatz nicht genehmigt. Sie wurde dann 200 m entfernt durchgeführt – unter massivem Polizeischutz.