Kahla
Polarisierte Debatte um internationale Arbeitereinheit
Am 27. August beim Wechsel von der Früh- zur Mittagsschicht in der Keksfabrik Griesson/de Beukelaer. Im Werk Kahla sind 600 Arbeiterinnen und Arbeiter aus 26 Nationen beschäftigt. Etwa 700 Millionen Euro Umsatz macht dieser internationale Konzern im Jahr mit insgesamt 1 800 Beschäftigten, also holt er aus jedem etwa 400 000 Euro heraus.
Arbeiter berichten uns, dass sie im Jahr 30 000 bis 40 000 Euro Lohn bekommen, also nicht mal 10 Prozent ihrer Leistung. Kein Wunder, dass die Kritik an kapitalistischer Ausbeutung, die internationale Arbeitereinheit und der echte Sozialismus bei vielen Zustimmung finden. Es gibt auch immer wieder einzelne faschistische Pöbeleien: „Haut ab!“ Von erreichten 230 Kollegen nehmen 80 die Wahlzeitung. Auch das Rote-Fahne-Magazin und das Parteiprogramm der MLPD auf Deutsch und Türkisch finden interessierte Abnehmer.
Zwei Herren von der Geschäftsleitung fühlen sich zum Einschreiten bemüßigt. Das Gelände sei fremdes Eigentum, wir sollten es verlassen. Wir bestehen auf unsere demokratischen Rechte. Sie wollen die Polizei rufen, lassen sich dann doch auf eine Debatte ein, während andere von uns weiter die Arbeiter ansprechen. Ein Geschäftsführer meint: „Wir haben in der Schule den Marxismus-Leninismus auswendig gelernt.“ Wir kritisieren diese dogmatische Schulung der bürokratischen Kapitalisten der DDR, haken nach, ob er nicht auch die Mehrwerttheorie von Karl Marx gelernt habe. Als er stolz „natürlich“ sagt, fragen wir, ob er sie auch verstanden hat? So vergeht die Zeit, die beiden Herren sehen davon ab, die Polizei zu rufen. Sie beobachten nun, wie wir alle Arbeiter erreichen, auch die aus der Frühschicht kommen. Wir finden bemerkenswert, dass trotz oder wegen der Anwesenheit der Geschäftsleitung sogar noch mehr Kollegen als zuvor die Wahlzeitung nehmen und mit uns sprechen.
Wir gehen dann noch in eine weitere Polarisierung: Einer aus der Frühschicht brüstet sich mit der AfD. Er hat einige Kollegen im Schlepptau, plaudert mit den Herren der Geschäftsleitung. Wir stellen ihn zur Rede, argumentieren sachlich gegen den Faschismus als extremsten Arbeiterfeind, propagieren die proletarische Denkweise statt Spaltung der Arbeiterklasse.
Er macht dann eine Dummheit, als er sagt: „Schau dich doch um, 60 bis 70 Prozent sind und bleiben Egoisten.“ Wir schauen uns um, wenden uns an die von ihm beeinflussten umstehenden Kollegen: „Ihr kommt gerade aus der Schicht, seid Arbeiter aus 26 Nationen und setzt selbstlos eure Arbeitskraft ein. Das geht nur gemeinsam, da hat der Egoismus keinen Platz. Die Herrschenden und vornedran Faschisten verbreiten ihre egoistische Denkweise unter euch, um ihr Ausbeutersystem aufrechtzuerhalten.“
Da zieht der AfD-ler kleinlaut von dannen. Wir fragen die Geschäftsleiter, warum sie faschistische Propaganda im Betrieb freundlich begleiten und die Diskussion über den wissenschaftlichen Sozialismus unterdrücken. Wir sagen mit Nachdruck, dass wir hier eine Änderung erwarten. Insgesamt doch etwas beeindruckt, meint einer der Herren zum Schluss: „Wann wollen Sie denn wiederkommen, etwa schon morgen …?“
Herzliche Grüße, Wahlkampfteam aus Jena/Kahla