Leserbrief

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Ein selbständiger Streik braucht Kultur!

Glückwunsch zu dem wichtigen Artikel "Lopez und Russwurm: Diktatur der Monopole live - Jetzt den "Bochumer Weg" einschlagen!". Ich darf mir noch einen Hinweis zu den Standards für einen selbstständigen Streik erlauben: Das ist die kämpferische und fortschrittliche Demonstrations- und Kundgebungskultur.

Von Günther Bittel
Ein selbständiger Streik braucht Kultur!
"Keiner schiebt uns weg" live - und sofort steigt die Stimmung (rf-foto)

Bei der Warnstreikaktion am Donnerstag vor Tor 1 Thyssenkrupp Stahl lief über die Lautsprecheranlage lange Zeit und fast ununterbrochen Elektro-Pop oder höchstens mal ACDC. Die Kollegen konnten das Mikrofon auch nicht für eine Ausspruche benutzen. Folge: Die Kolleginnen und Kollegen standen in kleinen Gruppen herum und diskutierten, die Teilnehmerzahl bröckelte zeitweise ab, die Stimmung war teils geprägt vom Warten auf die Aufsichtsratsbeschlüsse.

 

Dass wenigstens einmal live "Keiner schiebt uns weg" mit Gitarrenbegleitung gesungen wurde, das wurde genauso wie ein Redebeitrag kämpferischer Verdi-Frauen aus Duisburger Kliniken erst einmal abgeblockt. Beides wurde von umstehenden Kollegen, die darüber empört waren, dann doch durchgesetzt. Und gleich ging die Stimmung wieder nach oben, wurde kämpferisch und optimistisch.

 

Als "Keiner schiebt uns weg" fertig war, tauchte plötzlich der Gesamtbetriebsratsvorsitzende auf mit der Anweisung, das sei jetzt genug und Schluss und es ging wieder los mit der Boller-Musik. Einmal wurde als Konserve dann doch auch die "Internationale" gespielt. Live hätte das noch einmal eine andere Wucht entwickelt. Also auch Kulturarbeit und Solidaritätserklärungen müssen bewusst organisiert werden und der Kampf darum auch publik und ausgetragen werden.

 

Im Krupp-Stahlarbeiterkampf in Rheinhausen 1987/88 wurde es auch selbstverständlich, dass laufend bekannte Musiker vorbeikamen von Herbert Grönemeyer bis Klaus Lage und vor dem Tor oder in einer Werkshalle musizierten. Und auch an den Mahnwachen wurde ganz oft gemeinsam gesungen. Bündnisarbeit mit Kulturschaffenden ist auch heute wieder aktuell, und vor allem auch, selbst und gemeinsam eine kämpferische und fortschrittliche Kultur zu entwickeln!

 

Solidarische Grüße

 

Günther Bittel (u.a. Bandmitglied Fresh Game Duisburg)