Selbständiger Warnstreik an mehreren Standorten von TKSE
Bemerkenswerte selbständige Elemente
Gestern berichtete Rote Fahne News bereits über den selbständigen Warnstreik von tausenden Stahlarbeitern an mehreren Standorten bei ThyssenKrupp Steel. Der Warnstreiktag am 22. August hatte bemerkenswerte selbstständige Elemente:
Die Initiative für den Streik ging aus von einer Vertrauensleutekonferenz bei TKSE Duisburg mit 200 Vertrauensleuten. Schon die ganzen Wochen zuvor leistete die MLPD eine systematische Überzeugungsarbeit für den Weg des selbstständigen Kampfes und Streiks. Am gestrigen Morgen erschien ein Extra der Kollegenzeitung Stahlkocher unter der Überschrift „Heute nehmen wir das Heft in die Hand“. Es hatte eine 50-prozentige höhere Abnahmequote als üblich und es gab sehr gute Spendenergebnisse.
Die teils zuvor abwägend-skeptische Haltung, ob es sich lohnt, richtig zu kämpfen, war nunmehr in der deutlichen Minderheit an den meisten Toren. „Klar streiken wir heute“, meinten viele Kollegen schon morgens zur Frühschicht.
Es wurde richtig gestreikt und die Produktionen in großen Teilen stillgelegt, und zwar in mehreren Werken. Schwerpunkte waren Duisburg und Dortmund, wo die Produktion von 10:00 bis 17:00 Uhr weitgehend ruhte. In Hagen wurden je 50 Minuten auf der Mittelbandstraße in der Früh- und Spätschicht gestreikt. Es war aber noch kein konzernweiter und unbefristeter Streik, wie es notwendig ist.
Viele Kollegen machten das auch ganz bewusst als Streikaktion. Der Streik war selbständig, weil er sich gegen die Kahlschlagspläne von TKSE richtete, während gewerkschaftliche Streiks sich nur auf tariffähige Ziele beziehen dürfen.
In vielen Bereichen wurde von Vertrauensleuten und klassenkämpferischen Kollegen intensiv für die massenhafte Teilnahme überzeugt, auch gegen die Androhung von Repressionen, man dürfe nur geregelt und zeitweise heraus o.ä. Immer weniger Kollegen ließen sich davon beeindrucken.
In Duisburg und Dortmund versammelten sich ein großer Teil der Streikenden an den Toren. In Duisburg waren an Tor 1 zeitweise bis zu 1000 Streikende versammelt. An den Toren wurde diskutiert, dass Streikzeit Arbeitszeit ist und man nicht nach Hause geht.
Mehrere Tore wurden blockiert, so die Tore 4 und 7 in Duisburg. Weder LKW noch PKW oder Leute wurden hineingelassen. Am Tor 7 trotzten die Kollegen auch drei Polizeieinsätzen. Am Ende drohten ihnen zehn Bereitschaftspolizisten, die LKW ins Werk bringen wollten. Selbstbewusst sagten die Kollegen: „Hier ist Werksgelände, das ist unser Werk, hier bestimmen wir.“. Die Polizei musste tatenlos abziehen.
An verschiedenen Toren wurde demokratisch unter den Kollegen abgestimmt über die Weiterführung des Streiks. So zur Übergabe des Streiks von der Früh- auf die Spätschicht. Gegen 17:00 Uhr wurde an Tor 4 und 7 in Duisburg über verschiedene Vorschläge zur Fortsetzung des Streiks diskutiert und abgestimmt. Eine nicht unbedeutende Minderheit war dafür, den Streik direkt weiterzuführen, bis die Nachtschicht übernimmt. Noch war die Mehrheit nicht dafür. Aber in einer weiteren Abstimmung hoben alle die Hand dafür, dass der Kampf gegen das Programm von Kapitalistenchef Russwurm und Lopez weitergehen muss. Es war allen klar, das ist ein guter Zwischenschritt, aber nicht das Ende des Kampfes.
Der Streik war in Dortmund mit einer eigenständigen Demonstration verbunden. Aus Dortmund wird berichtet: „Pünktlich um 10:00 Uhr legten die Kollegen am Standort von TKSE in Dortmund bis auf eine alle Anlagen still. Mit einer Demo zum Borsigplatz wurde kurzzeitig die Zufahrt des Zubringers zur B2 136 blockiert“. An Tor 1 in Duisburg wurde zeitweise der gesamte Straßenverkehr, samt der Straßenbahn blockiert.
An mehreren Toren gab es offene Mikrofone zur demokratischen Aussprache.
Das Auftreten der MLPD wurde von den überwiegenden Zahl der Kollegen sehr positiv aufgenommen. Selbst ein Großteil der IG-Metall Funktionäre war nicht feindselig, sondern die MLPD war wie selbstverständlich dabei. In Dortmund sprach der Sprecher der Stahl-Betriebsgruppe der MLPD, Gerd Pfisterer überzeugend über die Bedeutung eines unbefristeten selbständigen Streiks. Vereinzelte antikommunistische Attacken auf klassenkämpferische Kollegen oder MLPD-Genossen kamen nicht durch.
Die konkrete reformistische Taktik war gescheitert. Zuvor waren die Enthüllung von „Stahlkocher“ und Rote Fahne News und Print, dass es um einen Generalangriff auf die Stahlarbeiter geht mit der geplanten Vernichtung von mindestens 50 Prozent der Arbeitsplätze, von Reformisten als Hirngespinste diffamiert worden. Jetzt wurde offensichtlich, dass alles, was von "Stahlkocher" und Rote Fahne vorausgesagt wurde, in den jetzigen Vorstandsplänen beinhaltet ist, einschließlich mehrerer Werksschließungen. Noch gibt es aber unter Kollegen Hoffnungen auf Alternativen, Verhandlungen und Ähnliches. Hier muss das Bewusstsein wachsen, dass unter Führung des Chefs des Monopolverbands BDI, Russwurm, im Stahlbereich auch ein Exempel statuiert werden soll: Radikal die „Deutschland zuerst“-Pläne durchzusetzen, den Stahlbereich nur noch auf machtpolitische Fragen wie die Rüstung und superprofitable Bereiche zu konzentrieren. Da haben sich die führenden Monopole und bürgerlichen Politiker längst vereinheitlicht.
Zur Vereinheitlichung über die Streikziele sollte die Diskussion über den Vorschlag des "Stahlkochers" zu einem Kampfprogramm intensiviert werden.
Anhänger der AfD und andere rückschrittliche Kräfte verbreiten eine ätzende, negativistische Stimmung, wenden sich oft gegen die Streikteilnahme, sähen Misstrauen untereinander. Der kämpferische Tag war auch eine Niederlage für die faschistische AfD.
Das Bewusstsein muss auch noch wachsen, dass ein unbefristeter selbstständiger Streik ein politischer Paukenschlag der Industriearbeiterschaft wäre und auch schlagartig der politische Gärungsprozess eine klare Richtung bekäme.
An vielen Toren wurde auch intensiv über die sozialistische Alternative diskutiert. Denn natürlich ist es möglich, im Kapitalismus Werke eine Zeit lang durch den Kampf zu erhalten. Aber eine grundsätzliche Lösung setzt eine sozialistische Gesellschaft voraus.
Die Reformisten waren in der Defensive und mussten reagieren. Eilig wurden mobile Betriebsratsbüros an die Tore verlegt, um die Kontrolle der Aktion zu erlangen. Unter Kollegen gab es auch die Sorge, dass es ohne diese Betriebsratsbüros zu Repressalien kommt bzw. die Arbeitszeit nicht bezahlt wird. Kollegen meinten aber: „Eine Abmahnung wäre mir jetzt auch egal, wenn es um die Schließung des ganzen Werkes geht.“ In den letzten Jahrzehnten haben die Monopole sich nie getraut, bei großen Arbeiterkämpfen danach zu Repressalien zu greifen. Aber man muss natürlich darauf eingestellt sein und einen solchen Kampf mit aller Härte und auch gegen alle Repressionsdrohungen führen. Es gehört auch zum nötigen Bewusstsein, davor nicht mehr zurück zu schrecken und sich nicht einschüchtern zu lassen.
An dem Streiktag wuchs eindeutig die Richtung für einen unbefristeten selbstständigen, konzernweiten Massenstreik bei TKSE. Jetzt werden die Erfahrungen intensiv verarbeitet. Nach dem selbstständige Streik ist vor dem selbstständigen Streik – dann aber auf höherem Niveau – unbefristet und konzernweit, bis die Kahlschlagspläne vom Tisch sind!