Eisenach

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Bergleute und Montagsdemos setzen Signal gegen Sozialkahlschlag und Faschismus

Im thüringischen Eisenach im Zentrum Deutschlands – dort, wo Ost und West ineinandergreifen – feierte die bundesweite Montagsdemo-Bewegung heute ihr 20-jähriges Bestehen. Diesmal erstmals gemeinsam auch mit der Bergarbeiterbewegung „Kumpel für AuF“ unter dem Motto „Arbeiter und Erwerbslose gemeinsam gegen Faschismus und Sozialkahlschlag“.

Von ms/hs
Bergleute und Montagsdemos setzen Signal gegen Sozialkahlschlag und Faschismus
Fronttransparent von Montagsdemonstranten, Flüchtlingen, Rebellen und Bergleuten (Foto: RF)

Rund 800 Menschen aus ganz Deutschland kamen zu Beginn der Abschlusskundgebung zusammen; über 1.000 Leute nahmen zumindest teilweise an Demo oder Kundgebung teil. Sie kamen aus Rostock und München genauso wie aus Gelsenkirchen und Dresden. Montagsdemonstranten aus vielen Orten zogen zwei Stunden lang durch verschiedene Eisenacher Wohngebiete, aber auch Delegationen aus Betrieben – von ThyssenKrupp, Mercedes, Opel, VW, Ford, Infineon, Airbus und vom Uniklinikum Duisburg. Vorneweg bei der Demo liefen die Kumpels mit.

 

Man sah Fahnen der IG Metall, von ver.di und der IGBCE. Es gab einen Block des Internationalistischen Bündnisses, des Frauenverbands Courage, der Umweltgewerkschaft, von „Kumpel für AUF“ sowie von Solidarität International gemeinsam mit dem Freundeskreis Flüchtlingssolidarität. Dabei waren auch Vertreter verschiedener überparteilicher Kommunalwahlbündnisse oder von der Linkspartei. Von den politischen Parteien am stärksten vertreten war die MLPD mit ihrem Jugendverband REBELL.

Große Aufmerksamkeit und viel Interesse

Die Demonstration stieß auf große Aufmerksamkeit und viel Interesse unter der Bevölkerung. Es ging vorbei an Biergärten und Straßencafes, an Imbissen und Gärten. Von vielen Fenstern und Balkonen schauten Leute zu, manche winkten zustimmend.

 

Am Rand der Demonstration wurden Tausende Gespräche mit Anwohnern und Passanten geführt. Viele bedankten sich dafür, dass diese Demonstration in ihrer Stadt stattfindet. Oft hörte man: „Das ist genau richtig, was ihr macht. Man muss gegen die soziale Demontage auf die Straße gehen, aber auch gegen die faschistische Gefahr.“ Freilich gab es auch einzelne ablehnende Reaktionen von Kopfschütteln bis Beschimpfungen. Wenn man mit von der AfD beeinflussten Leuten in die Diskussion kam, brachten sie die Argumente nicht selten zu Nachdenken.

Kompetenz und breites Spektrum

Zahlreiche Rednerinnen und Redner am offenen Mikrofon der anschließenden Demonstration verdeutlichten die Kompetenz und das breite Spektrum der Montagsdemo-Bewegung. Sie nahmen auch die verlogene Demagogie der AfD nach Strich und Faden auseinander und wiesen nach, dass diese Partei faschistisch ist.

 

Andreas Tadysiak, Sprecher von „Kumpel für AUF“, berichtete, wie sich der Essener AfD-Politiker Guido Reil als Betriebsrat bei der RAG zuerst für die Liquidierung der Kohlebergbaus einsetzte, um sich dann den gekündigten Bergleuten der Zeche Prosper anzudienen. Von seinen vollmundigen Versprechungen, sich im Europaparlament für sie einzusetzen, blieb nur die Vertröstung auf eine „anständige Beerdigung“ ihrer Arbeitsplätze.

 

Ein Vertrauensmann von Infineon aus Dresden überbrachte die „Geburtstagsgrüße“ des Betriebsratsvorsitzenden von Global Foundries und forderte dazu auf, sich in den Gewerkschaften für klare Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen Faschisten einzusetzen.

Wer liegt wem auf der Tasche?

Polemisiert wurde gegen die unsäglichen Pläne, das Bürgergeld zu kürzen oder ganz abzuschaffen. Es sind Leute wie Christian Lindner von der FDP, die in mondänen Hotels Unsummen für eine Luxusheirat rauswerfen und dann den Bürgergeldempfängern vorwerfen, sie bekämen zu viel Geld.

 

Als die Demonstration am örtlichen Sitz der faschistischen Partei „Die Heimat“ (ehemals NPD) vorbeizog, wurde Oberfaschist Patrick Wieschke attackiert, der sich erdreistete, die Demo vom Fenster aus zu filmen. Nachdem er seine eigenen Kumpane verpfiffen hatte, ließ der Staatsapparat den wegen Volksverhetzung, Körperverletzung und Sprengstoffexplosionen Verurteilten rechtzeitig zur Wahlkandidatur wieder frei. Die Moderatorin forderte, dass die Polizei seine Filmerei sofort unterbindet.

Ausgelassene Stimmung bei sonnigem Wetter

Auf der Abschlusskundgebung vor der historischen Kulisse des Marktplatzes herrschte ausgelassene Stimmung bei sonnigem Wetter. Aufgebaut waren zahlreiche Verpflegungs- und Informationsstände. Auch viele Eisenacherinnen und Eisenacher sowie Touristen kamen an der Kundgebung vorbei, verfolgten sie in den umliegenden Cafes und nutzten zum Teil die Gelegenheit, die bundesweite Montagsdemo-Bewegung und die darin aktiven Kräfte kennenzulernen.

 

Vielfältige musikalische Beiträge, Gedichte, Grußworte und Redebeiträge brachten das Zusammenkommen der verschiedenen gesellschaftlichen Bewegungen und Kräfte zum Ausdruck. Wie die Arbeiterplattform im Internationalistischen Bündnis oder eine Delegation aus drei Opel-Standorten, geleitet vom Gedanken „Arbeiter und Arbeitslose Hand in Hand, Kampf dem Faschismus in jedem Land“.

So gehen Faschisten an der Regierung vor

Internationale Teilnehmer überbrachten ihre Grüße, wie Fabio von der italienischen Basisgewerkschaft SI Cobas. Er informierte darüber, wie sich die Faschisten mit ihrer Chefin Giorgia Meloni zunächst als volksnah verkauften, kaum an der Regierung aber ein volksfeindliches Programm der Kürzungen, Streichungen und des Abbaus demokratischer Rechte und Freiheiten auflegten.

 

Monika Gärtner-Engel, Hauptkoordinatorin der revolutionären Weltorganisation ICOR, betonte, wie wichtig es ist, nicht nur gegen den Faschismus zu argumentieren, sondern vor allem auch für eine sozialistische Alternative einzutreten. Sie lud alle zum Seminar „Lenins Lehren sind lebendig“ ein, das vom 13. bis 15. September in Truckenthal/Thüringen stattfindet. Empörung kam auf, als sie über erneute Schikanen und Visaverweigerungen der deutschen Regierung zu diesem Seminar berichtete.

Einladung zum Wahlkampfabschluss der Internationalistischen Liste/MLPD

Gabi Fechtner, Parteivorsitzende der MLPD, berichtete davon, wie die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer in den letzten Wochen im Thüringer Landtagswahlkampf voll in die Offensive gingen und Zehntausende Gespräche führten. Sie brachte den Vorschlag von Stefan Engel ein, im Wahlkampf in Thüringen die Hauptlosung der MLPD "Wer AfD wählt, wählt Faschismus" zu ergänzen. Zusätzlich sollte es heißen: "Wer den Faschismus der AfD bekämpfen will, muss die MLPD unterstützen!" Unterstützen, das bedeutet, sich zu organisieren, die MLPD zu stärken, für sie zu spenden und natürlich sie am 1. September auch zu wählen.

 

Eine weitere Schlussfolgerung - auch für die letzten Wahlkampfwochen - sah sie  auch darin, den Kampf gegen die Gefahr des Faschismus und gegen das faulende kapitalistische System verstärkt mit einer breiten Bündnisarbeit zu verbinden, sich über weltanschauliche und politische Differenzen hinweg zusammenzuschließen und vereint zu kämpfen. Sie lud dafür alle herzlich zum Wahlkampfabschluss am 31. August in Erfurt ein.


Alles in allem ein erfolgreicher Tag, an dem sich die Montagsbewegung als „soziales Gewissen“ Deutschlands gemeinsam mit der Bergarbeiterbewegung deutlich Respekt und Anerkennung in der thüringischen Industriestadt Eisenach verschafft hat.