Landesweite Demonstrationen
Frauenproteste in Polen beleben sich wieder
Im Herbst letzten Jahres ist die verhasste faschistoide PiS-Regierung abgewählt worden. Auch wenn sich die meisten wenig vom neuen Regierungschef Tusk von der "Bürgerplattform" erwarteten, so war die Hoffnung noch vor allem auf eins gerichtet: auf sein Versprechen, das europaweit rückschrittlichste Abtreibungsrecht endlich zu lockern.
Und so brachte seine Regierung Mitte des Monats einen Gesetzentwurf dazu ins Parlament ein, nachdem »Beihilfe zum Schwangerschaftsabbruch« endlich keine Straftat mehr sein sollte ... und verlor die Abstimmung. Teile der Regierung waren gegen die Änderungen. Alles bleibt also vorerst beim Alten.
Die Frauenbewegung ist zu Recht empört
Frauenrechtsgruppen hatten umgehend zu landesweiten Demonstrationen aufgerufen. Um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, entband Ministerpräsident Tusk den Vizeminister für Entwicklung und Technologie von seinen Aufgaben. Er und zwei weitere Abgeordnete seiner eigenen Partei hatten bei der Abstimmung gefehlt oder sich enthalten. Genau drei Stimmen haben der Regierung bei der Abstimmung gefehlt.
Über die Konsequenzen berichtet die Junge Welt am 26. Juli: "Damit sind Angehörige, Freunde und Unterstützerinnen ungewollt schwangerer Frauen nach wie vor mit bis zu drei Jahren Gefängnis bedroht, wenn sie zum Beispiel Betroffene ins Ausland zum Abbruch begleiten. Dasselbe droht Menschen, die Schwangeren sogenannte Abtreibungspillen verschaffen oder Aktivistinnen von Frauennetzwerken wie dem »Abortion Dream Team«, die Kontakte zu Arztpraxen in Deutschland oder Österreich vermitteln, in denen Abbrüche vorgenommen werden."
In Polen sind 2023 nur 423 Schwangerschaften legal beendet worden, da "Leben und Gesundheit der Schwangeren" in diesen Fällen gefährdet gewesen waren. In zwei Fällen seien die Schwangerschaften durch Straftaten, also Vergewaltigungen, entstanden. Zum Vergleich: In Deutschland wurden 2023 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 106.000 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet.
Die polnische Frauenbewegung tut gut daran, an den Erfahrungen der massive Frauenproteste vor gut fünf Jahren anzusetzen. Von der neuen Regierung ist keine Verbesserung für die Lage der Frauen zu erwarten. Tusk wurde von der EU als der fortschrittliche Gegenpol zur vorherigen Regierung gefeiert. Medien titeln, dass angeblich jetzt die Demokratie in Polen wieder hergestellt sei. Solche praktischen Erfahrungen zeigen jedoch: ohne Kampf der Massen wird sich nichts zum besseren wenden.