Internationalismus Live
Eindrucksvolle Veranstaltung über 13 Tage auf dem indischen Subkontinent
In Saris gekleidet, traditionelle indische Gewänder, betreten Anna Schmit und Gabi Fechtner die Bühne im Kultursaal. Viele sind am 23. Juni nach Gelsenkirchen-Horst gekommen, trotz sonntäglicher Konkurrenzprogramme und Urlaubszeit. Und sie werden mit einem eindrucksvollen Bericht belohnt über die Reise einer fünfköpfigen MLPD-Delegation durch Indien, Nepal und Bangladesch.
„Für die Besichtigung der einschlägigen Sehenswürdigkeiten gab es wenig Gelegenheit“, stellt Gabi Fechtner, die als Parteivorsitzende die Delegation leitete, gleich zu Beginn klar. Ursprünglicher Anlass der Reise war die Einladung zum 8. März nach Bangladesch mit Demonstration und Seminar. Die MLPD war außerdem eingeladen zu einem Parteitag, auf dem sich drei indische marxistisch-leninistische Parteien vereinigten. „International gibt es derzeit eine ganze Reihe von Spaltungen, aber auch Neugründungen und Vereinigungen, oft verbunden mit der Positionierung zum Ukraine-Krieg, zu Palästina oder dem Kampf gegen Faschismus. Auf diesen Prozess wollten wir Einfluss nehmen mit unserem klaren internationalistischen Arbeiterstandpunkt. Besonders in Indien interessierte uns aktuell auch, wie gegen den Faschismus von Ministerpräsident Modi gekämpft wird. Und natürlich wollten wir rein ins lebendige Leben der Arbeiter und der breiten Massen.“
Nach jeweils einem kurzen Crashkurs über die Geschichte der drei Länder ging es dann mitten rein in die prall gefüllte Reise.
Indien – neuimperialistischer Riese
Indien hat 1,4 Milliarden Einwohner, mehr sogar als China! In Bildern und Zahlen berichtet die Delegation vom schreienden Widerspruch zwischen hochproduktiven internationalen Übermonopolen und unvorstellbarem Hunger und Elend. Warum die MLPD Modi als Faschisten bezeichnet, wurde deutlich. Als Ministerpräsident vom Bundesstaat Gujarat hatte er ein grausames Massaker von faschistischen Hindus an Muslimen angefeuert, dann verhindert, dass die Polizei einschritt und an die Stelle von zerstörten Moscheen Hindu-Tempel bauen lassen.
Viel diskutiert wurde, ob Indien ein neuimperialistisches Land ist, wie die MLPD analysiert hat. Für unseren Standpunkt gibt es eine Öffnung und verschiedene Parteien machen selbst Analysen zu den großen indischen Monopolen Mahindra, Ambani, Tata, Arcelor-Mittal.
Nach einem Treffen mit der CPI ML New Democracy in New Dehli gings nach Khammam. 25.000 sind dort bei einer revolutionären Massendemonstration und der Konferenzeröffnung für den Vereinigungsparteitag der CPI ML Massline. Weitere Gespräche gab es in Hyderabad, dann ging es nach Kalkutta, wo die MLPD sich mit der Partei SUCI traf.
Die Zuhörer im Kultursaal staunten nicht schlecht, als sie von der neunstündigen Serie kleiner Veranstaltungen mit verschiedenen Flügeln und Massenorganisationen der Partei hören. „Man weiß nie genau, was da kommt“ sagt die Delegation lachend. Die Delegation berichtet immer auch ausführlich zur Arbeit der MLPD zu den jeweiligen Bereichen – unter Arbeitern, Ärzten, Wissenschaftlern, Bauern. Das interessiert die indischen Genossen sehr. Die Vertreter der Bauern sagen gleich im ersten Satz, dass Indien ein imperialistisches Land ist.
Die Preise explodieren, immer mehr Bauern verlieren ihr Land. Unvorstellbare 400.000 Bauern haben sich in den letzten 15 Jahren das Leben genommen. Ermutigend wiederum: 1 Million haben sich an der Blockade 2023 beteiligt und es gab eine Einheitsfront mit 499 Organisationen mit führender Rolle der Revolutionäre. Erstmals musste ein Gesetz der Modi-Regierung bezüglich der Preise zurückgenommen werden.
Bangladesch
Kurze Videos zeigen, wie sich die sehr kämpferische Demo zum 8. März in einem Affenzahn den Weg durch einen recht chaotischen Verkehr bahnt. Textilarbeiterinnen, die in deutschen Medien eigentlich nur als leidende Opfer auftauchen, berichten auf der Kundgebung stolz, wie sie den Mindestlohn hart erkämpft haben, obwohl die Polizei vier Arbeiterinnen erschossen hat. „Sie sprechen alle frei, ohne Redenmanuskripte, sehr klar und entschlossen. Da sage noch mal jemand, es gebe keine Arbeiterklasse mehr oder diese sei nur leidendes Opfer! Am meisten Beifall brandete bei den Reden auf, wenn gesagt wird, dass die Perspektive der Befreiung der Frau im Sozialismus liegt.“
Abends findet ein Meeting mit über 80 Textilarbeiterinnen aus über 35 Bezirken statt. Gabi Fechtner wird spontan um eine Rede gebeten, für die es viel Applaus gibt. An dem Abend kommt von Gabi die Idee eines gemeinsamen Kampftages, der bereits am 1. Juni stattfand und in Deutschland von ver.di aufgeriffen wurde. Es folgten ein zweitägiges Frauenseminar und viele weitere Dinge, die den Rahmen dieses Artikels sprengen.
Es gab viele bilaterale Gespräche. Sehr bewegend mit Haider Akbar Khan Rano, der nur einen Monat nach der Reise verstorben ist. Er war die anerkannte Autorität, bekannter Autor und revolutionärer Führer der CPB in Bangladesch.
Nepal
Den Schluss der Reise verbringt die Delegation auf dem Dach der Welt. In Nepal führten die kommunistischen Parteien 1996 einen Volkskrieg zum Sturz der Monarchie. Der König wurde verjagt durch eine Massenbewegung. Diese Parteien sitzen heute selbst in der Regierung. Unter den Massen in Nepal sorgt das für einige Verwirrung, weil diese Parteien jetzt selbst als „korrupt“ gesehen werden und die Leute unzufrieden sind. Verschiedene Imperialisten schachern um den Haupteinfluss auf Nepal, USA, China und vor allem Indien, das sogar einen Teil Nepals besetzt hat. Gastgeber in Nepal ist NCP-Mahal, mit der die MLPD eng in der ICOR zusammenarbeitet.
Mit ihrem Vorsitzenden MB Singh wird die Übersetzung des Revolutionären Weg 37, „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus“ auf Nepali vereinbart, sowie, dass rund um das theoretische Seminar der Frauenbewegung in 2025 in Nepal eine Frauen-Trekking-Tour organisiert wird.
Glückwunsch zu erfolgreicher Reise
Nach dem Vortrag gibt es indische Köstlichkeiten – gefüllte Teigtaschen, das legendäre Byriani-Gericht und allerlei indische Snacks. Essen war ein wichtiger kultureller Bestandteil auf jeder Station der Reise. In der Diskussion nach dem Vortrag bekunden viele erst mal ihren Respekt. „Toller Job, den ihr da gemacht habt!“ Es werden viele Fragen gestellt und kompetente Fachleute wie Klaus Wallenstein, der jahrelang für die MLPD für Indien verantwortlich war, bereichern den Vortrag.
Jede Gelegenheit zur Verbindung mit den Leuten zu nutzen, wie das Joggen in einem Frauenpark in Kalkutta, oder auf den Demos, das war genau richtig. Aber auch, klar und offen zu diskutieren. Denn es muss ja darum gehen, dass die Vereinheitlichung der marxistisch-leninistischen Parteien weltweit wirklich voran kommt. Und dazu hat die Reise einen wichtigen Beitrag geleistet.