Frankreich

Frankreich

Welche Kräfte wirken in der Neuen Volksfront (NFP - Nouveau Front Populaire)?

Als Ausdruck des antifaschistischen Bewusstseins zur Verhinderung einer Regierung des faschistischen Rassemblement National haben die Franzosen besonders dem neu gegründeten Wahlbündnis "Neue Volksfront" bei der Stichwahl zum Parlament am 7.7.24 die Stimme gegeben. Dieses hat am mit 182 meisten Sitze. Ein Diskussionsbeitrag zur Einschätzung des Bündnisses.

Von Korrespondenten aus Gelsenkirchen und Frankreich

Die Neue Volksfront bezieht sich auf die historische Volksfront in Frankreich, die für viele Menschen positiv besetzt ist. Eine Korrespondentin schreibt uns dazu: „Der Sieg der Volksfront war ein Schock für die Bourgeoisie und löste im Mai und Juni 1936 eine breite Streikbewegung in den Fabriken aus. (…) die Regierung verhandelte über wichtige Sozialreformen, wie die Verkürzung der Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche und die Einführung von zwei Wochen bezahltem Urlaub.“

 

Die "Neue Volksfront" vereint bürgerliche Kräfte (Parti Socialiste mit Hollande, dem Ex-Präsident), der kleinbürgerlichen Linken (La France insoumise - "Unbeugsames Frankreich") und den französischen Grünen mit der kleineren trotzkistischen NPA, der revisionistischen Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF) und weiteren Organisationen mit fortschrittlichem Anspruch.

 

Über das Kräfteverhältnis schreibt die Korrespondentin: „La France insoumise (LFI) ist der radikal-reformistische und stärkste Block in der "Neuen Volksfront". Ihr Anführer Jean-Luc Mélenchon ist ein Ex-Trotzkist, später war er Mitglied der PS und zeitweise im Senat.

 

Die LFI ist eine „Bewegung“, keine Partei mit Mitgliedschaft, Wahlen etc. Es werden immer wieder Machenschaften und fehlende Demokratie kritisiert, besonders an J-L Mélenchon.

 

Während des Kampfes um die Renten 2023 hat sich die LFI im Parlament heftig gegen die reaktionäre Reform gewehrt. Sie hat als Ganzes bei der Mobilisierung von Millionen von Menschen im Jahr 2023 wenig bis nichts getan, um die Blockadepunkte oder die von den rechten Führungen der Gewerkschaftsbewegung auferlegten Grenzen zu überwinden. Sie haben nicht auf einen unbefristeten Generalstreik gedrängt.“

 

Über die Perspektive des Bündnisses berichtet die Korrespondentin: „In der gegenwärtigen Massenmobilisierung muss zwischen den Parteiführungen der "Neuen Volksfront" und der Masse vor allem der Jugend, Arbeiter, Frauen, die gegen den Rassemblement National auf verschiedene Weise demonstriert haben, unterschieden werden.

 

Die Massenbewegung hat zum Wahlerfolg der "Neuen Volksfront" geführt! Der Zusammenschluss hat den Traum vieler in Frankreich von der "Einheit der Linken" mobilisiert. Die Hetze von Macron und der RN gegen die "Neue Volksfront" hat das Bündnis nur noch populärer gemacht. Das nächstliegende Ziel der Massenbewegung, die Verhinderung einer absoluten Mehrheit der RN, wurde erreicht. Inwieweit … die RN zurückgedrängt wird, hängt wesentlich von der Massenbewegung ab. Dazu muss aber deren Bewusstsein und Organisiertheit wachsen und die Anbetung der Spontaneität sowie parlamentarische Illusionen überwunden werden.“

 

In der neuen Resolution der antiimperialistischen Einheitsfront gegen die faschistische Gefahr heißt es: "Gegen das Erstarken der faschistischen Richtung braucht es eine breite antifaschistische Einheitsfront …  . Der schnelle Zusammenschluss in der 'Neuen Volksfront' in Frankreich und ihre hohen Stimmenergebnisse unterstreicht das Potenzial eines solchen Zusammenschlusses. Dieser muss offen für die sozialistische Alternative sein und die Arbeiterklasse das starke Rückgrat bilden." Das "Potenzial" muss man sehen, ohne die "Neue Volksfront" mit der Einheitsfront gleichzusetzen.

Das Programm der "Neuen Volksfront" ist antifaschistisch - insgesamt eine Mischung aus fortschrittlichen und rückschrittlichen Positionen:

So unterstützt sie den NATO-Kriegskurs in der Ukraine: "Wir werden die Souveränität und Freiheit des ukrainischen Volkes sowie die Integrität seiner Grenzen unnachgiebig verteidigen", insbesondere "durch die Lieferung der notwendigen Waffen", heißt es.

 

Ihre konkreten Forderungen zu Palästina kann man hingegen unterstützen: Das Bündnis fordert die "sofortige Anerkennung des Staates Palästina neben dem Staat Israel" und den "Bruch mit der schuldhaften Unterstützung der französischen Regierung für die rechtsextreme … Regierung von Netanjahu, um einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza zu erzwingen und den Beschluss des IGH [Internationaler Gerichtshof] durchzusetzen, der unmissverständlich auf die Gefahr eines Völkermords hinweist".“

 

Die Rente mit 64 soll rückgängig gemacht werden, der Mindestlohn auf 1600 Euro angehoben und die Löhne an die Inflation angepasst werden.