Iran

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„Der Protest jetzt ist wie ein Feuer unter der Asche“

Die Wahl des „Reformers“ Massud Peseschkian zum iranischen Präsidenten wird in bürgerlichen Medien gelobt.

Von lm
„Der Protest jetzt ist wie ein Feuer unter der Asche“
Eine streikende Belegschaft im Iran des Jahres 2022 (foto: privat)

Sie hoffen, dass der Iran die Wirtschaftsbeziehungen zu den westlichen Imperialisten wieder intensiviert. Und sie hoffen – wie es ein Kommentator der Süddeutschen Zeitung am 8. Juli ausdrückt – dass die Iraner mit dem Vertrauen in Peseschkian nicht „an Wandel allein durch Revolution“ glauben.

 

Ein faschistisches Regime kann seine Macht nicht allein durch brutalen Terror sichern. Es setzt in der Nebenseite auch den Betrug ein, um eine Akzeptanz durch eine Massenbasis zu erhalten. Und weil diese dramatisch schwindet, ließ das Regime Peseschkian, der Chamenei treu ergeben ist, als Schein-Hoffnungsträger kandidieren. Im ersten Wahlgang hatten 60 Prozent die Präsidentenwahl boykottiert; in der Provinz Kurdistan nahmen nur 23 Prozent an der Wahl teil. Auch an der Stichwahl am 5. Juli nahmen weniger als 50 Prozent der Wähler teil. Dabei waren Staatsbedienstete sogar gezwungen worden, zur Wahl zu gehen. Die Frauen im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis hatten in einem 15-minütigen Protest „Tod dem Diktator“ sowie „Frau, Leben, Freiheit“ skandiert und zum Wahlboykott aufgerufen. Männliche Gefangene schlossen sich an. Peseschkian wird für den Tod einer Journalistin in Polizeigewahrsam in seiner Zeit als Gesundheitsminister mitverantwortlich gemacht.

 

Auch wegen der Gefahr, sofort verhaftet und hingerichtet zu werden, finden aktuell keine Massendemonstrationen statt. Die iranische Kurdin Hero Ghadimi äußerte:  „Der Protest jetzt ist wie ein Feuer unter der Asche“¹.  Erst am 4. Juli verurteilte ein Gericht die Gewerkschaftsaktivistin Sharifeh Mohammadi wegen „Rebellion“ zum Tode. Ihr wird ihre Zugehörigkeit zum Koordinationskomitee für Bildung von Arbeiterorganisationen und die angebliche Mitgliedschaft in der sozialistischen kurdischen Komala-Partei angelastet. Sie wurde in der Haft gefoltert und der Kontakt zu ihrer Familie und ihrer kleinen Tochter wurde ihr verweigert. „Der Einsatz für Arbeiterrechte ist kein Verbrechen“, heißt es in einem Kampagnenaufruf zur Aufhebung des Todesurteils. Die Organisation für Menschenrechte, Hengaw, registrierte allein für Juni 83 Festnahmen durch iranische Geheimdienste und mindestens elf Hinrichtungen.

 

Wirkungsvoller und immer gefährlicher für das faschistische Regime sind Streiks. Zwischen März 2023 und März 2024 wurden 1600 Streiks registriert.² Darunter waren auch die Stahlarbeiter von Ahvaz, die im Januar mehrere Tage streikten. Mit gutem Grund: Die Löhne liegen unter 237 US-Dollar, die Kosten für den Lebensunterhalt liegen bei 711 US-Dollar.³

 

Ende Juni begannen 20.000 Vertragsarbeiter in der Öl- und Gasindustrie einen Streik. Sie sind nicht fest bei den Ölgesellschaften angestellt, sondern bei 110 Subunternehmern. Der „Rat für die Organisierung der Proteste der ÖGI-Vertragsarbeiter“ veröffentlichte deren Forderungen: feste Anstellungen, Abschaffung der Subunternehmen, Lohnerhöhungen, einen festen Arbeitsrhythmus von 14 Tagen Arbeit und 14 Tagen Ruhe, die Verbesserung der Unterkünfte, Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in gnadenloser Hitze und mehr Sicherheit am Arbeitsplatz.⁴ Die Herrschaft des faschistischen Regimes wird durch den neuen Präsidenten nicht nachhaltig gefestigt.

 

Diesen streikenden Arbeitern gehört die internationale Arbeitersolidarität, ebenso den politischen Gefangenen, aktuell Sharifeh Mohammadi. Sie braucht die breite internationale antifaschistische Solidarität für die Aufhebung des Todesurteils und für ihre Freilassung.