Krefeld

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"Völkermord in Gaza": Der verbotene Begriff?

Samstagnachmittag: Ich fahre in Richtung Innenstadt zur Kundgebung „Frieden für Palästina! Stoppt den Krieg gegen Gaza!“. Mit dabei: Das Wahlplakat der Internationalistischen Liste / MLPD „Stoppt den Völkermord in Gaza!“. Zwei Stunden später komme ich mit einer Anzeige der Polizei zurück. Mein Verbrechen: das Wahlplakat … . Am Kundgebungsplatz: Ehe es richtig losgeht, kommt der Einsatzleiter der Polizei zu mir. Durchaus höflich teilt er mir mit, dass der Staatsschutz die Losung auf meinem Plakat als „strafverfolgungswürdig“ oder so ähnlich einstufe. Er müsse also Anzeige erstatten, wenn ich das Schild weiter zeige.

Korrespondenz
"Völkermord in Gaza": Der verbotene Begriff?
Rechts das beanstandete Plakat, das die Internationalistische Liste / MLPD breit im Europawahlkampf plakatiert hatte. Es ist nicht verboten (rf-foto)

 Ich sage ihm, dass dieses Plakat wochenlang in Krefelds Straßen hing, genauso wie in vielen anderen Städten. Und dass ich es mir nicht nehmen lasse, die Dinge beim Namen zu nennen. Das nimmt er zur Kenntnis, ich behalte das Plakat.

 

Wir machen eine kleine Demonstration durch die Innenstadt. Zwischenkundgebung am belebten Neumarkt, Krefelds zentralem Platz in der Fußgängerzone. Der Versammlungsleiter von der Linkspartei lässt mich ans Mikrofon, damit ich von der angekündigten Anzeige berichten kann: „‘Stoppt den Völkermord in Gaza!‘ soll strafbar sein? Das heißt ja wohl, dass ‚für den Völkermord in Gaza‘ zu sein, erlaubt ist? Wir bleiben bei unserer Unterstützung des Lebensrechts und des Befreiungskampfes des palästinensischen Volkes! Wir greifen niemanden an, weil er jüdischen Glaubens oder aus Israel ist, sondern wir greifen den Krieg der faschistoiden israelischen Regierung an - und die Bundesregierung, die diesen Krieg unterstützt und jede Kritik daran mit dem Bannstrahl des Antisemitismus belegt. Überhaupt ist es sehr aufschlussreich, dass hier der Staatsschutz festlegt, was strafverfolgungswürdig ist und was nicht …“ Die Demonstrationsteilnehmerinnen und Demonstrationsteilnehmer solidarisieren sich mit Beifall; die Gäste in den Straßencafés hören aufmerksam zu. Als die Demo weitergeht, sehe ich am Straßenrand etliche erhobene Daumen in Richtung meines Plakates.

 

Die Anzeige wird kommen, das teilt mir die Polizei noch mit. Sie hat jedenfalls dafür gesorgt, dass die Losung „Stoppt den Völkermord in Gaza!“ und die Haltung der Bundesregierung dazu zentrales Thema unter Demonstranten und Zuschauern wurde. Und ich stelle mal wieder fest, wie richtig es ist, klare Kante zu zeigen und sich nicht auf irgendwelche weichgespülten Inhalte oder Formulierungen einzulassen.

 

Polizei und Staatsschutz sind in diesem Fall im Unrecht. Mehr dazu hier in einem Artikel von Rechtsanwalt Frank Jasenski von der Anwaltskanzlei Meister & Partner aus Gelsenkirchen.