Vor 500 Jahren

Vor 500 Jahren

Beginn des Deutschen Bauernkrieges

Im Juni vor 500 Jahren zogen in der badischen Landgrafschaft Stühlingen bewaffnete Bauern vor den Sitz des Landgrafen. Ihr Aufstand gewann im ganzen badischen Oberland rasch an Boden und versetzte die herrschenden Adeligen in Angst und Schrecken.

Von wr
Beginn des Deutschen Bauernkrieges
Eine Episode aus dem Bauernkrieg: Graf Helfenstein wird am Fuße seiner brennenden Burg von Bauern verhöhnt (Gemälde von Hermann Eichler. foto: gemeinfrei)

Von der Wucht des Angriffs überrascht, erklärten sie sich zu Verhandlungen über die Forderungen der Bauern bereit. Dadurch ermutigt, schlossen sich immer mehr Bauern zu starken Haufen zusammen und versammelten sich im Oktober 1524 in Waldshut zur Gründung eines Bundes mit den Bürgern der Stadt.


Schon Jahre zuvor gab es wiederholt lokale Bauernaufstände im Schwarzwald und in Oberschwaben. Das war die Antwort der kleinen Bauern auf die erbarmungslose Auspressung und Unterdrückung in Form von erdrückenden Steuerlasten, die ihnen die Adeligen aufgedrückt hatten. Der gesellschaftliche Widerspruch verschärfte sich: Auf der einen Seite die Adeligen sowie weltlichen und geistlichen Fürsten in einem Leben voll Luxus und Prasserei. Auf der anderen Seite die Masse der Bauern, denen nur so viel blieb, dass es für ein Leben zu wenig und zum Sterben zu viel war. Trotz brutaler Strafen, wie Folter und Hinrichtungen, flackerte der Widerstand immer wieder auf, wurde aber auch regelmäßig in Windeseile grausam niedergeschlagen.

 

Im Sommer und Herbst 1524 war die Situation anders. In ihrer unermesslichen Gier und Prasserei sparten die Adeligen sogar die Kosten für ihren Schutz durch das Heer. So geschwächt wichen sie erstmals zurück, als die Bauern sich erhoben, boten Verhandlungen an und sammelten bei den reichen Kaufleuten Geld für die Aufstellung von Truppen. Im Hintergrund der Verhandlungen bereiteten sie sich darauf vor, „die Bauern durch ihre Vermessenheit mit Sengen und Brennen, Morden und Plündern“¹ zu bestrafen. Neu war auch, dass all diese bis dahin zersplitterten Bauernerhebungen mit den Kampfschriften revolutionärer Ideologen, an führender Stelle Thomas Müntzer aus Thüringen, eine weltanschauliche Begründung bekamen.

 

Friedrich Engels charakterisierte den Aufstand der Stühlinger „als den unmittelbaren Anfang des Bauernkriegs“². Der Bauernkrieg sollte sich, bis zu seinem Höhepunkt und seiner Niederschlagung durch die Konterrevolution, als größte bewaffnete Massenerhebung bis in den Mai 1525 erstrecken. Am Wochenende des 29. und 30. Juni organisierte die Gemeinde Stühlingen eine 500-Jahrfeier mit einem historischen Bauernmarkt und Veranstaltungen. Das ist zu begrüßen. Allerdings lässt die Erklärung von Wilfried Kaiser, Geflügelhofbetreiber und Mitglied im Deutschen Bauernverband, tief blicken: „Natürlich machen wir in der heutigen Zeit keinen Krieg mehr, wir sind ja zivilisiert.“

 

Friedrich Engels studierte die Geschichte und Hintergründe des deutschen Bauernkriegs, um daraus wichtige Gesetzmäßigkeiten und Lehren für die Revolution in einer historischen Umbruchphase zu ziehen. Die Gewalt geht von den Herrschenden aus und nicht von den Unterdrückten. Wollen die Unterdrückten die Gewaltherrschaft der Ausbeuterklasse beenden und in Freiheit leben, bleibt ihnen nur, obwohl sie es nicht wünschen, die fortschrittliche revolutionäre Gewalt als Antwort, die damit zum Geburtshelfer des Neuen wird. Das ist ein höchst zivilisierter Akt. Ganz im Gegensatz zu Herrn Kaiser spricht Engels den damaligen revolutionären Bauernmassen folgendes Lob aus: „Auch das deutsche Volk hat seine revolutionäre Tradition. Es gab eine Zeit, wo Deutschland Charaktere hervorbrachte, die sich den besten Leuten der Revolutionen anderer Länder an die Seite stellen können, wo das deutsche Volk eine Ausdauer und Energie entwickelte, die bei einer zentralisierteren Nation die großartigsten Resultate erzeugt hätte, wo deutsche Bauern und Plebejer mit Ideen und Plänen schwanger gingen, vor denen ihre Nachkommen oft genug zurückschaudern.“³

 

Die tapferen revolutionären Bauern und ihre Führer, wie Thomas Müntzer, können den kleinen und mittleren Bauern von heute Vorbild sein. Deshalb gilt es in diesem Jahr, nicht nur an sie zu erinnern und zu feiern, sondern auch Lehren aus den Bauernkriegen für heute zu ziehen.