Gazakrieg

Gazakrieg

Wendet das imperialistische Israel im Gaza-Krieg die Dahiye-Militärdoktrin an?

Dahiye ist der Name der südlichen Vororte Beiruts, die die israelische Armee 2006 im Libanonkrieg bombardierte und großflächig zerstörte. Vordergründig richtete sich das Bombardement gegen die Hisbollah-Miliz, die in Dahiye ihr Hauptquartier hatte. Getroffen wurde die Beiruter Bevölkerung.

Von gis
Wendet das imperialistische Israel im Gaza-Krieg die Dahiye-Militärdoktrin an?
Kinder in den Trümmern von Gaza (shutterstock_2283246357)

Von Dahiye hat eine damals in der israelischen Armee entwickelte zerstörerische Militärstrategie ihren Namen, die sogenannte Dahiye-Doktrin. In den Worten von Reserveoberst Gabi Siboni von 2006 besagt die Doktrin, dass die israelische Armee "sofort, entschlossen und mit einer Stärke agieren, die überproportional zu den Handlungen des Feindes und der von ihm ausgehenden Bedrohungen ist". Das Ziel bestehe darin, dem Gegner "Schäden und Bestrafungen in einem Ausmaß zuzufügen, das lange und kostspielige Wiederaufbauprozesse nötig macht." Offiziell verkündet wurde die Dahiye-Doktrin 2008 von General Gadi Eizenkot, damals Chef des Regionalkommandos Nord. „Wir werden unverhältnismäßige Gewalt gegen jedes Dorf anwenden, aus dem heraus wir beschossen werden, und immensen Schaden und Zerstörung anrichten“, sagte er damals der israelischen Zeitung Haaretz. Von 2015 bis 2019 war Eisenkot Generalstabschef der israelischen Streiktkräfte. Ist es Zufall, dass Netanjahu genau diesen Mann als Berater in das am 11. Oktober 2023 gebildete Kriegskabinett holte?

 

Die israelische Organisation „Breaking the silence“ hat den Verdacht, dass das imperialistische Israel im Gazakrieg die Dahiye-Doktrin anwendet. Auf X schrieben Vertreter der 2004 von ehemailgen Soldaten der israelischen Streitkräfte (IDF) gegründeten Organisation, dass das Ausmaß der Zerstörung durch israelische Bombenangriffe und Äußerungen israelischer Verantwortlicher diesen Verdacht nahelegen. Der Sprecher der IDF, Daniel Hagari, hatte in den ersten Kriegstagen zu den Bombardierungen erklärt, „der Schwerpunkt liegt auf Schaden (damage), nicht Genauigkeit (accuracy)“.

 

Die völkerrechtswidrige Bestrafung der Zivilbevölkerung für das Hamas-Verbrechen ist eine augenscheinliche Parallele zu der Dahiye-Doktrin. Die Zahl der palästinensischen Todesopfer ist inzwischen mehr als 45 mal so hoch wie die der am 7. Oktober durch die Hamas ermordeten Israelis. Laut einem gemeinsamen Report von UN, EU und Weltbank wurden bis Ende Januar 2024 mehr als 290 000 Wohneinheiten in Gaza zerstört. Fast die Hälfte der 2,3 Millionen Einwohner wurden dadurch obdachlos. Im Mai 2024 veröffentlichte das Büro von Netanjahu eine Powerpoint-Präsentation unter dem Titel „Gaza 2035“ mit seiner Vision von einer „Freihandelszone Gaza-Arish-Sderot“. Die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung wird darin vorausgesetzt.

 

Der faschistische israelische Regierungschef Netanjahu, der immer mehr in die Defensive gerät, kündigte ein baldiges Ende der "intensiven Kriegshandlungen" im Gaza-Streifen an. Ein Ende des Krieges bedeute das jedoch nicht. Unterdessen teilte die israelische Armee mit, dass ihre Truppen ihre "Operation" in Rafah im südlichen Gazastreifen verschärft fortsetzen – in Verletzung der Anordnungen des Internationalen Gerichtshofes – und im Laufe des vergangenen Tages „zahlreiche Terroristen in dem Gebiet ausgeschaltet“ hätten. Die Armee forderte gestern wieder palästinensische Zivilisten im Süden des Gazastreifens zur Evakuierung auf.

 

Zur weltweiten Empörung über die barbarische israelische Kriegsführung gegen die palästinensische Zivilbevölkerung und den Siedlerterror im Westjordanland kommen zunehmende innenpolitische Konflikte. Zehntausende haben am vergangenen Wochenende in Jerusalem, Tel Aviv und weiteren israelischen Städten gegen die Netanjahu-Regierung demonstriert. Sie prangern an, dass es immer noch kein Abkommen über die Freilassung der Geiseln gibt, weil Netanjahu keine Kompromissbereitschaft zeigt, protestieren gegen die Rechtsentwicklung und fordern Neuwahlen. Einen zusätzlichen Sprengsatz für die Netanjahu-Regierung bilden die wütenden Proteste der ultrareaktionären und faschistischen "Ultraorthodoxen" gegen den Gerichtsbeschluss, dass sie künftig ebenfalls der Wehrpflicht unterworfen sind.

Kampf gegen den drohenden Flächenbrand in Nahost. Was ist die Perspektive des palästinensischen Befreiungskampfs?

42 Seiten

5 €

mehr Infos

Jetzt bestellen

Themenrubrik

Letzte Woche forderten mehrere westliche Staaten, darunter Kanada und die USA, ihre Staatsbürgerinnen und -bürger auf, den Libanon zu verlassen. Israel hatte der islamistisch-faschistischen Hisbollah mit einem Angriff gedroht. Der neuimperialistische Iran wiederum erklärte, wenn Israel den Libanon angreife, werden die proiranischen Kräfte einen "vernichtenden Krieg" gegen Israel führen. Die zwischenimperialistischen Widersprüche in der Region sind der Hintergrund für den Gazakrieg. Sie verschärfen sich aktuell und bergen die große Gefahr einer weiteren Eskalation in sich. Der tiefere Hintergrund liegt im erbitterten Kampf zwischen alten und neuimperialistischen Mächten um die Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten um Öl, Gas und die geostrategische Lage.

 

Die revolutionäre Weltorganisation ICOR setzt sich in der Resolution „Unterstützung und Stärkung der demokratischen und säkularen Kräfte im Befreiungskampf des palästinensischen Volkes“ für den Schulterschluss, die unverbrüchliche Solidarität und den gemeinsamen Kampf mit allen demokratischen Kräften und der Arbeiterbewegung der ganzen Region ein. Für einen sofortigen Stopp des Kriegs Israels in Gaza!

 

Die ICOR steht für die Einheit von Wort und Tat. Deshalb verfolgt sie das Vorhaben, internationale Solidaritätsbrigaden zum Wiederaufbau in Gaza zu entsenden. Angestrebt wird, ein Krankenhaus aufzubauen. Ärzte, Architekten und Beschäftigte im Gesundheitswesen aus verschiedenen Ländern haben schon ihr Interesse daran bekundet, mitzuarbeiten.

 

Gaza soll leben!

Spendenkonto: Solidarität International
IBAN: DE 86 5019 0000 6100 8005 84
Stichwort: Gaza soll leben