Referat von Willi Dickhut vom Mai 1945

Referat von Willi Dickhut vom Mai 1945

"Welche Ursachen führten zur Aufrichtung der faschistischen Diktatur?"

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Deutschland kapitulierte bedingungslos. Die Anti-Hitler-Koalition, deren Hauptkraft die sozialistische Sowjetunion war, hatte den Faschismus zerschlagen.

Zu diesem Anlass veröffentlichte Rote Fahne News einen Artikel mit Link zu einem Referat, das Willi Dickhut im Mai 1945 geschrieben hat: "Welche Ursachen führten zur Aufrichtung der faschistischen Diktatur?"

 

Willi Dickhut war maßgeblich daran beteiligt, dass die Stadt Solingen in den letzten Kriegstagen nicht im Sinne der Faschisten verteidigt wurde, sondern die weiße Fahne hisste. Wer weiß, wie viele Menschenleben dadurch noch gerettet werden konnten! Für die Mitglieder der KPD in Solingen hat er unmittelbar nach Kriegsende diese Schrift verfasst, die aus seinem Nachlass posthum veröffentlicht wurde. Zum Verständnis wichtig ist, dass das deutsche Monopolkapital nach der Niederlage des Hitlerfaschismus vorübergehend entmachtet war. Außerdem war – so Willi Dickhut - „das Ergebnis der Jahre des Faschismus … eine allgemeine Linksentwicklung der werktätigen Massen.“ Der heutige sich "modern" gebende Neofaschismus hat seine Demagogie gegenüber dem Hitlerfaschismus verändert und verfeinert. Für den Aufbau einer Einheitsfront gegen Faschismus und Krieg haben die grundsätzlichen Aussagen des Referats auch heute große Bedeutung. Rote Fahne News dokumentiert einen Auszug plus den Link zur ungekürzten Version.

Welche Ursachen führten zur Aufrichtung der faschistischen Diktatur?

... Durch die jahrelange falsche Politik des »kleineren Übels« verhinderte die SPD- und ADGB-Führung (Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund) die Aufnahme des geschlossenen Kampfes gegen diese volksfeindliche Politik der kapitalistischen Regierungen. Noch bei der Absetzung der Preußen-Regierung im Juli 1932 forderten die Gewerkschafts- und SPD-Führung die Massen nicht zum Kampfe auf. Diese Politik begünstigte die Bourgeoisie bei der Aufrichtung der faschistischen Diktatur. Die Parole der SPD vom »Abwirtschaftenlassen« wirkte sich gegen die Arbeiterschaft aus und diente nur dem Faschismus. Durch diese jahrelange Politik der Sozialdemokratie wurde der Sozialismus-Marxismus bei den schwankenden Elementen des deutschen Volkes in Mißkredit gebracht. Die SPD trägt die historische Hauptschuld für die Aufrichtung der Hitlerdiktatur in Deutschland!

 

Es gelang den Nationalsozialisten, durch soziale Demagogie und nationale Phraseologie einen großen Teil der enttäuschten Menschen auf ihre Seite zu ziehen. Die Großkapitalisten begünstigten von Anfang an die Nazibewegung. Sie stellten dieser Partei gewaltige Gelder für ihren Volksbetrug zur Verfügung.

 

So sahen wir im Jahre 1932 einen Wettlauf zwischen den revolutionären Kräften auf der einen und den reaktionär-faschistischen Kräften auf der anderen Seite. Wenn es den Nazis in diesen Jahren gelang, sich einen solchen gewaltigen Masseneinfluß zu verschaffen, dann war eine wesentliche Ursache hierfür die Spaltung der Arbeiterklasse auf gewerkschaftlichem wie auf politischem Gebiet. Die Arbeiterklasse war nicht jener starke Magnet, der alle schwankenden Elemente anzog.

Die Fehler der Kommunistischen Partei

Die Sozialdemokratie, die bis zum Jahre 1931 die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie war, verlor immer mehr an Masseneinfluß zugunsten der Kommunisten und der Nationalsozialisten. Unter den Bedingungen der wirtschaftlichen und politischen Lage vollzog sich eine Veränderung. Bei dem ansteigenden Einfluß der NSDAP wurde die Nazipartei die Hauptstütze der Bourgeoisie. Das hinderte aber die deutsche Bourgeoisie nicht daran, im Verlaufe des Jahres 1932-1933 sich auch bei der Niederhaltung der Arbeiterschaft der SPD- und ADGB-Führung zu bedienen.

 

Als nach der Zusammenkunft Hitlers mit den Großindustriellen in Düsseldorf Hitler Garantien gegeben hatte, vollzog die kapitalistische Klasse endgültig einen Bruch mit der Sozialdemokratie. Die NSDAP wurde nunmehr endgültig die soziale Hauptstütze der Kapitalisten.

 

Diesen Wandel hat unsere Partei nicht voll ausgenutzt. Man bezeichnete die sozialdemokratischen Führer als Sozialfaschisten, was falsch war. Statt zu erkennen, daß die Kapitalisten mit der Hitlerclique alle demokratischen Grundrechte vernichten würden, machten die Kommunisten gemeinsam mit den Nationalsozialisten beim Volksentscheid gegen die Preußenregierung mit. Wir hätten die Aufgabe gehabt, das ganze Volk für die Erhaltung der Demokratie zu mobilisieren. Die Herstellung einer gemeinsamen Front der Arbeiterklasse wäre notwendig gewesen. Vor allem hätte man eine organisatorische Einheit auf gewerkschaftlichem Gebiet herstellen müssen, statt dessen führte die Partei die RGO2-Politik fort. Unsere starre Einheitsfrontpolitik »nur von unten« war nicht richtig. Unsere Parteiführung hätte sich auch an die SPD-und ADGB-Führung zwecks gemeinsamen Kampfes zur Erhaltung der demokratischen Grundrechte wenden müssen. Diese Einschätzung der Lage und das Festhalten an einer starren Taktik erschwerte die Herstellung der Einheit der Arbeiterklasse, dadurch wurde die Arbeiterklasse nicht die gewaltige, mächtige Kraft, die alle Schwankenden anzog. Diese Erkenntnis ist notwendig zur richtigen Beurteilung der nunmehrigen Aufgaben. ...

 

Hier der Link zur ungekürzten Version