Sudan

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Der aktuell schlimmste Stellvertreterkrieg der Imperialisten

Das Land wird seit mehr als einem Jahr von einem zwischenimperialistischen Stellvertreterkrieg zerrissen. Der Krieg spielt sich größtenteils in der dicht besiedelten Südhälfte des Landes ab. Abermillionen Menschen sind geflohen, eine Hungerkatastrophe entwickelt sich ungebremst. Bislang gelingt es der Militärregierung von General Abdel Fattah Burhan nicht, aus der Defensive heraus zu kommen. Die Initiative liegt bei den „Rapid Support Forces“, einer mehrheitlich arabischen Miliz unter ihrem Kommandanten Generalleutnant Mohammed Hamdan Daglo, genannt Hemeti.

Von fu
Der aktuell schlimmste Stellvertreterkrieg der Imperialisten
Die Kämpfe spielen sich größtenteils im bevölkerungsreichen Süden des Sudan ab. So sieht die militärische Lage nach letztem Kenntnisstand aus: Militärregierung in rosa, die mit ihr verbündeten SLA/M und Darfur Joint Force in dunkelrot bzw. cyan, von der RSF-Miliz kontrollierte Gebiete in graublau und die Gebiete der neutralen SPLM-N al-Hilu in gelb (Bild: ElijahPepe (CC BY-SA 4.0))

RSF-Vormarsch und -Massaker, Flüchtlings- und Hungerkatastrophe

Am 22. Mai 2024 wurde das Flüchtlingslager Abu Shouk in der Hauptstadt von Nord-Darfur, al-Faschir, von der RSF-Miliz überfallen und ausgeraubt. Etwa 60 Prozent der mehr als 100.000 Bewohner des Lagers flohen. Die Stadt al-Faschir, in der sich Hunderttausende Menschen aufhalten, wird weiterhin belagert. Am 20. Juni ist die Hauptstadt des Bundesstaats West-Kordofan, El Fula, an die RSF-Milizen gefallen.

 

Die sudanesische Hauptstadt Khartum ist weitestgehend zerstört und befindet sich nach einer im Juni gescheiterten Gegenoffensive der Militrärregierung wieder fast vollständig unter Kontrolle der RSF-Miliz. Kriegsverbrechen werden in diesem Konflikt unzweifelhaft von beiden Seiten begangen, aber es mehren sich die Berichte von Massakern an ganzen Stämmen und den Einsatz von Kindersoldaten durch die RSF-Miliz.

 

In einem dringenden Aufruf forderte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag, Karim Khan, internationale Organisationen und nationale Behörden daher dazu auf, Beweise und Informationen für Gräueltaten und Kriegsverbrechen im Sudan zu sammeln und ihm zu übergeben. Die ihm bislang vorliegenden Informationen deuteten auf „einen organisierten, systematischen und schweren Angriff auf die Menschenwürde“ hin.

 

Nach Zahlen des Hochkommissariats des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) vom 20. Juni gibt es innerhalb des Sudan mittlerweile mehr als zehn Millionen Vertriebene, weitere 1,3 Millionen sollen ins Ausland geflohen sein. Gleichzeitig hat sich die Hungerkatastrophe verschlimmert. Nach den letzten bekannten Zahlen haben mindestens 17 Millionen Menschen im Sudan keinen gesicherten Zugang zu Nahrung und Wasser mehr.

 

Seit letztem Jahr kämpft ein Bündnis aus "Volksbefreiungsbewegung des Sudan – Nord" mit der revisionistischen Kommunistischen Partei des Sudan im Süden des Landes gegen beide Bürgerkriegsparteien mit dem erklärten Ziel, eine sichere Zone für Flüchtlinge schaffen. Anstatt den Vormarsch der RSF-Miliz zu stoppen, sind Regierungstruppen gegen dieses Bündnis mit schweren Waffen vorgerückt.

 

So gingen weite Teile der Hochburg der Volksbefreiungsbewegung, des Bundesstaats an-Nil al-azraq, verloren. Die Verbindung mit den ebenfalls von der Volksbefreiungsbewegung kontrollierten Gebieten um die Stadt Kauda im weiter westlich liegenden Bundesstaat Süd-Kordofan wurden durchtrennt.

Hauptkriegstreiber Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate sind Verbündete des Westens

Während Saudi-Arabien die Militärregierung unterstützt, unterstützen die Emirate die RSF-Miliz. Der Nachschub an die RSF-Miliz läuft über den Tschad, der ebenfalls ein Verbündeter des Westens ist. Obwohl die westlichen Imperialisten auf die Hauptkriegstreiber Druck ausüben könnten, üben sie sich trotz der wahrscheinlich größten humanitären Katastrophe der letzten Jahrzehnte in Zurückhaltung.

 

Nachdem sie ihren Einfluss in Mali, Burkina Faso und Niger an das neuimperialistische Russland verloren haben, wollen sie offensichtlich weder den Tschad, noch die Vereinigten Arabischen Emirate, noch Saudi-Arabien verprellen. Die tschadische Armee gilt außerdem als sehr schlagkräftig und ist damit von besonderem Interesse für die sich auf einen Weltkrieg vorbereitenden Imperialisten in Afrika.

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Der neuimperialistische Wiederaufstieg Russlands

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Saudi-Arabien und die Emirate waren vor dem Krieg mit einander verbündet. Ursprünglich unterstützten beide den Aufbau der RSF-Miliz, die sie im Jemen als Söldner gegen die Huthi-Rebellen einsetzten, die vom islamisch-faschistischen Regime des Iran unterstützt werden.

 

Trotzdem unterstützt der Iran gemeinsam mit Saudi-Arabien die sudanesische Militärregierung gegen den Putsch der RSF-Miliz. Dem Iran geht es um den Zugang zum Roten Meer, auf dessen anderer Seite seine Huthi-Rebellen stehen. Würde sich der Iran die Kontrolle über den Ost- und Nord-Sudan sichern können, könnte er diesen für den Welthandel wichtigsten Seeweg abwürgen.

 

Russland soll derweil, wahrscheinlich vor genau diesem Hintergrund, kürzlich ein Kooperationsabkommen mit der sudanesischen Armee unterzeichnet haben, obwohl seine Söldner zuvor auf Seiten der RSF-Miliz kämpften. Damit entstünde übrigens eine Situation, in der ukrainische Spezialeinheiten und russische Söldner nominal auf der selben Seite des Konflikts kämpfen.

 

Dieses Chaos der Verbindungen zeigt sehr deutlich, dass es allen Imperialisten und Neuimperialisten einzig und alleine um die Vergrößerung ihrer eigenen Einflusssphären geht. Sie kennen weder Loyalität, noch Skrupel.