Ein Platz auf zehn Bewerber
Kitakollaps, Lehrermangel und schöne Versprechungen
„Die Suche nach einem Kitaplatz gleicht dem Spiel „Reise nach Jerusalem“ ohne Spaßfaktor mit nur einem Stuhl auf zehn Eltern“, so eine Mutter. 91 Prozent der Kitas haben Wartelisten, davon 28 Prozent mit mehr als 40 Kindern.
Es fehlen in Deutschland 430 000 Kitaplätze und 125 000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen [1]. Schulen sind marode, Lehrkräftemangel herrscht. Und das bei all den vollmundig genannten Gesetzen wie das „gute Kita-Gesetz“ und das verbriefte und erkämpfte Recht auf einen Kitaplatz auch für Kinder unter drei Jahren. Nur was nützt ein Recht, wenn es selbst nach einer Klage keinen Platz gibt?
Widerstand von Eltern und Erziehern und Erzieherinnen flammt immer wieder auf: in Brandenburg am 15. Mai mit 270 beteiligten Kitas und mehreren hundert Protestierenden, Bobbycardemos, Krachmachaktionen und der Aufforderung an Landespolitiker, ein Praktikum in einer Kita zu machen. Von Bildung für die Kleinen kann keine Rede mehr sein, Aufbewahrung sagen die Eltern.
Im Mai wurden 35 000 Unterschriften an Familienministerin Paul in Düsseldorf gegen die "Kitastrophe" übergeben [2]. Die Gewerkschaft ver.di in Essen ruft auf, sich jeden 1. Donnerstag im Monat zu einem öffentlichkeitswirksamen Protest zu treffen. Ein Vater schreibt in einem Leserbrief an Rote Fahne News: „Inflation, Personalmangel, kaum noch bezahlbare Wohnungen, alles wird irgendwie teurer. Es scheint, als ob unsere Sorgen und Probleme in der politischen Landschaft in Vergessenheit geraten sind. ... Wir stehen vor großen Herausforderungen wie Personalmangel in vielen Berufen, einem akuten Kita-Notstand und Renten, die kaum zum Leben reichen.“ [3]
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf entlarvt sich als reine Lebenslüge im Kapitalismus. Pragmatisch müssen die Familien, besonders die Frauen, die Probleme im Alltag lösen, mit Einspannen von Großeltern, Reduzierung der Arbeitszeit oder nur Minijobs – was wiederum zu den durchschnittlich 30% weniger Rente bei Frauen führt.
Ausbeutung der Werktätigen für den Profit und die bürgerliche Staats- und Familienordnung sind die Grundlage des kapitalistischen Systems. Die Familienfürsorge für die Wiederherstellung der Arbeitskräfte, Versorgung und Erziehung der Kinder, Pflege der Alten alles ruht auf den Schultern der Frauen. Diese gesellschaftlichen Aufgaben auch gesellschaftlich zu organisieren – das kann erst in Einheit mit der Befreiung der Frau in einem echten sozialistischen System verwirklicht werden. Dann werden die Prioritäten anders sein und auch Geld anders eingesetzt: wirkliche Gleichberechtigung von Mann und Frau, Kinderbetreuung und Altenpflege wird zur gemeinsamen gesellschaftlichen Aufgabe.
Ausreichend Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, wohnortnahe Kita- und Schulplätze für jedes Kind – was eine Selbstverständlichkeit sein müsste, muss heute in einem gemeinsamen Kampf errungen werden. Darin die Diskussion um die gesellschaftliche Alternative des echten Sozialismus zu führen ist genau richtig – wobei die Lösung dieser konkreten Fragen nicht bis dahin vertagt werden kann. Es wäre z.B. möglich, Studierende für Pädagogik in einem größeren Umfang praktisch einzusetzen. Unzählige Berufsfelder erfreuen sich eines massiven Ausbaus wie Influencer bei Social media, Marketing oder als Lobbyisten – alles Jobs, die allein der Profitmaximierung von Monopolen dienen, nicht aber der Gesellschaft. Stress, Schichtarbeit, Unterbesetzung: Die Überlastung der Kolleginnen und Kollegen in den sozialen Berufen muss durch Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich abgebaut werden, um mehr Fachkräfte dafür zu begeistern. Auch geflüchtete Menschen wollen gerne arbeiten und könnten ihre sprachlichen Fähigkeiten in der Kindererziehung oder in der Altenpflege einsetzen. Ihnen wird dagegen der Zugang zu Ausbildung und Beruf massenhaft erschwert.
Die AfD ist mit ihrer Hetze gegen Flüchtlinge und ihrem ultrareaktionären Frauenbild komplett gegen diesen Kampf. In ihrem Parteiprogramm bekennt sich die AfD zur "traditionellen Familie" als Leitbild. Ehe und Familie seien Stützpfeiler unserer Gesellschaft. Es gelte, diese besonders zu fördern. Immer wieder wird betont, dass nicht progressive, sondern traditionelle Rollenbilder unterstützt werden. Dazu gehört eine höhere Geburtenrate der "einheimischen" Bevölkerung. Und natürlich die Betreuung der Kinder zuhause. Die nächste Stufe ist das faschistische Mutterkreuz!
Für den überparteilichen Frauenverband Courage ist der Kampf gegen Inflation und Kitastrophe zentrale Aufgabe. Auf dem Frauenpolitischen Ratschlag im November in Kassel wird auf einem Diskussionsforum über den notwendigen organisierten Widerstand beraten. Hier gibt es weitere Informationen und den Einladungs- und Programm-Flyer zum Download.
Die MLPD fordert:
- Kostenlose, qualifizierte Ganztagsbetreuung in Kindertageseinrichtungen und Schulen! [6]
- Arbeits- und Ausbildungsrechte für Flüchtlinge
- Arbeitszeitverkürzung auf 30-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich
- Einrichtung von wohnortnahen Kitas und Betriebskindergärten - finanziert durch eine progressive Besteuerung von Großunternehmen, Großverdienern und großen Vermögen
Werdet Teil der kämpferischen überparteilichen Frauenbewegung – stärkt den Frauenverband Courage!
Organisiert euch in der MLPD und im Jugendverband REBELL – für die Befreiung der Frau im echten Sozialismus!