Berlin

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Internationalistische Kunst gewinnt!

Zum zweiten Mal hat der Liedermacher Karl Nümmes am 21. Juni bei der Berliner "Fête de la Musique" ein Konzert organisiert. Das Motto: „Internationalistische Kunst gegen rechte Hetze!“ Pünktlich um 16 Uhr erwartete die Besucherinnen und Besucher nicht nur die Musik von GOV mit Elektro-Rock, sondern auch ein buntes Bild von Ständen - vom Frauenverband Courage, Solidarität International, vom Demokratischen Komitee Palästina, Young Struggle und Zora, vom neu gegründeten Verein „Treff International“, von People to People, dem Jugendverband REBELL und dem Internationalistischen Bündnis.

Von Berliner Korrespondenten und gis
Internationalistische Kunst gewinnt!
Nümmes bei einem Straßenauftritt in Berlin (rf-foto)

Ab ca. 16.30 Uhr schritt ein Vertreter des Bezirksamtes ein: Nur Stände mit Essen und Getränken seien erlaubt, keine politischen. Alles andere müsse abgeräumt werden. Anlass war, dass ein Anwohner angerufen hätte, weil er eine Palästina-Fahne und ein Schild „AfD-Verbot“ gesehen hat. Weder Nümmes noch die Bands noch die Sponsoren an ihren Infoständen ließen sich davon beeindrucken. Und die ca. 200 Besucherinnen und Besucher schon gleich gar nicht.

Alle Künstler und das Publikum solidarisierten sich

Und so ging es weiter mit Mood Indigo 5 und Karanfil. Das Café der gleichnamigen Musikgruppe Karanfil war die Woche davor einer erneuten Hausdurchsuchung ausgesetzt gewesen. (Rote Fahne News berichtete) und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer  am Rathausplatz verabschiedeten dazu auf Initiative des Internationalistischen Bündnisses mit überwältigender Mehrheit eine Solidaritätserklärung.

 

Inzwischen waren nicht mehr nur Beamte des Bezirksamts da, sondern mindestens zwölf Polizisten. Nümmes' Personalien wurden festgehalten und eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch wurde angedroht, wenn er die Stände nicht räumen lässt. Fortlaufend wurde das Publikum über den Stand der Dinge informiert Als der Vertreter des Bezirksamtes behauptete, der Platz vor dem Rathaus sei Privatgelände, war die Empörung groß: ein aus Steuergeldern bezahlter öffentlicher Platz im Privatbesitz eines Bürgermeisters?

 

Christa Wolfer von der MLPD ließ alle demokratisch abstimmen, ob sie bleiben oder nicht. Bis auf eine Stimme war das Ergebnis eindeutig: "Wir bleiben!", so die Anwesenden. Alle Bands und Künstler solidarisierten sich und traten dann bei der spontan angemeldeten Protestkundgebung auf: die Band Gehörwäsche, der international bekannte afghanische Sänger Shekib Mosadeq, der Morgenrot-Chor, Nicolas Miquea aus Chile  und, und, und … . Bewundernswert die Ruhe und die gute Stimmung der Zuhörer, die trotz Regen und bedrohlicher Poizeikulisse  solidarisch da blieben und Geld für das Konzert und die zu erwartenden Gerichtskosten spendeten.

Was waren die Faktoren für den Sieg?

Warum blieben die Stände und die zum Schluss bis zu 300 Zuhörer – teils ganze Familien mit kleinen Kindern - in bester Stimmung? Erstens das Motto „Internationalistische Kunst statt rechte Hetze!“, für das sich alle Stände und auch viele Zuhörer bewusst entschieden hatten. Das war zweitens die Umwandlung in eine spontane Protestkundgebung. Und drittens die Argumente und die praktizierte Demokratie.

 

Christa Wolfer von der MLPD reihte den ganzen Einsatz in die Rechtsentwicklung der Regierung und der bürgerlichen Parteien ein - in den zunehmenden Abbau bürgerlich-demokratischer Rechte. Sie machte klar: „Wir brauchen angesichts der begonnenen globalen Umweltkatastrophe, des Völkermords im Gazastreifen und der Weltkriegsgefahr nicht nur Essen und Trinken, sondern auch geistige und kulturelle Nahrung.“ 

 

Shekib Mosadeq, der afghanische Sänger gegen die Taliban, stimmte mit uns „Bella ciao“ an und riss uns mit seinen kämpferischen Liedern so mit, dass das Tanzen begann. Die Band Gehörwäsche strahlte mit ihren Liedern Optimismus aus, ergriff Partei für Arbeiterkämpfe, gegen Antikommunismus, gegen Sexismus und für eine sozialistische Perspektive. Ihre Sängerin fragte – auch an die Polizei gerichtet: „Welches Bild soll hier mit einem Polizeieinsatz gegen ein friedliches Konzert und in einem vom Zusammenleben vieler Nationen geprägten Bezirk in die Welt gesandt werden? Die Menschen haben einen eigenen Kopf und können sehr wohl selbst entscheiden, ob sie sich an den Ständen informieren wollen!". Das stolze Ergebnis der Spendensammlung für das Konzert und eventuelle Gerichtskosten waren über 500 Euro.

 

Jetzt liegt auch schriftlich vor, wie das Bezirksamt Ordnungsamt Neukölln den versuchten Abbruch des „Fête-de-la-Musique“–Konzerts begründet: „Ein Plakat 'Free Palestine' und 'Free Gaza' sowie ein Schild 'Verbot der AfD' sind Teil der Veranstaltung". Heuchlerisch werden von den bürgerlichen Parteien und der Regierung die Wahlsiege der AfD bei der Europawahl bejammert, aber die Verbotsforderung soll Anlass für eine Anzeige sein? Verschiedene Künstler und Organisationen sind sich  einig: "Wir werden alle Beteiligten zu einer Beratung über das weitere Vorgehen und die Organisierung der Solidarität zu einem Treffen einladen und dies gemeinsam anpacken. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen!"