Rechtsentwicklung

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Gesinnungsjustiz: Das neue Einwanderungsrecht

Die Überarbeitung des Staatsangehörigkeitsgesetzes wird als eine zentrale Reform der Ampel-Regierung vermarktet. Es sollte die Einbürgerung beschleunigen; das tut es in gewisser Weise auch. In der Hauptseite aber ist es ein Trojanisches Pferd, denn mit einigen Zugeständnissen werden ganz erhebliche Einschränkungen für fortschrittliche Menschen nun Gesetz und deren Grundrechte in Frage gestellt.

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Gesinnungsjustiz: Das neue Einwanderungsrecht

Positiv ist, dass die „Voraufenthaltszeit“ von acht auf fünf Jahre reduziert wird. Auch soll die Lebensleistung „ehemaliger Gastarbeiter“ anerkannt werden. Konkret heißt das: Nach vier Generationen soll zumindest die nächste Generation gleichberechtigt die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können. Wer jetzt schon hier lebt, dem wird es nur etwas leichter gemacht: Der Einbürgerungstest fällt weg, beim Sprachtest können - in so genannten „Härtefällen“ – die mündlichen Sprachkenntnisse ausreichen. Die Mehrstaatigkeit wird grundsätzlich ermöglicht, was für sich genommen zu begrüßen ist.

Reaktionäre Hetzkampagne

Gegen die Verbesserungen im Gesetz haben die Reaktionäre eine regelrechte Kampagne losgetreten. Die Bildzeitung warnt, wie viele Menschen nun die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen könnten; sie würde verschleudert. „CDU und CSU werden diese misslungene Reform rückgängig machen“, so der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Alexander Throm (CDU). „Die doppelte Staatsbürgerschaft muss die Ausnahme bleiben und beschränkt auf Staaten, die unsere Werte teilen“ – und das wäre dann wer? Saudi-Arabien und Katar? Nicht nur ist das Heuchelei, hier wird auch einfach der Mensch mit dem Staat gleichgesetzt, als gäbe es keine anderen – zum Beispiel familiären – Gründe, um an einer Staatsbürgerschaft festzuhalten. Der Autor dieser Zeilen empfindet seine deutsche Staatsbürgerschaft jedenfalls nicht als inbrünstigen Ausdruck des Einvernehmens mit der jeweils aktuellen Regierungspolitik.

 

Und dann warnt die Bildzeitung noch ominös: „Es wird einige neue Wähler für die Bundestagswahl 2025 geben.“¹ Ja, und nicht genug, denn jeder Mensch, der dauerhaft an einem Ort lebt, sollte dort auch uneingeschränkt am politischen Leben teilnehmen können. Das bedeutet, natürlich, auch, an Wahlen teilzunehmen.

Nicht auf Regierungslinie? Schlechte Karten!

Die Nachteile überwiegen jedoch. Vor allen Dingen wird die weltanschauliche Knebelung der angehenden Staatsbürger deutlich verschärft. Eingebürgert werden darf nur noch, wer sich auf die so genannte "freiheitlich demokratische Grundordnung" (FDGO) im Sinne der bürgerlich-kapitalistischen Weltanschauung und ihrer jeweiligen Ziele einschwören lässt. Dadurch, dass die Bundesregierung das, was im Sinne dieser Grundordnung sein soll, nach Belieben auslegt, wird das neue Staatsbürgerschaftsrecht zum Mittel der Unterdrückung.

 

Die nach der „FDGO“ angeblich so wichtige Meinungsfreiheit wird keinesfalls garantiert, sondern unmittelbar eingeschränkt und Menschen mit einem Migrationshintergrund und der deutschen Staatsbürgerschaft nicht nur unter Generalverdacht gestellt, sondern auch ein Maulkorb verpasst.

 

Die MLPD fordert grundsätzlich, dass die Rechtsprechung auf antifaschistischer Grundlage steht, auch das Staatsbürgerschaftsrecht – so würden Faschisten konsequent bekämpft und trotzdem Menschen nicht ihrer Weltanschauung halber pauschal benachteiligt.

Politisch Missliebigen droht nachträglicher Entzug der Staatsbürgerschaft

Ebenfalls neu ist, dass künftig die deutsche Staatsbürgerschaft bis zu zehn Jahre nach ihrer Verleihung wieder entzogen werden kann. Das heißt: Für diese Zeit müssen diejenigen, die nach dem neuen Gesetz die Staatsbürgerschaft erlangen - ganz im Gegensatz zu anderen Deutschen - nun sehr darauf achten, was sie tun und sagen, weil sie stets den Entzug der (eigentlich nach dem Grundgesetz gar nicht entziehbaren) Staatsbürgerschaft befürchten müssen. Ein Post in einem sozialen Netzwerk könnte dafür reichen - wie freiheitlich!

Immer informiert: Der Verfassungsschutz

Die politischen Absichten zeigen sich auch daran, dass vor jeder Einbürgerung der Verfassungsschutz informiert wird. Gerade der Inlandsgeheimdienst, der sich immer wieder zum Erfüllungsgehilfen faschistischer Regime wie in der Türkei machte, kann ein Veto einlegen. Mit dem neuen Gesetz wird die Liste der Behörden, die informiert werden, außerdem wesentlich erweitert.

 

Für Revolutionäre und fortschrittliche Oppositionelle, die, oft aus der Türkei und dem arabischen Raum stammend, gerade Schutz der deutschen Staatsbürgerschaft vor politischer Verfolgung durch die jeweiligen Regime in ihren Herkunftsländern bräuchten, wird der Zugang tatsächlich nicht nur nicht verbessert, sondern erschwert. Als ein wesentlicher Vorwand muss der Kampf gegen den Antisemitismus herhalten, während deutsche Antisemiten nicht nur frei herumlaufen, sondern auch ihre Vereine und Parteien nicht verboten werden.