Europawahl

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Abgeordnetenwatch maßt sich weiterhin das Recht auf Zensur an

Die Frage im Leserbrief vom 23. Juni¹, ob Abgeordnetenwatch die zensierten Beiträge von Monika Gärtner-Engel und Stefan Engel ebenfalls freigeschaltet hat, ist mit einem klaren „Nein“ zu beantworten. So sind exakt die gleichen Thesen, die Abgeordnetenwatch im sogenannten „Kandidierenden-Check“ von Gabi Fechtner jetzt freigeschaltet hat, bei Monika Gärtner-Engel nach wie vor gesperrt („Diese Begründung wird von uns nicht veröffentlicht, da sie gegen unseren Moderations-Codex verstößt“).

Von Rechtsanwalt Frank Stierlin

Die Freischaltung bei Gabi Fechtner erfolgte allein als Reaktion auf ihren Antrag auf einstweilige Verfügung beim Landgericht Hamburg, um einer Verurteilung zu entgehen. Aber, keinerlei Sinneswandel, nicht die Spur von Selbstkritik bei Abgeordnetenwatch, im Gegenteil: Im jüngsten Schriftsatz ihrer Anwältinnen maßen sich die Verantwortlichen mit größter Selbstverständlichkeit das Recht an, Wahlkampfpositionen von Kandidierenden sowie ihre Antworten auf Bürgerfragen nach Belieben zensieren und unterdrücken zu dürfen.

 

„Es steht … allein dem unabhängigen Antragsgegner als Verein des Privatrechts zu, darüber zu entscheiden, was er veröffentlicht, was er moderiert oder kommentiert oder eben nicht veröffentlicht.“ Außerdem sei Gabi Fechtner ja die Veröffentlichung in Aussicht gestellt worden, „wenn sie geringfügige redaktionelle Änderungen vornimmt“ (Schriftsatz vom 20.06.2024, Seite 2).

 

Zum besseren Verständnis hier der Wortlaut einer der „geringfügigen redaktionellen Änderungen“, die Abgeordnetenwatch von Gabi Fechtner verlangt hatte: „Ihre Aussage zur Vorbereitung eines Dritten Weltkrieges bitten wir zu entfernen, da diese nicht den Fakten entspricht. Die Erhöhung der Verteidigungsausgaben ist eine Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine. Ihre Aussage suggeriert hingegen die Absicht der EU, einen Dritten Weltkrieg auszulösen.“ (E-Mail des Moderatorenteams vom 29.04.2024). In bester Schulmeistermanier versucht Abgeordnetenwatch der Kandidatin vorzuschreiben, was sie gefälligst zu antworten hat und was nicht. Positionen, die den offiziellen Narrativen nicht entsprechen, werden einfach nicht veröffentlicht.

 

Die ganze Dreistigkeit dieses Vorgehens wird deutlich, wenn man es an den hehren Versprechungen misst, die das Portal den Kandidatinnen und Kandidaten vorher macht: „Sie kandidieren? Das interessiert uns! Wir erstellen für Sie ein Profil, das es Bürger:innen ermöglicht, sich über Sie zu informieren … und mit Ihnen in den Dialog zu treten. (...) Helfen Sie uns, Ihnen eine Plattform für Ihren Wahlkampf zu bieten, indem Sie das unten stehende Formular ausfüllen!“.²

 

Und im sogenannten Moderations-Codex heißt es weiter: „Alle Fragen und Antworten, die über abgeordnetenwatch.de eingehen, werden von einem Moderationsteam gegengelesen und anschließend freigeschaltet, soweit sie nicht gegen diesen Codex verstoßen“.³ Der Moderations-Codex beinhaltet aber nur, dass (zu Recht) beleidigende, rassistische und gewaltverherrlichende Beiträge sowie falsche Zitate und Fake News nicht freigeschaltet werden. Die Verantwortlichen bei Abgeordnetenwatch wissen genau, dass kein einziger Beitrag der Kandidatinnen und Kandidaten der MLPD gegen diesen Codex verstößt und versuchen sich deshalb auf diese unseriöse Weise davonzustehlen. Erbärmlicher geht es wirklich nicht mehr.

 

Da Abgeordnetenwatch die Klageforderung erfüllt hat, geht es im Prozess beim Landgericht Hamburg jetzt noch darum, wer die Kosten zu tragen hat. Man darf gespannt sein.