Andalusien
Streikende spanische Stahlarbeiter: „Wir brauchen ein Europa der Arbeiter, kein Europa der Spekulanten!“
Unseren Urlaub im schönen Andalusien in Südspanien nutzten wir zu einem Besuch bei den streikenden Stahlarbeitern von Acerinox in Los Barrios/Algeciras.
Als wir auf dem Gelände ankommen, ist die Reaktion der anwesenden Kollegen erst verhalten. Wir können nur ein paar Brocken Spanisch, aber „Solidaridad“ ist dann das Zauberwort - das Eis ist schnell gebrochen!
Ein Kollege, der Englisch kann, wird sofort herbeigerufen. Er schaut in sein Handy: „Das zählt mit: Jetzt stehen wir seit 127 Tagen im Streik!“ Die Belegschaft kämpft entschlossen gegen Lohnkürzungen, für Lohnerhöhung und vor allem gegen die unzumutbare Flexibilisierung der Arbeitszeit, für einen „convenio digno“, einen würdevollen Vertrag. Regulär arbeiten sie sechs Tage in Contischicht und haben dann eigentlich vier Tage frei, aber immer öfter müssen sie an ihren freien Tagen auf Abruf arbeiten, so dass weder die notwendige Erholung, noch planbare Zeit mit Familie und Freunden möglich ist.
1.800 Kollegen produzieren Edelstahlbleche, hinzu kommen noch ca. 600 Kontraktarbeiter. Acerinox ist ein großer spanischer Konzern mit Werken in Spanien, Südafrika, den USA. VDM (Vereinigte deutsche Metallwerke) gehören seit 2020 auch dazu. „Der Stahlmarkt ist weltweit hart umkämpft. Vor allem aus China kommt Billigstahl; die Regierung soll die Zölle erhöhen, das fordern viele Kollegen.“
Wir berichten vom Kampf der Stahlarbeiter bei ThyssenKrupp in Deutschland. Die Arbeiter dürfen sich nicht gegenseitig in Konkurrenz treiben lassen. „Ja“, sagt der Kollege, „wir brauchen ein Europa der Arbeiter, kein Europa der Spekulanten!“ Wir geben ihm ein Parteiprogramm der MLPD auf Spanisch. Er ist erst etwas erstaunt, schaut es sich genauer an: „Das ist auch meine Richtung. Ich werde es mir durchlesen.“
Die Kollegen organisieren den Streik bewundernswert. Streikzeit ist Arbeitszeit – das halten sie die vielen Wochen lang ein und kommen jeweils rund um die Uhr zu ihren drei Schichten an die Tore, um sie besetzt zu halten. In Versammlungen beraten und beschließen sie das weitere Vorgehen. Sie haben ein gemütliches Streikzelt eingerichtet, daneben eine kleine „Bar“ mit Feuertonne, ein großer Haufen Brennholz liegt auch da. Einer kehrt den Hof sauber, ein anderer führt seinen Enkelsohn herum. In einem Raum ist die Streikkasse untergebracht und der Verkauf von Soli-T-Shirts. Von den vier kleineren Gewerkschaften im Werk zahlt nur eine Streikgeld, sonst gibt es nichts. Sie halten sich mit Spenden aus der Bevölkerung über Wasser. „Es ist hart,“ sagt der Kollege, „aber besonders mental, so lange durchzuhalten.“
Für uns wird deutlich: In Spanien fehlt eine marxistisch-leninistische Partei, die die landesweite Solidarität und auch eine Ausweitung des Kampfes aktiv voranbringen könnte.
Soli-T-Shirts wechseln den Besitzer, unsere kleine Geldspende wollen sie zuerst gar nicht annehmen, erst als wir sagen, dass für uns das ein Herzensbedürfnis ist. Die Verabschiedung ist sehr herzlich.