Offene Akademie
Gegen politische Repression an Hochschulen, für Rücktritt der Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger!
Die Offene Akademie - Perspektiven fortschrittlicher und kritischer Wissenschaft und Kultur - hat gestern auf ihrer Webseite den Aufruf "Gegen politische Repression an Hochschulen, für den Rücktritt von Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger!" veröffentlicht. Rote Fahne News dokumentiert ihn.
Am 7. Mai 2024 führten Studierende an der FU Berlin eine Solidaritätsaktion gegen den Völkermord in Gaza durch. Doch unmittelbar darauf ließ das Präsidium der FU Berlin das Protestcamp durch die Polizei räumen. Es wurden 80 Strafermittlungsverfahren und 79 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. [1] Auch andere Proteste wie an der Humboldt-Universität in Berlin wurden sofort unterdrückt. 393 Hochschullehrerinnen und -lehrer von mehreren Berliner Hochschulen und etwa 900 weitere Unterstützer veröffentlichten daraufhin ein Statement der Solidarität: Sie fordern die Berliner Universitätsleitungen auf, „von Polizeieinsätzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehen.“ [2]
Doch sie werden angegriffen. „Uni-Profs stellen sich hinter Judenhasser-Mob“, titelte die Bild-Zeitung. [3] Und die FDP-Wissenschaftsministerin Stark-Watzinger setzte gegenüber Bild noch eins drauf: Sie unterstellte den Unterzeichnern, nicht auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen. [4] Dieses Vorgehen erinnert an finstere Zeiten der Berufsverbote, während derer viele 1000 Lehrer, Beschäftigte an Hochschulen und des öffentlichen Diensts mit der Argumentation der „Zweifel an ihrer Verfassungstreue“ entlassen wurden.
Die Ministerin ließ dienstrechtliche Sanktionen für die Unterzeichnenden prüfen. Darunter, ob man diesen bereits zugesagte Fördermittel wieder entziehen könnte. Dies erinnert an das Vorgehen gegen Wissenschaftler in Ländern mit faschistoiden bzw. faschistischen Regierungen wie in der Türkei. Daher erhebt sich nun heftiger Protest. Derzeit über 2800 Hochschullehrer fordern den Rücktritt der Ministerin.
Sie schreiben zur Begründung: „Repressive Überprüfungen von Wissenschaftler:innen, die ihre kritische Haltung zu politischen Entscheidungen öffentlich machen, sind aus autoritären Regimen bekannt, die eine freie Diskussion auch an Universitäten systematisch behindern.“
Wir unterstützen diesen Protest. Die „Offene Stellungnahme zum Vorgehen der Bundesbildungsministerin angesichts des offenen Briefes Berliner Hochschullehrer:innen“ ist zu finden unter
https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSccTcNVPTUSpezw2v7wWgNVpoFPfYsYMa9QpLkmCaq4YWy1Nw/viewform
Wir rufen zur Mitzeichnung auf.
Die Stellungnahme beruft sich auf die im Grundgesetz festgelegte „Freiheit der Wissenschaft“. Das ist einerseits ein bürgerlich-demokratisches Grundrecht, welches es gegen Bestrebungen der Einschränkung und repressiven Unterdrückung kritischer und fortschrittlicher Wissenschaftler zu verteidigen gilt. Wir sehen diese Freiheit aber auch schon bisher nicht gegeben, denn Wissenschaftler sind vielfältig abhängig, manche unserer Dozenten und wissenschaftlichen Beiräte mussten schon bittere Erfahrungen machen. Eine Wissenschaftsfreiheit für fortschrittliche und kritische Wissenschaft gab es in Deutschland noch nie.
Die Forderung nach Freiheit der Wissenschaft wird auch von Konzernvertretern benutzt, um Rüstungsforschung zu fordern. Auch Stark-Watzinger setzt sich für die Abschaffung von Zivilklauseln ein und die Staatsregierung in Bayern plant sogar ein Kooperationsgebot von Hochschulen mit dem Militär. [5] Die Forderung kommt auch von rechts, zum Beispiel, um Proteste von Studierenden gegen antikommunistische Pseudowissenschaft und Geschichtsrevisionismus zu unterbinden. Deshalb treten wir als Offene Akademie nicht allgemein für eine „Freiheit der Wissenschaft“ ein, sondern fördern eine Wissenschaft für das Volk, für die Lösung der Zukunftsaufgaben der Menschheit, für Umweltschutz, umweltschonende Technologien u.v.m.
Wir sind auch solidarisch mit der heftig attackierten Präsidentin der TU Berlin Geraldine Rauch, der haltlos Antisemitismus unterstellt wird. Es geht hier aber um weit mehr als die Proteste gegen den Völkermord in Gaza. Es geht um grundlegende demokratische Rechte und Freiheiten, die mit der Rechtsentwicklung eingeschränkt werden sollen. Ein Treiber ist ausgerechnet die “F”DP-Ministerin. Gaza ist jetzt der Anlass, um generell gegen kritische Wissenschaftler vorzugehen. Das betrifft – unabhängig von seiner Haltung zum Konflikt in Gaza – jeden demokratisch gesinnten Menschen.
Wir fordern:
- Einstellung aller Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen Protestierende angesichts des Völkermords in Gaza!
- Keine Maßregelung von Beschäftigten, die sich mit den Protestierenden gegen den Völkermord solidarisierten!
- Rücktritt von Wissenschaftsministerin Stark-Watzinger!
- Weg mit geistiger Bevormundung und weltanschaulicher und politischer Disziplinierung an Schulen und Hochschulen!
- Förderung von fortschrittlicher Wissenschaft und Forschung, u.a. zum Umweltschutz, zur Kreislaufwirtschaft, Beseitigung des Hungers und zu der Beendigung von Kriegen!
- Für freie politische Betätigung an Schulen und Hochschulen auf antifaschistischer Grundlage!