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Selbständiger Streik um jeden Arbeitsplatz statt Kapitulation durch Sozialtarifvertrag!

Der „Scheinwerfer“, Zeitung vom Kollegen für Kollegen bei Ford Köln, Saarlouis und angegliederten Betrieben, schreibt in einer aktuellen Extraausgabe:

Aus Kollegenzeitung „Scheinwerfer“
Selbständiger Streik um jeden Arbeitsplatz statt Kapitulation durch Sozialtarifvertrag!
Die Ford-Zentrale in Dearborn / USA (foto: Dave Parker (CC BY 3.0))

Das war eine denkwürdige Betriebsversammlung am Dienstag: 7000 Kolleginnen und Kollegen waren gekommen. Zehn Kolleginnen und Kollegen aus verschiedensten Bereichen ergriffen engagiert das Wort in der Aussprache, so viele wie schon lange nicht mehr.

 

Eine Frechheit war, dass sich von der Ford-Geschäftsführung keiner sehen ließ. Das gab es noch nie! Sie sind zu feige und abgehoben, um uns Kollegen ins Gesicht zu schauen.

 

Auf der Betriebsversammlung wurde deutlich: Weitere tausende Arbeitsplätze stehen auf der Abschussliste. Offensichtlich ist es die Strategie des US-Managements in Europa, ein Werk nach dem anderen dichtzumachen. Es läuft darauf hinaus, dass auch in Köln alle Bereiche betroffen sein werden!

 

Wut und Verunsicherung prägten die Stimmung. Aber es meinen auch viele, dass wir die Arbeitsplätze nicht kampflos aufgeben dürfen, sondern dafür kämpfen müssen, dafür streiken müssen. Solange Fahrzeuge, Getriebe, Motoren gebaut werden, haben wir ein Druckmittel in der Hand, das Ford die Pläne durchkreuzt. Und wenn wir kämpfen, haben wir die Solidarität anderer Automobilarbeiter und der Menschen der ganzen Region.

 

„Das ist eine finale Kampfansage!“, sagte Kerstin Klein von der IG-Metall-Bezirksverwaltung. Was heißt das? Wenn Ford damit durchkommt, ist das Ende der noch verbliebenen Ford-Produktionsstätten von Pkw in Europa besiegelt. Die ganze Politik der reformistischen Klassenzusammenarbeit und des Co-Managements – jahrelange Verhandlungen, Zugeständnisse, Verzicht – das war eine Anpassung an die Salamitaktik von Ford. Das Management wollte unbedingt vermeiden, dass die Belegschaft sich wehrt. Dieser Weg ist gescheitert. Selbst die Standortvereinbarung zum Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen bis 2032 kann von Ford gekippt werden, wenn das Management das will. Was ist nach dieser Betriebsversammlung jetzt zu tun? Wir sind gut gewerkschaftlich organisiert. Es ist völlig richtig, jetzt auf die gewerkschaftliche Kampfkraft zu setzen. Doch wir müssen wir uns über den Weg klar werden. Kerstin Klein sagte sinngemäß: „Es gibt die, die sagen, wir sollten sofort unbefristet streiken. Andere, die sagen, wir sollen nochmal verzichten. Ihr werdet beides hören. Es gibt alle Schattierungen dazwischen.“ Es soll eine Meinungsfindung in der Belegschaft dazu geben. Dazu sind am Donnerstag gemeinsame Vertrauensleutesitzungen geplant. Die Vertrauensleute sollen bis dahin die Meinung der Kollegen einholen.

 

Viele haben schon zum Ausdruck gebracht, dass sie kämpfen wollen. Aber wofür kämpfen wir? Es gibt zwei Richtungen: Kerstin Klein sprach für den Kampf für einen Sozialtarifvertrag, was die Vernichtung der Arbeitsplätze akzeptiert und lediglich sozial „abfedert“. Das wäre faktisch eine Kapitulation vor Ford. Die andere Richtung steht für den konsequenten Kampf um jeden Arbeitsplatz. Das kann nur ein selbständiger unbefristeter Streik sein, weil weder Betriebsrat noch die Gewerkschaft offiziell dafür aufrufen dürfen. Unsere Organisiertheit ist eine ausgezeichnete Voraussetzung für einen Streik, bis die Abbaupläne von Ford vom Tisch sind. Es ist offen, ob wir den gewinnen. Mit dem Weg zu einem Sozialtarifvertrag aber hätten wir bereits verloren.

 

Diese Diskussion müssen wir in der ganzen Belegschaft austragen. Dazu gehört, eigene Forderungen aufzustellen und sich klar zu werden, wofür wir kämpfen!

 

Nein zur Arbeitsplatzvernichtung! Nein zum Outsourcing! Für den Erhalt aller Arbeitsplätze aller Standorte!

 

Angeblich würde Ford die konkreten Zahlen für die Arbeitsplatzvernichtung Ende dieses Monats bekannt geben. Als ob das Management nicht bereits jetzt sehr konkrete Vorstellungen hat. Warum also sollen wir abwarten, bis sie uns sagen, wo sie dran wollen. Uns abwarten lassen ist Teil der Salamitaktik, ist Teil der Taktik zu spalten, zu hoffen, dass es andere trifft und nicht den eigenen Bereich. Davon sollten wir uns nicht mehr beeinflussen lassen.

 

Es wurde auch auf der Betriebsversammlung wieder von Managementfehlern gesprochen. Tatsache ist, dass die mörderische Konkurrenz um die Rangordnung der Autokonzerne weltweit Ursache dieses ganzen Krisenchaos in der Fahrzeugproduktion ist. Auch die derzeitigen Spitzenreiter, Tesla und Daimler, greifen ihre Belegschaften an. Wir Automobilarbeiter müssen unsere eigene Rechnung aufmachen. Letztendlich werden wir nie ein Auskommen und eine Zukunft im Kapitalismus finden. Im Gegenteil: Der Kapitalismus bedroht inzwischen durch die begonnene globale Umweltkatastrophe und die Weltkriegsgefahr die Existenz der Menschheit. Mit ihrer Denkweise, die auf das eigene Überleben in der kapitalistischen Konkurrenz fixiert ist, können die Kapitalisten das Problem nicht lösen. Sie sind Ursache des Problems. Solidarisch und als Arbeiterklasse zu denken und zu handeln, das entspricht uns Arbeitern. Wir wollen eine Zukunft, in der die Menschheit in Einheit mit der Natur, ohne Ausbeutung und Unterdrückung leben kann. Und mit so einer proletarischen, solidarischen Denkweise sind wir dem Ford-Management haushoch überlegen, gerade wenn wir kämpfen. Wir lassen uns nicht mehr in Standorte spalten und gegeneinander ausspielen, wie mit dem „Bieterwettbewerb“.

 

Organisieren wir einen gemeinsamen Aktionstag mit allen Standorten gegen die Ford-Pläne – wenn die Geschäftsleitung uns respektlos behandelt, werden wir uns Respekt verschaffen!