Europäische Union

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Schacherei um die Präsidentschaften

Die Absicht der noch amtierenden Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula Gertrud von der Leyen (CDU/EVP), war schon vor der EU-Wahl klar: Sie will eine zweite Amtszeit. Es wäre das erste Mal, dass eine Präsidentin zwei Amtszeiten absolviert. Bei den Verhandlungen um die Nominierung zur Präsidentschaft der EU-Kommission auf einem „EU-Sondergipfel“ gab es aber erst einmal keine Einigung.

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Schacherei um die Präsidentschaften
Das EU-Parlament ist kein Ort der Demokratie (Bild: Artur Roman)

Auch wenn der größten Fraktion traditionell so eine Art Vorschlagsrecht eingeräumt wird, muss offiziell der Europäische Rat die Kandidatin nominieren.
Die Ampel-Regierung knüpft ihre Unterstützung an verschiedene Bedingungen. So verlangt die FDP, die Schulden der EU zu begrenzen und die Flüchtlingspolitik weiter zu faschisieren. Die Grünen fordern die Fortsetzung des EU-Greenwashings mit dem "Green Deal" und so geht es weiter.

 

Strittig ist aber nicht nur der Machtanspruch von der Leyens, sondern auch die Nachfolge des Ratspräsidenten, des Belgiers Charles Michel (Partei „Mouvement Réformateur“ von der liberalen ALDE-Fraktion). Beim regulären EU-Gipfel Ende der kommenden Woche werde es "mehr Klarheit" geben, sagte dieser.

Wen interessiert die Verfassung?

Der Ratspräsident wird nach Artikel 15 der EU-Verfassung vom Europäischen Rat für eine Amtszeit von zweieinhalb Jahren gewählt. Tatsächlich war bisher jeder EU-Ratspräsident fünf Jahre im Amt. Der Posten wurde bei den Personalverhandlungen einfach für fünf Jahre einer Parteienfamilie versprochen. Bürgerliche Diplomatie besteht eben in dem Austausch von Gefälligkeiten – oder Drohungen.

 

Nach Angaben von Diplomaten wollte die EVP sich dieses Mal aber die Option offen halten, nach Ablauf der zweieinhalb Jahre neu zu verhandeln, womit sie auch Anspruch auf das Amt erheben könnten. Das sollen die Sozialdemokraten abgelehnt haben.

 

Zur Wahl des EU-Ratspräsidenten ist lediglich eine "qualifizierte Mehrheit"¹ im Rat nötig, mit der er auch des Amtes enthoben werden kann. Eine Bestätigung durch das Europäische Parlament ist nicht vorgeschrieben.

Instransparent und undemokratisch

Die Schacherei legt offen, was von der hoch-gelobten EU-Demokratie wirklich zu halten ist: Nicht das Parlament (oder gar die Völker selber) entscheidet wirklich über ihre hohen Ämter, sondern Hinterzimmertreffen der Regierungsspitzen.

 

Das ist auch im Fall der EU-Kommissionspräsidentschaft durchaus so angelegt: Der Posten wird jeweils nach der Europawahl vom Europäischen Rat mit "qualifizierter Mehrheit" vorgeschlagen und anschließend vom Europäischen Parlament mit absoluter Mehrheit der Mitglieder gewählt. Wenn das nicht klappt, schlägt der Rat innerhalb eines Monats einen neuen Kandidaten vor, und so weiter – friss’ oder stirb’.