Palästina

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Gerichtsurteil: "From the river to the sea ..." ist nicht strafbar

Wenn bei einer Demonstration aus Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf die Parole "From the river to the sea, Palestine will be free" gerufen wird oder auf einem Transparent steht, geht sofort ein hysterisches Geschrei los. Die Parole sei antisemitisch und ziele darauf, den Staat Israel auszuradieren. Gegen etliche Demonstranten wurde deswegen vonseiten des Staatsapparats ermittelt.

Die MLPD verwendet die Parole nicht, weil sie häufig so verstanden wird, das Existenzrecht Israels infrage zu stellen. Dieses steht für die MLPD außer Zweifel. Allerdings meinen wir auch, dass man den Slogan so verstehen kann, dass er die Hoffnung auf ein friedliches, gleichberechtigtes Zusammenleben von Juden, Muslimen und Arabern auf dem gesamten Territorium zwischen Jordan und Mittelmeer ausdrückt.

 

Wer die Parole unmittelbar nach dem Überfall der faschistischen Hamas auf Israel skandierte, musste damit rechnen, wegen Billigung schwerer Straftaten nach § 140 Strafgesetzbuch (StGB) verfolgt zu werden. Dafür muss aber eindeutig sein, dass die skandierende Person Bezug auf den Hamas-Überfall nimmt und nicht die Situation der Palästinenser in den besetzten Gebieten oder Israels Kriegsführung in Gaza kritisieren will. Monate nach dem 7. Oktober und angesichts der barbarischen israelischen Kriegsführung nimmt man das rechtlich nicht mehr so einfach an. Gleiches gilt für noch anhängige Verfahren über Äußerungen vor dem 7. Oktober.

 

Einen solchen Fall hatte nun erstmals eine Strafkammer beim Landgericht (LG) zu entscheiden. Das Ergebnis lautet: Die Äußerung ist straflos – im Zweifel für die Meinungsfreiheit. Ein Mann nahm im Mai 2023 an einer Palästina-solidarischen Demonstration teil und hielt ein Plakat mit der Parole hoch. Die Staatsanwaltschaft beantragte den Erlass eines Strafbefehls wegen Verwendens von Kennzeichen terroristischer Organisationen (§§ 86 Abs. 2, 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Sie argumentierte, die Parole sei ein Kennzeichen der Hamas, die damals zwar in Deutschland noch nicht verboten war, aber auf der EU-Terrorliste stand.

 

Das Amtsgericht (AG) Mannheim sah es anders und lehnte den Strafbefehlsantrag im September mangels hinreichenden Tatverdachts ab. Hiergegen wandte sich die Staatsanwaltschaft mit einer sofortigen Beschwerde, hatte damit jedoch keinen Erfolg: Mit Beschluss vom 29. Mai verwarf das LG Mannheim die Beschwerde (Az. 5 Qs 42/23) und kritisierte dabei die Sichtweise des Bundesinnenministeriums (BMI). Darüber berichteten kürzlich einer der Verteidiger des Angeschuldigten, Ahmed Abed, und der Journalist James Jackson jeweils auf X.

 

In dem Beschluss setzen sich die Richter mit der Herkunft und den möglichen Bedeutungen der Parole auseinander und kommen zu dem Schluss, dass eine straflose Interpretation möglich ist. Die Version der Parole, die die Hamas in ihre Charta von 2017 aufgenommen hat, ist zudem nicht deckungsgleich mit dem ursprünglichen Wortlaut. Andere Gerichte sind an die Mannheimer Entscheidung allerdings nicht gebunden.