Interview mit der Exil-Iranerin Zaman Masudi

Interview mit der Exil-Iranerin Zaman Masudi

„Spezialpreis der Jury“ in Cannes für einen spannenden iranischen Untergrund-Film

Auf dem international beachteten Filmfestival in Cannes erhielt der iranische Regisseuer Mohammad Rasoulof diesen „Spezialpreis“ für seinen heimlich gedrehten Film „The seed of the Sacred Fig“ - „Die Saat des heiligen Feigenbaums“.

Interviewfragen: Chris Wilhelm
„Spezialpreis der Jury“ in Cannes für einen spannenden iranischen Untergrund-Film
Regisseur Mohammad Rasoulof mit einem Teil seines Teams in Cannes (Foto: John Sears, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons)

Rote Fahne: Worum geht es in dem Film?

Zaman: Der Film stellt die Konflikte einer iranischen Familie dar im Jahr 2022, als Mahsa-Gina Amini durch die Sittenpolizei getötet wurde, was mutige Massenproteste auslöste. Der Film verwendet dabei echte, teilweise brutale Video-Ausschnitte, die zeigen, wie Menschen verhaftet, geschlagen und umgebracht werden. Der Familienvater, Iman, ein ehrgeiziger Anwalt, wird in das Justizsystem der Islamischen Republik befördert. Bald merkt er, dass er vor allem dazu gebraucht wird, vorgegebene Urteile zu unterschreiben. Imams Frau und Töchter stellen sich im Verlauf der Kämpfe aber auf die Seite der Protestierenden. Das zerreißt schließlich die Familie – ein Bild für die iranische Gesellschaft insgesamt.

Rote Fahne: Du kennst den Regisseur persönlich, was treibt ihn dazu, diesen Film zu machen.

Zaman: Mohamad Rasoulof ist 1973 im Schiraz/Iran geboren. Seine Filme sind hoch politisch, kritisch; sie zeigen die Unterdrückung des Widerstandes im Land, die Zustände in den Gefängnissen, Folter, Morde an Intellektuellen usw. Letztes Jahr wurden 853 Hinrichtungen bekannt. Rasoulof protestiert auch dagegen, dass der weltweit bekannte fortschrittliche Rapper Tomaj Salehi für seine freiheitlichen Texte zum Tode verurteilt wurde. Er schickte seine Filme über die Grenzen in die Welt hinaus, obwohl ihm Verhaftung und Einschüchterung des Regimes drohten. Im Jahr 2020 wurde Rasoulof für seinen Film „Doch das Böse gibt es nicht“ mit dem Goldenen Bären der Berliner Filmfestspiele ausgezeichnet. Er ist mit seinen Filmen Teil des Widerstandes gegen die - wie er sagt - „tyrannische und unterdrückerische Herrschaft“ des iranischen Regimes. Dabei zeigt er eine große Zivilcourage. Er hat diese Würdigung, diese wichtigste Auszeichnungen des Filmfestivals Cannes verdient. Der Film ist auch Ergebnis seiner eigenen Gefängnis-Erfahrungen.

Rote Fahne: Ist er deshalb aus dem Iran geflohen?

Zaman: Er saß bereits für ein Jahr im Gefängnis, weil er eine Petition gegen die faschistische islamische Polizeigewalt unterschrieben hatte. Sein Reise-Pass wurde ihm schon 2017 abgenommen. Rasoulof sagte, dass das iranische Volk von der Islamischen Republik als „Geisel“ genommen wird, und fordert die internationale Gemeinschaft auf, nicht zuzulassen, dass die islamische Führung das Volk so behandelt. Wie gefährlich die Filme von Mohammad Rasoulof für das islamische Regime sind, kann man aus ihrer Reaktion ersehen: Anfang Mai 2024 wurde in Teheran bekannt gegeben, dass Mohammad Rasoulof zu acht Jahren Haft, Auspeitschung, Geldstrafe und Beschlagnahme von Eigentum verurteilt wurde. Daraufhin verließ er heimlich und ohne Reisepass den Iran. Seine Filme sind für mich Teil der iranischen fortschrittlichen Kunst, die mit Filmen, Musik, Theater, Poesie usw. die Moral des Widerstand hochhält.

Rote Fahne: Deine Empfehlung also - den Film ansehen?

Zaman: Ansehen, ja! Aber zunächst wird der Film wohl auf anderen internationalen Filmfestivals gezeigt. Das Filmfest Hamburg gab jetzt bekannt, dass er beim Filmfest vom 26. September bis zum 5. Oktober 2024 in der Hansestadt zu sehen sein wird. Rasoulof teilte mit: "Ich freue mich von ganzem Herzen, mit meinem neuen Film wieder nach Hamburg zu kommen.“