Wahlen in Südafrika

Wahlen in Südafrika

Die Zukunft der Massen Südafrikas wird woanders entschieden

In Südafrika fanden am 29. Mai nationale Wahlen statt. Gleichzeitig wurden die neun Provinzparlamente gewählt. Im Fernsehen sah man überall lange Schlangen von geduldigen Wählerinnen und Wählern, die darauf brannten, ihre Stimme abgeben zu dürfen.

Korrespondenz

Tatsache ist aber, dass die meisten Südafrikanerinnen und Südafrikaner gar nicht gewählt haben. Das Vertrauen der Massen in die Parteien und das parlamentarische System ist angesichts ihrer Lebensumstände sehr stark zurückgegangen. Seit Jahrzehnten werden sie von Armut, Arbeitslosigkeit, täglichem Rassismus und Kriminalität geplagt, gehen vielfach ohne einen Teller Essen ins Bett, und keine Partei hat je was daran geändert. Zu den täglichen Stromabschaltungen, die bis zu zehn Stunden dauern können, waren in letzter Zeit noch riesige Probleme durch Wassermangel dazugekommen.

 

Indessen forcieren die Herrschenden des neuimperialistischen Südafrika die Reaktion nach außen und nach innen. Ein Instrument dafür waren auch diese Wahlen. Die Rechnung ging aber nicht so einfach auf.

 

Es traten 70 Parteien plus unabhängige Kandidaten an. Zahlreiche ultrarechte bis faschistische Parteien wollten den Zorn der Massen auf die „Wirtschaftsflüchtlinge“ und „illegalen Migranten“ ablenken.

 

Im Dezember 2023 wurde noch schnell die Partei uMkhonto weSiszwe (MK) gegründet. Die Partei nennt sich demagogisch nach der früheren Befreiungsarmee des ANC, steht aber für Zulu-Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Homophobie. Ihr Gesicht ist Jacob Zuma, der frühere Ministerpräsident, der wegen Korruption zurücktreten musste und wegen einer Verurteilung gar nicht selber kandidieren darf.

 

In der Provinz Eastern Cape konnten mindestens 32 Wahllokale wegen Protesten erst verspätet öffnen; stellenweise übernahm die Polizei die Wahllokale. In der Nordwestprovinz ging die Polizei mit Blendgranaten und Gummimunition gegen Menschen vor, die gegen ein Wahllokal in ihrem Dorf protestierten. Die Bewohnerinnen und Bewohner eines Townships in Port Elizabeth verhinderten, dass das Wahllokal öffnen konnte. „Hier wird nicht gewählt“, sagten sie. „Wahlen ändern nichts für uns!“, so die Bewohner weiter. Polizei, Militär und Staatssicherheit waren in KwaZuluNatal im Vorfeld der Wahlen mit 900 Protesten, davon 211 Militanten, befasst. Es gab eine richtige Massenbewegung gegen die Wahlen, vor allem in den armen Townships und Dörfern.

 

Der ANC erlebte einen Absturz von 57,5 Prozent auf 40,29 Prozent, d.h. über 3,5 Millionen weniger Menschen wählten den ANC als 2019.

 

Zweitstärkste Kraft ist die von Weißen dominierte rechte Democratic Alliance (DA) mit 21,64 Prozent. Das drittstärkste Ergebnis erzielte die reaktionäre Zuma-Partei. Sie kam auf 14,7 Prozent der Stimmen, vor allem aus der Provinz KwaZuluNatal. Dort wurde sie mit 45,9 Prozent sogar stärkste Partei (ANC: 17,6 Prozent). Auch in der Provinz Mpumalanga kam sie auf ein gutes Ergebnis (mit 17,4 Prozent zweitstärkste Kraft). In diesen beiden Provinzen sind die wichtigen Industrie- und Hafenstädte Durban und Richards Bay, Schwerindustrie, die größten Kohlekraftwerke des Landes und Gold-, Platin- und Kohlebergbau. Auf dieses Gebiet hatte es uMkhonto weSizwe abgesehen. Es gelang ihr auch, bei einigen Menschen eine Hoffnung auf einen Neuanfang des ANC zu wecken.

 

Das auf den ersten Blick bedeutende Wahlergebnis ist real jedoch kein Durchmarsch, denn die 14,7 Prozent entsprechen weniger als 6 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung.

 

Auch die faschistische Patriotic Alliance legte zu und ist die stärkste der kleinen Parteien. Es ist Wachsamkeit gegenüber der Rechtsentwicklung geboten. Die Metallgewerkschaft NUMSA hatte die Arbeiter richtigerweise vor einer Wahl der rechten Parteien gewarnt.

 

Die CPSA/ML (Kommunistische Partei Südafrikas / Marxisten-Leninisten), Mitgliedspartei der ICOR¹, die selbst nicht kandidierte, trat für Wahlboykott ein und für die einzige realistische Perspektive für die Massen Südafrikas, den Kampf für Selbstbefreiung mit dem Ziel Sozialismus.

 


Hier ein Video von 2019, in dem Bewohner des Townships Smiling Valley ihren Standpunkt zu Wahlen darlegen. Inzwischen hat Smiling Valley Strom, dank des Kampfes der Bewohnerinnen, Bewohner und der Zusammenarbeit mit der Deutsch-Südafrikanischen Freundschaftsgesellschaft Marikana.