Forscher schlagen Alarm

Forscher schlagen Alarm

Verseuchung der Ostsee durch tödliches Gift!

Im Meeresgrund der Ostsee schlummert eine vergessene Gefahr – und zwar in Form von giftigem Thallium. Dieses gilt als das giftigste Metall für Menschen und Tiere und kann schwerwiegende gesundheitliche Schäden hervorrufen – bis hin zum Tod. Das haben Wissenschaftler in neuesten Untersuchungen des renommierten US-Meeresforschungsinstituts Woods Hole Oceanografic Institution (WHOI) gemeinsam mit Forschern des Warnemünder Leibniz-Instituts für Ostseeforschung (IOW) nachgewiesen.

Verseuchung der Ostsee durch tödliches Gift!
Ostsee-Foto: shutterstock_2353728079

„Große Teile – wenn nicht der größte Teil – der Ostsee sind durch menschliche Aktivitäten mit giftigem Thallium kontaminiert“, sagte Sune Nielsen, Wissenschaftler der WHOI. „Soweit mir bekannt ist, handelt es sich hierbei um das geografisch umfangreichste Gebiet mit Thallium-Kontamination, das jemals dokumentiert wurde.“

 

Bereits jetzt gilt die Ostsee als das schmutzigste Meer der Welt. Zwischen 20 Prozent und mehr als 60 Prozent des giftigen Thalliums, das in den letzten 80 Jahren in die Ostsee gelangt ist, führen die Wissenschaftler auf menschliche Aktivitäten, wie Industrie-Abwässer, Düngemitteleinleitungen aus der Landwirtschaft, Plastikmüll oder die Schifffahrt zurück. Todeszonen, in denen wegen Sauerstoffmangel praktisch alles Leben abgestorben ist, breiten sich immer weiter aus. Die Bestände von Dorsch und Hering, des einstigen „Brot- und Butterfischs“ der Ostsee, sind bereits in akuter Gefahr. Das alles wird durch die etwa drei- bis viermal so schnelle Erwärmung der Ostsee gegenüber dem Durchschnitt der Meere, beschleunigt, die nach Professor Oliver Zielinski, Direktor des IOW, zu einer zunehmenden „Verquallung“ der Ostsee in den nächsten Jahren führen werde. (OZ, 27.5.24)

 

Das giftige Schwermetall liegt zwar hauptsächlich als Sulfid vor – also als Salz unter dem Sand am Meeresboden, wo es zunächst für Mensch und Tier ungefährlich ist. Doch die Forscher warnen bereits davor, im Rahmen von Revitalisierungsprogrammen die sogenannten „Todeszonen“ in der Ostsee künstlich zu beleben – weil dann das Thallium freigesetzt werden könnte. Dieses sei dann nicht nur bei direktem Hautkontakt giftig, sondern könne sich auch in Fischen anlagern und somit in unsere Nahrungskette gelangen. Sie warnen auch davor, dass Bauarbeiten, wie das Setzen von Windrad- oder Brückenpfeilern, Erdgaspipelines usw. oder andere, noch nicht bekannte, Veränderungen der Chemie der Ostsee das im Sediment gebundene giftige Thallium freisetzen könnten.

 

Angesichts der Gefahr der Vergiftung der gesamten Ostsee müssen alle weiteren Einleitungen von Thallium sofort gestoppt werden. Es ist naiv, wenn IOW-Forscher Olaf Dellwig Entwarnung gibt: „Es gibt keine Anreicherungen an den Stränden und auch keine Belastung im Wasser.“ (OZ, 14.5.24) Baden, Schwimmen, Planschen in der Ostsee seien derzeit und mit Blick auf das giftige Metall am Meeresgrund bedenkenlos möglich.

Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen

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Dagegen warnt das aktuelle Buch von Stefan Engel, Monika Gärtner-Engel und Gabi Fechtner, „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen!“, eindringlich vor der neuen Qualität einer beschleunigten Vermüllung und Vergiftung der Meere, die zusätzlich das Umkippen und Absterben der Meere vorantreiben. Es kommt zum gegenteiligen Schluss: „Die Weltmeere befinden sich in einem dramatischen Übergang zu irreversiblen Selbstzerstörungsprozessen mit kaum absehbaren Folgen für die gesamte Biosphäre.“ (S.369)

 

Nur mit drastischen und einschneidenden Sofortmaßnahmen kann dieser Entwicklung entgegengesteuert werden! In den Leitlinien für ein erweitertes Kampfprogramm wird im Buch deshalb gefordert:

 

„Verbot jeglicher Einleitung giftiger Stoffe, von Müll und Überdüngungsrückständen ins Meer und in andere Gewässer. Strenge Auflagen zur Reinigung industrieller Abwässer, Abfangen des Mülls an den Flussmündungen.“ Und als Forschungsschwerpunkt wird unter anderem die Erforschung großflächiger Entnahme von Müll, Giftstoffen und (Mikro-)Plastik aus den Weltmeeren vorgeschlagen. Wäre das nicht ein lohnendes Forschungsfeld für das Leibniz-Institut für Ostseeforschung (IOW), Herr Dellwig?