Ukrainekrieg

Ukrainekrieg

Antrieb der Eskalation: Druck und Gegendruck

In der Ukraine geht es für die etablierten Imperialisten des Westens um den Erhalt ihrer hegemonialen Stellung. Für die Neuimperialisten in Russland geht es darum, aus der strategischen Defensive der letzten Jahrzehnte heraus zu kommen und ihren Einfluss auszubauen.

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Antrieb der Eskalation: Druck und Gegendruck
Das bedeutet dieser Krieg: Menschen leiden und sterben für die Interessen der Imperialisten. Dieser schwerverletzte Soldat der 47. mechanisierten Brigade wird in einem notdürftig hergerichteten Feldhospital operiert - Drei Kugeln und Dutzende Splitter werden aus seinem Körper geholt. (s.u., Quellen)

Weil diese Widersprüche antagonistisch sind und weil der Krieg immer zum Äußersten drängt, birgt der Ukrainekrieg somit die akute Gefahr eines Dritten Weltkriegs in sich. Niemand hat wirklich die Kontrolle über diesen Krieg. Beide Seiten sind genötigt, auf einander zu reagieren. Nun gelingt es Russland zusehends, eine militärische Überlegenheit auf dem Schlachtfeld herzustellen – und die NATO kann es sich nicht leisten, den sich abzeichnenden Ausgang zu akzeptieren.

 

Die Parlamentarische Versammlung (PV) der NATO verabschiedete am Montag bei ihrer Frühjahrstagung in der bulgarischen Hauptstadt Sofia eine entsprechende Erklärung mit dem Motto „Der Ukraine bis zum Sieg beistehen“ und hat sich verpflichtet, die Ukraine „im Namen der Demokratie“ mit allem, was nötig ist, zu unterstützen. Kampf bis zum Sieg. 24 der 32 NATO-Staaten stimmten dafür. Ein Viertel der NATO-Staaten stimmte also nicht zu. Die Hauptrichtung ist Verschärfung, auch wenn es immer auch Gegenkräfte gibt, die an "diplomatische Lösungen" appellieren.

 

Der Präsident der Parlamentarischen Versammlung der NATO, Michal Scherba, nannte auch den Preis, den man zu gewinnen hofft: „Der Platz der Ukraine ist in der NATO. Auf dem NATO-Gipfel in Washington müssen wir deutlich machen, dass die Mitgliedschaft der Ukraine unumkehrbar ist“.

 

Das kommt nicht von ungefähr: Im Sinne ihrer Ziele aber kann die NATO diesen Krieg nicht mit den ukrainischen Blutopfern alleine gewinnen. Gegen die Militärmaschinerie des neuimperialistischen Russland wird die NATO über kurz oder lang ihre eigenen Truppen in die Schlacht werfen müssen. So kann sich die Losung schnell wandeln und fürderhin lauten: „Sieg oder Tod“, und zwar für beide Seiten.

Ab jetzt soll es heißen: Russland angreifen

„Es ist an der Zeit, die Beschränkungen für den Einsatz westlicher Waffen zu militärischen Zwecken in Russland zu überdenken“, so NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag. Dafür kritisierte der italienische Verteidigungsminister Guido Crosetto in einem Interview in „La Stampa“, Stoltenberg könne „nicht im Alleingang entscheiden“.

 

Am Dienstag kam dann Zuspruch für Stoltenbergs Vorstoß vom EU-Außenbeauftragten Josep Borrell bei einem EU-Verteidigungsministertreffen in Brüssel. Solche Angriffe auf russisches Gebiet seien „nach dem Kriegsrecht durchaus möglich und kein Widerspruch“. Bei Schlägen mit Marschflugkörpern und Artillerie tief im russischen Hinterland landet man dann aber genau bei den Terror-Taktiken gegen die Zivilbevölkerung, für die man seine russischen Konkurrenten stets so blumig verurteilt.

 

Stoltenberg umriss ferner die Agenda für den im Juli bevorstehenden Nato-Gipfel in Washington: Verbesserung der Verteidigungskapazitäten, Unterstützung der Ukraine und globale Partnerschaften mit Fokus auf die Asien-Pazifik-Region. Letzteres ist besonders für die USA interessant, deren Hauptgegner im zwischenimperialistischen Konflikt das sozialimperialistische China bleibt.

 

Dass französische Ausbilder in die Ukraine entsendet wurden, wie früher am Tag noch behauptet, wurde allerdings zwischenzeitlich zurückgenommen: Es gebe lediglich entsprechende Verhandlungen, die aber noch nicht abgeschlossen seien.

Offene Kriegsbereitschaft der baltischen Staaten und Polens

In Estlands Hauptstadt Tallinn fand zuvor vom 16. bis 18. Mai die außen- und sicherheitspolitische Lennart-Meri-Konferenz statt. Sollte Russland im Osten der Ukraine ein strategischer Durchbruch gelingen, würden die baltischen Staaten und Polen selbst Truppen in die Ukraine schicken. Schlussendlich würde dann die Nato in den Krieg hineingezogen werden.

 

Russland reagierte entsprechend und drohte mit einer Ausweitung des Krieges im Fall direkter Angriffe durch NATO-Truppen. Mit dem Angriff auf ein Radar-System des russischen Atomwaffen-Frühwarnsystems in der Nacht auf den 23. Mai durch einen ukrainischen Drohnenangriff verschärft sich die Gefahr eines atomaren Kriegs tatsächlich spontan. Am Samstag warf der ehemalige russische Botschafter bei der Nato, Dmitri Rogosin, den USA vor, diesen Angriff geplant oder zumindest davon gewusst zu haben. Er warnte zu Recht, dass mit solchen Aktionen die Welt näher an den Abgrund eines Atomkriegs rücke.