Nach drei Streikwochen

Nach drei Streikwochen

Fauler Tarifkompromiss im Bauhauptgewerbe gehört abgelehnt!

Nach drei Streikwochen, mit denen die Baubeschäftigten zum ersten Mal nach 20 Jahren für stillstehende Baustellen sorgten, hat sich die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) mit dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und Zentralverband Deutsches Baugewerbe auf einen faulen Tarifkompromiss geeinigt.

Von wb

Dieser sieht eine dreistufige Lohn- und Gehaltserhöhung vor: ab 1. Mai 2024 um 1,2 Prozent im Westen und 2,2 Prozent im Osten. Die Lohngruppe 1 soll bundeseinheitlich um 2,2 Prozent erhöht werden. Für alle gibt es zusätzlich einen tabellenwirksamen monatlichen Festbetrag von 230 Euro. Ab dem 1. April 2025 eine weitere prozentuale Erhöhung der Löhne und Gehälter um 4,2 Prozent im Westen und 5,0 Prozent im Osten. Ein Jahr später ein Plus von von 3,9 Prozent im Westen und die Anhebung der Löhne und Gehälter im Osten auf das Niveau des Tarifgebietes West.[1] Das kann aber die tatsächliche Inflation für einen Arbeiterhaushalt und den Reallohnverlust aus der Tarifrunde von 2021 nicht ausgleichen, wo im Schnitt zwei bis drei Prozent tabellenwirksame Lohnerhöhung vereinbart wurde.

 

Mit der Angleichung von Ost und West ist dagegen ein wichtiger Teilerfolg gelungen, im Kampf gegen die  damit verbundene Spaltung. Auch dass die Erhöhungen für die Lohngruppe 1  und bei den Ausbildungsvergütungen höher ausfällt ist positiv, weil diese den größten Teil ihres Einkommens für Lebensmittel oder Energie ausgeben müssen, wo die Preise am meisten steigen.

 

Bei der Bewertung des Verhandlungsergebnisses muss stutzig machen, dass diese in einer „gemeinsamen Pressemitteilung“ von Gewerkschaft und Verbänden der Bauindustrie veröffentlicht wurde. Robert Feiger, IG-BAU-Vorsitzender, zeigt sich darin zufrieden, weil das „Volumen oberhalb des Schlichterspruches“1 liege. Dazu muss man wissen, dass Feiger sich bereits auf das noch schlechtere Schlichterangebot einließ. Weil das den Scharfmacher bei den Bauverbänden schon zu viel war und sie deshalb die Schlichtung ablehnten, hat die IG-Bau-Führung zu „massiven Streiks“ aufgerufen.

 

Obwohl die allermeisten Kolleginnen und Kollegen keine Streikerfahrungen haben und Streiks in der Branche mit ihren vielen Baustellen und Betrieben nicht einfach zu organisieren sind, haben die Bauarbeiter beeindruckend gestreikt. Ihnen war es ernst mit der vollen Durchsetzung ihrer Forderung nach 500 Euro.

 

Ebenfalls muss den Kollegen zu denken geben, dass sich die Bauverbände sehr erfreut gezeigt haben, weil ihnen die vereinbarte Laufzeit von 36 Monaten  Planungssicherheit schafft bei ihren Geschäften. Die Aufgabe der Gewerkschaft ist aber, den Kampf dafür zu organisieren, dass die Arbeiter auch planen können, wie sie sich und ihre Familien über die Runden bringen können. Es handelt sich um einen faulen Kompromiss, weil die IG-Bau-Führung vor dem vollen Einsatz der Kampfbereitschaft einknickte. Dies hätte bedeutet, zu bundesweiten unbefristeten Streiks überzugehen.

 

Die Zeit bis zum 14. Juni, wo die zuständigen Gremien dem Einigungsvorschlag zustimmen müssen, sollte jetzt von den Kollegen an der Gewerkschaftsbasis genutzt werden, um ihre Ablehnung und Kritik zum Ausdruck zu bringen. Sollte es dennoch zum faulen Tarifabschluss kommen, steht auch an die Baubeschäftigten die Aufgabe, selbständig einen Lohnnachschlag zu erkämpfen.