Ergänzung zum Artikel auf Rote Fahne News vom 23. Mai

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Drei Geschichtslügen zum Grundgesetz

Drei Lebenslügen prägen die bürgerliche Lobhudelei zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes: Erstens, es sei der Beginn der Souveränität Deutschlands, zweitens es sei demokratisch und drittens es sei die Grundlage der Einheit Deutschlands.

Von cg/Solingen

Klares Besatzungsdiktat

Die Einrichtung des Parlamentarischen Rats mit der Aufgabe zur Schaffung eines Grundgesetzes erfolgte auf Anweisung der „Londoner Empfehlungen“ der Sechs-Mächte-Konferenz [1] vom 7.6.1948. Sie beschloss die Einbeziehung der Westzonen in den Marshallplan und die Ausarbeitung einer Verfassung für die drei Westzonen. Damit sollten die Grundlagen für einen westdeutschen Separatstaat geschaffen werden. Dieser politische Auftrag wurde per Direktive der Militärgouverneure der Westmächte (Clay, Robertson und Koenig) vom 1.7.1948 an die Ministerpräsidenten der elf westzonalen Länder umgesetzt – ein klares Besatzungsdiktat.

 

Der Parteivorstand der KPD erklärte Ende August 1948 zum Zusammentritt des Parlamentarischen Rats unter Vorsitz des reaktionären Antikommunisten Konrad Adenauer (CDU): "Mit dem Zusammentritt des Parlamentarischen Rats, dem der Auftrag erteilt ist, den Entwurf einer westdeutschen Verfassung zu schaffen, soll die endgültige Zerreißung Deutschlands durch Deutsche vollzogen werden. Die Bildung des Parlamentarischen Rates erfolgt auf der Grundlage der Londoner Empfehlungen. Diese verstoßen gegen die völkerrechtlich bindenden Verträge von Jalta und Potsdam. Darin haben die vier Großmächte die Ausübung der staatlichen Souveränität in Deutschland mit der Verpflichtung übernommen, für die Errichtung eines einheitlichen demokratischen deutschen Staates zu sorgen und dann die Souveränität an das deutsche Volk zurückgegeben."

 

Die Landesleitung Nordrhein-Westfalen der KPD erklärte zum politischen Zweck dieses Manövers im Interesse der „weltpolitischen Interessen des amerikanischen Finanzkapitals“ und  „der Großgrundbesitzer und Konzernherren Westdeutschlands“: „Sie wollen unter allen Umständen die Durchführung einer Bodenreform, die Enteignung der Kriegsverbrecher, der Überführung der Großbetriebe in die Hände des Volkes und das demokratischen Mitbestimmungsrecht der Werktätigen in Wirtschaft und Verwaltung verhindern. Mit einem einheitlichen Deutschland wäre die Vormachtstellung der Junker und Monopolherrn gebrochen.“ [2]

Das Grundgesetz wurde nicht demokratisch erarbeitet

Demokratische erarbeitet und beschlossen wurde das Grundgesetz bis heute nicht. Im Gegenteil: Es wurde von den herrschenden Kreisen der westdeutschen Bevölkerung bewusst unter Ausschaltung aller demokratischen Elemente aufgezwungen. Die Bundeszentrale für politische Bildung rechtfertigt das offenherzig: „Dies war vor allem nach Auffassung der USA erforderlich, um den Boden für eine freiheitlich-demokratische Entwicklung zu bereiten und eine Radikalisierung der politischen Kräfte in Deutschland zu verhindern.“ [3]

Was geschah danach?

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Teil 1: So war's damals

 

Demokratische Initiativen wurden systematisch ausgebremst: So beschloss der 3. Deutsche Volkskongress mit 1441 Delegierten aus allen Besatzungszonen in Berlin 1949 die Annahme eines Verfassungsentwurfs für eine Deutsche Demokratische Republik und für die Neuwahl des Deutschen Volksrates. Das wurde natürlich im Westen strikt abgelehnt. Auch das Grundgesetz bekam nie demokratische Weihen. Der Parteivorstand der KPD in der oben genannten Erklärung: „Der Parlamentarische Rat hat kein Mandat im deutschen Volk. Er ist gegen den Willen der überwältigenden Mehrheit aller Deutschen errichtet. Das deutsche Volk will nichts anderes als eine einheitliche demokratische Republik mit einer Verfassung, die von einer durch das ganze deutsche Volk gewählten Nationalversammlung auszuarbeiten ist.“

 

Entsprechend dieser undemokratischen Angst vor dem Volk wurde das Grundgesetz weder 1948/49 noch nach der Wiedervereinigung 1989/1990 dem Volk zu einer  Volksabstimmung vorgelegt. Und das, obwohl im Grundgesetz Artikel 146 „nach Vollendung der Einheit“ eine Verfassung vorgesehen ist, „die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ Doch so viel „freie Entscheidung“ will das Monopolkapital der Bevölkerung bis heute nicht zugestehen!

Ein Gesetz zur bewussten Spaltung Deutschlands

Das Grundgesetz war kein Gesetz zur Einheit Deutschlands, sondern ein Gesetz zur  bewussten Spaltung Deutschlands. Adenauer brachte das als Sprachrohr des westlichen Finanzkapitals auf den Punkt: „Lieber das halbe Deutschland ganz als das ganze Deutschland halb.“ Die Spaltung Deutschlands widersprach eklatant der großen Mehrheit: So fand auf Initiative des im März 1948 tagenden 2. Deutschen Volkskongresses im Mai/Juni 1948 ein „Volksbegehren für die Einheit Deutschlands“ statt. 14,8 Millionen Menschen aus allen Besatzungszonen stimmten für einen Volksentscheid. Diktatorisch wurden vor allem die Kommunisten als entschiedenste Verfechter der Einheit Deutschlands unterdrückt. Im Februar 1948 entließ Ministerpräsidenten Arnold (CDU) die beiden KPD-Minister aus der Landesregierung NRW. Noch im selben Monat wurde die Zeitung der Kommunisten „Freiheit“ zeitweilig verboten.

 

Auch wenn das Grundgesetz als Zugeständnis wichtige demokratische Rechte enthält - auch hier gilt der Spruch: „Das herrschende Recht ist das Recht der Herrschenden“.