Interview mit ver.di-Vertrauensmann

Interview mit ver.di-Vertrauensmann

Tarifabschluss bei den kommunalen Verkehrsbetrieben in Baden-Württemberg

Bei der Urabstimmung zum Tarifabschluss [1] bei den kommunalen Verkehrsbetrieben in Baden-Württemberg gab es Zustimmung und Kritik [2].Ein ver.di-Vertrauensmann dazu im Interview mit "Rote Fahne News".

Das Interview führte wb

Wie ist die Urabstimmung ausgegangen, welche Diskussionen gab es im Vorfeld? Welche Elemente des Abschlusses sehen die Kollegen als Erfolg, was wird kritisiert?

 

Insgesamt gibt es eine Zustimmung von 65 Prozent. Bei den Fahrern, die vollständig den Streikaufruf befolgt haben und die sich bei der ersten Urabstimmung mit 93 Prozent für einen unbefristeten Erzwingungsstreik ausgesprochen haben, lag die Zustimmung bei geschätzten 25 Prozent. Bei den Angestellten stimmten die allermeisten dem Tarifergebnis zu. Positiv wird gewertet, dass die Arbeitszeit tatsächlich bei vollem Lohnausgleich verkürzt wurde. Das ist ein eindeutig ein Erfolg und ein Zugeständnis, wie auch die Nahverkehrszulage für alle. Es gibt auch eine Reihe einzelner Erhöhungen von Zulagen, insbesondere für das Fahrpersonal. Gleichzeitig wird kritisiert, insbesondere von den Fahrern, dass nicht unbefristet gestreikt wurde. Konkret, dass die finanziellen Erfolge erst ab Juni, Juli gelten, also nicht rückwirkend. Und dass die Arbeitszeitverkürzung erst ab 2025 in Teilschritten bis 2027 kommt.

 

Wie kommt es, dass die Fahrer am meisten von dem Tarifabschluss profitieren und trotzdem die schärfste Kritik daran haben?

 

Ja das stimmt. Durch die Zulagen für verschiedene geteilte Dienste, Schicht und anderes bekommt das Fahrpersonal sage ich mal im Schnitt 300 Euro mehr. Ihre Kritik daran, dass nicht unbefristet zur vollen Durchsetzung unsere Forderung gestreikt wurde, ist meines Erachtens eine Folge der Auseinandersetzungen im Streik. Dabei haben wir die große Angst der kommunalen Arbeitgeberverbände vor der Verschärfung des Kampfes erlebt. Weil wir gemeinsam gekämpft haben, wollen wir uns hinterher nicht mit Brosamen abspeisen lassen.

 

Worin siehst Du den Erfolg Eures Tarifkampfes und welche Schlussfolgerungen ziehen die Streikaktivisten für zukünftige Auseinandersetzungen?

 

Also ich finde, der Erfolg beruht erstens darauf, dass tatsächlich wirkungsvoll gestreikt wurde und zweitens, dass es eine Politisierung und klare Ablehnung gab, gegen den Sparkurs und gegen die Abwälzung der Krisenlasten der Regierungen und auf die Beschäftigten und die Bevölkerung. Und da war wichtig, dieses Bündnis mit der Umweltbewegung. Das war allerdings auch heftig umstritten; aber dieser Schulterschluss hat uns genutzt und das müssen wir unbedingt fortsetzen, gegen die Wirkung der Angriffe darauf von rechts. Wir müssen also noch bewusster politisch den Kampf führen, gegen die Meinung, Politik gehöre nicht in den Betrieb. Und das Zweite ist, die selbstständigen Aktivitäten und das Engagement in der Gewerkschaft zu erhöhen, statt darauf zu warten oder zu reagieren, was die Führung möchte.