Klassenzusammenarbeit offen gescheitert

Klassenzusammenarbeit offen gescheitert

Stahlarbeiter buhen Lopez aus

Gestern hatten die IG Metall und der Konzernbetriebsrat zu einem konzernweiten Aktionstag nach Essen vor der Konzernzentrale von Thyssenkrupp aufgerufen. Konkreter Anlass war die Aufsichtsratssitzung des Konzern am Nachmittag, wo über die weitere Zerlegung des Konzerns, den Einstieg des tschechischen Milliardärs Kretinsky mit 20 Prozent bei Stahl und die Vernichtung tausender Arbeitsplätze diskutiert und entschieden wurde.

Von gp
Stahlarbeiter buhen Lopez aus
Kämpferische Kolleginnen und Kollegen gegen Lopez und Standortspaltung (rf-foto)

Im Unterschied zum letzten Aktionstag waren dieses Mal Belegschaften aus dem ganzen Konzern vertreten, nicht nur aus dem Stahlbereich. Es nahmen ca. 5000 Kolleginnen und Kollegen teil. Die offiziellen Redner der IG Metall, BR-Vorsitzende und Arbeitsminister Laumann jammerten nur ständig darüber, dass sie nicht genug einbezogen gewesen seien in die Beschlussfassung. Ja in was wollten sie denn "einbezogen werden"? Mitbestimmen, wie die Arbeitsplätze vernichtet werden? Ein totaler Affront ist es, dass Siegfried Russwurm als Aufsichtsratsvorsitzender den Verkauf durchgedrückt hat. Keiner der offiziellen Redner verlor ein Wort über den notwendigen Kampf zur Verteidigung aller Arbeits- und Ausbildungsplätze.

 

Die Kolleginnen und Kollegen waren aber gekommen, um zu erfahren, wie es mit ihren Arbeitsplätzen weitergeht. Seit der Ankündigung des Kahlschlagprogramms des TK-Vorstandes zur Schließung ganzer Abteilungen und Werke und der damit verbundenen Vernichtung von über 10 000 Arbeitsplätzen diskutieren die Kolleginnen und Kollegen in den verschiedenen Stahlbetrieben, wie diese Vorstandspläne zu Fall gebracht werden können. Es findet aber auch noch ein Verarbeitungsprozess statt, dass der Erhalt der Arbeitsplätze das Gegenteil davon ist, lediglich einem "Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen" zuzustimmen. Damit würde doch die Arbeitsplatzvernichtung akzeptiert!

 

Dabei wird vermehrt der Vorschlag der Kollegenzeitung „Stahlkocher“, an dem Genossen der MLPD mitarbeiten, diskutiert, einen gemeinsamen selbständigen Streik vorzubereiten, bis die Vorstandspläne vom Tisch sind. Eine ganze Reihe von Kollegen verpflichteten sich auf der Kundgebung, an der Vorbereitung mitzuarbeiten.

 

Auf zahlreichen Transparenten und Schildern brachten die Kolleginnen und Kollegen ihre Wut und eine kämpferische Stimmung zum Ausdruck: "Nur gemeinsam stark" mit einer Autobahn mit allen Standorten (siehe Foto); "Die roten Linien sind längst überschritten"; "Selbständiger Streik gegen Arbeitsplatzvernichtung und Schutz der Umwelt"
"Ein Abstieg reicht! Kampf um jeden Arbeitsplatz! Selbständiger Streik!" ((in Anspielung auf den Abstieg von MSV Duisburg); "Stoppt Lopez";  Ein großer Kranz mit Schleife "Tod der Mitbestimmung".

 

Lebhaft wurde diskutiert: "Ist doch schon beschlossen, was wollen wir da noch machen!" Der Vorstand setzt auf Zermürbung, wir sollen abwarten. "Streik wär schon richtig, das müsste aber von der Gewerkschaft kommen!" Diskussion über das Streikrecht und dass die Gewerkschaftsführung nicht kann, aber auch nicht will. "Ja, jetzt müsste richtig gestreikt werden, aber ob alle mitmachen? Riskieren wir damit nicht unsere Kündigung?" Vertrauen in die Kollegen, Überzeugungsarbeit, wollen sie alle rausschmeißen? "Aber die Werke in Rheinhausen und Bochum wurden doch geschlossen, was hat der Streik gebracht?" Die Stilllegung wurde hinausgezogen, das wichtigste sind die positiven Erfahrungen, die in die Arbeiterbewegug eingehen. Azubis: "Wir sind hier, weil es um unsere Zukunft geht!"

 

Dass die Arbeiter den Weg der Arbeiteroffensive beschreiten gehen können, erschreckt u.a. die bürgerlichen Medien. So sieht die WAZ vom 22.5. den „sozialen Frieden“ gefährdet und malt ein neues Rheinhausen an die Wand. Dass der CDU-Minister Laumann den Klassenkampf fürchtet, ist gut zu verstehen. Doch der Klassenkampf zwischen Arbeiterklasse und den Monopolen entwickelt sich unabhängig von dem Minister. Und was den „sozialen Frieden“ betrifft, den gibt es im Kapitalismus nicht. Er ist nichts anderes als eine Umschreibung, dass sich Arbeiter kampflos den Forderungen der Monopole unterwerfen mögen. Die bürgerlichen Politiker, den Thyssenkrupp-Vorstand und bürgerliche Medien treibt die Angst vor dem Übergang zur Arbeiteroffensive auf breiter Front um. Denn der Streik der Rheinhauser Stahlarbeiter 1988 war ein Zeichen des Übergangs in die Arbeiteroffensive. Er hat gezeigt, wie Arbeiter zusammen mit den breiten Massen erfolgreich kämpfen können. Die MLPD hat sich dabei als verlässlicher Partner der Arbeiter gezeigt und einen führenden Einfluss gehabt.

 

Das Auftreten des  Vorstandsvorsitzenden von Thyysenkrupp Miguel Lopez hat die kämpferische Stimmung der Teilnehmer belebt. Begrüßt mit lauten Pfiffen, Rufen wie „Lügner“ und „Lopez raus“ und immer wieder unterbrochen durch wütende Zwischenrufe konnte Lopez seine Rede nur mit Unterstützung des Moderators der IG Metall zu Ende führen. Seine Botschaft war klar: Es gibt keine Alternative zur Schließung ganzer Werke, Abteilungen und der damit verbundene Vernichtung von bis zu über 10 000 Arbeitsplätzen im Stahlbereich.

 

Um das Klassenbewusstsein zu zersetzen und die Arbeiter vom Kampf abzuhalten, wird von der Landesregierung und der rechten Gewerkschaftsführung versucht, mit immer neuen Varianten, die ramponierte Politik der Klassenzusammenarbeit aufzupolieren.

 

  • So fordern die Reformisten, dass die Landesregierung einen Sitz im Aufsichtsrat auf Unternehmerseite bekommen soll, um das doppelte Stimmrecht des AR-Vorsitzenden auszugleichen. Als ob die CDU-Grüne Landesregierung auf Seiten der Stahlarbeiter stehe. So hat die Grünen-Politikerin Yazgülü Zeybek die Plane des Vorstands zwar als „herben Schlag“ für die Belegschaft bezeichnet, nennt als Ziel aber, das „Unternehmen zukunftssicher zu machen.“ Also genau das, was Lopez verspricht.
  • Dann fordert die IG Metall-Führung den Verkauf an einen „best-owner“. Als ob nicht jeder Investor, der sich bei Thyssenkrupp Stahl einkauft, darauf aus ist, auf Kosten der Belegschaften seinen Profit zu erhöhen! Außerdem ist der tschechische Investor Kretinsky ein ultrareaktionärer Milliardär, der u. a. mit dem Verkauf von Braunkohle Profite scheffelt. Und den will Lopez ausgerechnet als „Energiepartner“ zum umweltfreundlichen Umbau der Stahlindustrie gewinnen.
  • Außerdem fordert die Gewerkschaftsführung ein Investionskonzept für die Stahlindustrie, das die Zukunft der Arbeitsplätze sichern soll. Den Kolleginnen und Kollegen wurden schon x Zukunftskonzepte präsentiert, manche waren schon überholt, bevor sie überhaupt umgesetzt wurden. Sie hatten aber alle eines gemeinsam: die Vernichtung Tausender Arbeitsplätze, das einzige was sicher war, waren der Profit für den Konzern.
  • Den Vogel schloss der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates, Tekin Nassikol, ab. Er forderte doch tatsächlich einen Investor, der „gemeinsam mit der Belegschaft und nicht an der Belegschaft verdient.“ Ist er so naiv, wie er hier tut? Damit leugnet er, dass der Kapitalismus grundsätzlich auf der Ausbeutung der Lohnarbeit beruht, sich jeder Kapitalist einen Teil der von den Arbeitern geschaffenen Werten unentgeltlich aneignet!

 

Kämpferische Kollegen, Freunde des Stahlkocher und Genossinnen und Genossen der MLPD trugen dazu bei, dass der Gedanke gestärkt wurde: Nur der Weg eines selbständigen Streiks in allen Stahlbetrieben ist erfolgversprechend! Das wird unterstrichen dadurch, dass die Aufsichtsratssitzung nach den den Protesten ungeniert die geplanten  Beschlüsse fasste und sich dabei offen über die angebliche "Mitbestimmung" hinwegsetzte.

 

Diese Richtung wurde auch von vielen Redebeiträgen von Stahlarbeitern am offenen Mikrofon unterstützt. Ehemalige Kollegen aus Rheinhausen, HSP und  Opel Bochum berichteten von ihren erfolgreichen selbständigen Streiks, was interessiert aufgenommen wurde. Auch die Erfahrungen des großen Bergarbeiterstreiks 1997 wurden eingebracht. Verteiler der Kollegenzeitung Stahlkocher und die Genossinnen und Genossen der MLPD diskutierten zahlreich mit den Kolleginnen und Kollegen. Überhaupt war die MLPD die einzige Partei, die mit Transparenten und Fahnen offensiv vertreten war. In den Gesprächen ging es nicht nur um die Frage eines selbständigen Streiks, sondern viele gab es zum Sozialismus, was darunter zu verstehen ist. Auch über die begonnene globale Umweltkatastrophe und die Verantwortung der Arbeiterklasse im Kampf dagegen wurde diskutiert. Auch über die MLPD, ihre Ziele und Arbeit interessierte die Kolleginnen und Kollegen.

 

Jetzt gilt es in den Belegschaften Bewusstheit über die zwei Richtungen des Wegs der Stahlarbeiter zu schaffen, eine Meinungsführerschaft über die Notwendigkeit eines selbständigen Streiks zu erringen und alles gründlich vorzubereiten.